Norderstedt. Gastronomie im Kreis darf von Montag an im Innenbereich wieder Gäste bedienen – wenn diese einen Test vorlegen können oder geimpft sind.

Im italienischen Restaurant Farinelli in Norderstedt sieht alles noch so aus wie vor dem zweiten Lockdown im November. Die Tische stehen mit ausreichend Abstand zueinander, Plexiglasscheiben trennen sie voneinander. Der Familienbetrieb ist bereit, nach sechseinhalb langen und zehrenden Monaten endlich wieder Gäste in seinem Restaurant zu bewirten.

Ab Montag, 17. Mai, dürfen die Gastronomien im Kreis Segeberg auch ihre Innenbereiche wieder öffnen – seit Ende April durften lediglich die Außenflächen genutzt werden. Doch nicht alle Restaurants und Cafés verfügen über Terrassen. Auch das Farinelli musste sich weiterhin mit Außer-Haus-Verkauf über Wasser halten, während andere Wirte zumindest ihre Außengastronomie wieder beleben konnten.

Ein Gefühl von Neid spürt Maurizio Lestingi deswegen nicht. Der Geschäftsführer, der das Farinelli gemeinsam mit seinem Bruder Fabio leitet, ist froh, seinen Laden nach der langen Zwangspause wieder mit Leben füllen zu dürfen. „Wir machen unser Ding. Wir haben in den letzten Monaten alles versucht, um uns durchzukämpfen, haben das Essen mit dem Fahrrad, dem Roller und sogar zu Fuß ausgeliefert.“ Gelohnt hat sich das Geschäft zwar nicht, aber es hat das Restaurant am Leben gehalten. „Nun ist es wichtig, Schritte vorwärts zu gehen“, sagt Maurizio Lestingi.

Seit über einem Jahr kämpft der Gastwirt darum, den Hinterhof des Farinelli als Außengastronomie betreiben zu dürfen. Auf die endgültige Genehmigung der Stadt wartet er noch immer. Bis dahin kann er nicht anfangen, die dringend benötigte Terrasse auszubauen, um zusätzliche Besucher zu bewirten. Die Corona-Maßnahmen beschränken weiterhin die Anzahl der Gäste. Durch die einzuhaltenden Abstände finden weniger Menschen im Raum Platz. Das bedeutet weniger Einnahmen für die Restaurantbesitzer. Bei der Öffnung ihrer Innenbereiche müssen sich die Gaststätten nun an weitere strenge Vorgaben halten.

Gäste, die innerhalb geschlossener Räume in Gaststätten essen und trinken möchten, müssen grundsätzlich einen Nachweis über einen negativen Corona-Test vorlegen. Antigentests können als Selbsttests auch vor Ort unter Aufsicht des Restaurantpersonals gemacht werden. Selbsttests, die zu Hause durchgeführt wurden, sind unzulässig. Das Testergebnis darf maximal 24 Stunden alt sein. Keinen Test brauchen Kinder unter sechs Jahre sowie vollständig Geimpfte (ein Abstand von mindestens 14 Tagen nach der zweiten Impfung ist erforderlich) und Genesene. Sie müssen jeweils einen Nachweis ihrer Impfung beziehungsweise Genesung vorzeigen.

Maurizio Lestingi glaubt nicht, dass sich die Menschen von den Maßnahmen abschrecken lassen werden. Sie werden sich trotzdem in die Restaurants setzen. „Wer essen gehen möchte, wird es machen. Es ist eine weitere Möglichkeit, um ein normales Leben zu führen.“ Das Farinelli wird die Dokumente strikt prüfen und sich an die Vorgaben halten, sagt Lestingi. Die Gastronomen hätten so lange gewartet, wieder arbeiten zu dürfen. Nun müsse man die Chance nutzen. „Wenn sich niemand an die Regeln hält, müssen wir alle wieder schließen. Das will keiner. Es wäre respektlos allen anderen Wirten gegenüber.“

Neue Maßnahmen könnten für Sicherheitsgefühl sorgen

Beim Norderstedter Griechen Yamass, nicht weit vom Farinelli entfernt, hätten schon einige Gäste für die kommende Woche Tische im Innenbereich reserviert. „Sie haben gleich bei der Reservierung vor Ort ihren Impfpass vorgezeigt“, berichtet Anita Sula. Im Yamass werden die Besucher am Eingang um ihren Nachweis gebeten und anschließend zu ihrem Tisch begleitet. Sula glaubt, dass sich das neue Prozedere schnell einspielen wird. „Vielen Gästen wird es ein sichereres Gefühl geben, nur mit Geimpften, Getesteten oder Genesenen in einem Raum zu sitzen. So müssen sie weniger Angst vor einer Ansteckung haben“, meint Sula.

„Da wir ein Büffet-Restaurant sind, ist unser Publikum jünger. Von den jungen Leuten ist aber kaum einer“, Mongolei-Chefin Shixin Wang.
„Da wir ein Büffet-Restaurant sind, ist unser Publikum jünger. Von den jungen Leuten ist aber kaum einer“, Mongolei-Chefin Shixin Wang. © Thorsten Ahlf | Thorsten Ahlf

Shixin Wang von der Mongolei steht den zusätzlichen Sicherheitsvorkehrungen skeptisch gegenüber. Sie ist der Meinung, das bisherige Hygienekonzept, mit dem sie auch vor einem Jahr öffnen durfte, hätte völlig ausgereicht. Während das Abendblatt mit der Besitzerin des China-Restaurants spricht, möchte eine junge Besucherin einen Tisch reservieren. Als sie allerdings hört, dass sie einen Test oder Impfnachweis benötigt, geht sie wieder. „Das passiert leider ständig“, sagt Wang. „Die Hürden sind zu hoch.“

Bisher seien die wenigsten doppelt geimpft – und wenn, nur die älteren Menschen. „Da wir aber ein Büffet-Restaurant sind, ist unser Publikum jünger. Von den jungen Leuten ist aber kaum einer vollständig geimpft.“ Ein spontanes Essen ist auf diese Weise nur schwer möglich. Die Restaurantchefin erwartet keinen großen Andrang. Zwar verfügt die Mongolei – genau wie das Yamass – über eine Terrasse. Für die Außenbereiche sind keine Nachweise notwendig. Aber bei dem Wetter sei es noch zu kalt zum Draußensitzen, sagt Wang.

Wie das Farinelli hatten auch andere Lokale Ende April gar nicht die Möglichkeit, ihre Terrassen zu öffnen – da eben viele nicht über derartige Flächen verfügen. „Viele Restaurants haben seit der Schließung am 2. November gar nichts gemacht. Das wird für viele Gastronomen eine Umstellung“, sagt Lutz Frank, Kreisvorsitzender des Interessenverbandes Dehoga und selbst Inhaber eines Restaurants am Ihlsee in Bad Segeberg. „Dadurch, dass wir in die Innenräume können, entzerrt es sich. Und die Kollegen, die von der geöffneten Außengastronomie noch nicht profitiert haben, werden mit einbezogen.“

Die Umsetzung der Schutzmaßnahmen sieht er als machbar an. „Wir sind vom letzten Jahr eigentlich gut trainiert, zum Beispiel beim Abstand zwischen den Tischen. Und die Kontakterfassung kann man mit der Luca-App eigentlich sehr gut machen, das hat bisher bei der Außengastronomie gut geklappt. Die Menschen haben die App auf den Smartphones, sie sind bestens aufgeklärt.“

Beamte hätten das Recht, sich Impfausweise zeigen zu lassen

Ob nun Impfnachweise, Testbescheinigungen oder ärztliche Atteste von Covid-Genesenen – all das müssen Gastronomen zwar nicht im Detail schriftlich dokumentieren, aber zumindest einmal gesehen haben beim Betreten eines Restaurants. „Wir machen von unserem Hausrecht Gebrauch“, so Frank. Heißt: Wer keine Berechtigung für den Besuch der Innenbereiche dabei hat, darf auch nicht hineingelassen werden. „Aber wir sind keine Polizei, sind kein Ordnungsamt.“ Dessen Kontrollen erwarten die Betreiber ebenso – formal hätten die Beamten auch das Recht, sich an einem Tisch die Impfausweise zeigen zu lassen.