Norderstedt. Durchschnittlich 100-mal am Tag rufen Bürgerinnen und Bürger an, weil sie etwas zum Thema Corona wissen wollen
In dieser merkwürdigen Zeit, in der wir ständig mit Veränderungen zurechtkommen müssen und nichts ist, wie gewohnt, sehnen sich viele Menschen nach einem offenen Ohr. Sie wünschen sich jemanden, der ihnen zuhört. Ihre Sorgen ernst nimmt. Und die vielen Fragen, die sie wegen Corona umtreiben, beantwortet. Das hilft. Tröstet. Und gibt Sicherheit zurück. Ronny Zeller weiß das nur zu gut. „Wenn ich die Zeit habe, höre ich den Leuten einfach mal fünf bis zehn Minuten nur zu. Die meisten sind sehr dankbar dafür.“
Zeller arbeitet im Fachbereich Personal im Norderstedter Rathaus. Seit gut einem Jahr ist er aber auch als eine Art Seelsorger tätig: Der 31-Jährige betreut hauptverantwortlich das Bürgertelefon der Stadt, das zu Beginn der Pandemie eingeführt wurde, um all die offenen Fragen der Norderstedterinnen und Norderstedter rund um das Thema Corona zu beantworten. Was zunächst als temporäres Hilfsangebot gedacht war, hat sich zur Dauereinrichtung entwickelt.
Durchschnittlich 100-mal am Tag klingelt das Bürgertelefon im Rathaus. „Besonders viele Menschen rufen an, wenn neue Corona-Maßnahmen beschlossen werden“, berichtet Ronny Zeller. So wie nahezu jede Woche. Die sich ständig ändernden Verordnungen lassen Bürgerinnen und Bürger oft ratlos zurück. Manche haben den Überblick verloren und sind unsicher, welche Regeln nun gelten. „In der Hochphase des ersten Lockdowns hatten wir bis zu 360 Anrufe täglich“, erinnert sich Zeller.
Mehr als 10.500-mal wurde die Nummer gegen Corona-Kummer seit März 2020 gewählt. Zunächst bestand das Bürgertelefon-Team nur aus fünf Rathausmitarbeitern. Mittlerweile wechseln sich rund 60 Kollegen aus den verschiedensten Bereichen – vom Schulsozialarbeiter bis zur Buchhalterin – mit dem Telefondienst ab. Neben ihrer normalen Arbeit nehmen sie Anrufe entgegen. „Ein Kernteam gibt es nicht mehr, weil wir die Last verteilen wollen“, erklärt Zeller. In einigen Fällen ist richtige Recherchearbeit erforderlich, weil die Fragen zum Teil sehr speziell sind. „Dann informieren wir uns und rufen den Bürger oder die Bürgerin zurück.“
Vergabe der Impftermine ist ein großes Thema
Das Bürgertelefon fungiert als Ratgeber und Seelsorger – manchmal aber auch als Blitzableiter. „Einige Menschen machen ihrem Unmut Luft. Aber das kommt selten vor, die meisten sind sehr freundlich“, sagt Zeller. Die Menschen, die das Hilfsangebot nutzen, sind so unterschiedlich wie ihre Anliegen. Ein Querschnitt der Gesellschaft. „Ein großes Thema sind nach wie vor die Impftermine“, berichtet Zeller. Immer noch wüssten viele nicht, dass die Stadt Norderstedt nicht für die Vergabe der Termine im Impfzentrum in der „TriBühne“ zuständig ist, weil sie über das Land koordiniert wird.
Aber auch Menschen mit Erkältungssymptomen suchen beim Bürgertelefon nach Rat und fragen, wie sie sich nun verhalten sollen. „Es ist auch schon vorgekommen, dass Bürgerinnen und Bürger wissen wollten, was passiert, wenn sie sich nicht an die Quarantänepflicht halten. Dann weise ich sie darauf hin, dass es sich um eine Ordnungswidrigkeit handelt und mit einem Bußgeld bestraft wird.“
Ronny Zeller ist bereits krisenerprobt. Für die Bundeswehr war er bis zur Schließung der Rantzau-Kaserne Ende 2015 in Boostedt stationiert. Beim Hochwasser-Einsatz 2013 an der Elbe hat der Norderstedter das Lagezentrum geleitet. Zeller hilft gern, wenn er kann. „Als Unterstützung für das Bürgertelefon gesucht wurde, habe ich mich spontan gemeldet.“
Norderstedt unterstützt Corona-Hotline des Kreises
Nach dem Auftakt im vorigen Jahr hatten viele andere Kommunen in Norderstedt angefragt, wie das Bürgertelefon funktioniert, wie die Stadt dieses zusätzliche Hilfsangebot organisiert. Seit Mitte Januar wird auch ein Teil der Anrufe, die die Corona-Hotline des Kreises Segeberg erreichen, vom Norderstedter Bürgertelefon abgearbeitet. Die Stadt hatte von sich aus dem Kreis Unterstützung angeboten.