Norderstedt. Das erst 2018 eröffnete Haus ist insolvent, weil die Gäste vom Flughafen Hamburg ausblieben. Nun ist es ein Schnäppchen für Investoren.
Andre Nadler steht an der Rezeption des Nordport Plaza. Der Hoteldirektor des Vier-Sterne-Superior-Hauses an der Niendorfer Straße hebt in diesen Tagen persönlich das Telefon ab. Schon dieser Umstand zeigt, in welcher außergewöhnlichen Lage des erste Haus am Platz ist. „Hinter mir sitzen noch zwei Mitarbeiter. Die machen um 13 Uhr Feierabend“, sagt Nadler. Dann wird es ruhig im 188-Betten-Haus. Von den 50 Mitarbeitern des Hotels sind die meisten zu 100 Prozent in Kurzarbeit. Sechs Gäste, Buchungen umliegender Unternehmen am Nordport, haben das Haus ganz für sich allein. Morgens bekommen sie von einer Köchin ein Frühstück zubereitet, in einer extra freigeräumten Ecke der Lobby. „Es ist sehr cosy“, sagt Nadler.
Zu cosy, um das Haus rentabel zu betreiben. Als höherklassiges Flughafen-Hotel in unmittelbarer Nähe zu Start- und Landebahn und Flughafen Hamburg ist man 2018 angetreten und etablierte sich schnell als Tagungs- und Übernachtungsort für Geschäftsreisende. Im Pandemiejahr 2020 wird das Geschäftsmodell zum Fluch. Kaum Flugverkehr, kaum Gäste. „Und nicht wirklich die Möglichkeit, das an unserem Standort mit anderen Gästen zu kompensieren“, sagt Nadler. Deswegen haben die Betreibergesellschaft des Hotels, die NDY sechzehnte GmbH, und die Eigentümergesellschaft des Gebäudes, die Nordport Bau GmbH, Anfang Dezember Insolvenz für das Plaza angemeldet. Norderstedts bestes Hotel ist jetzt ganz offiziell ein Corona-Opfer und teilt das Schicksal vieler Flughafen-Hotels weltweit.
Als vorläufigen Insolvenzverwalter setzte ein Gericht den Hamburger Anwalt Tjark Thies ein. Der setzt jetzt alles daran, für das Nordport Plaza einen neuen Besitzer und Betreiber zu finden. „Wir haben eine Menge potenzieller Käufer für das Hotel angeschrieben. Die Rückmeldung ist groß und es gibt jede Menge Interessenten“, sagt Thies. Er sei vorsichtig optimistisch, dass einer davon das Nordport Plaza aus der Insolvenzmasse heraus komplett mitsamt den 50 Mitarbeitern kauft und weiterbetreibt.
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Das Hotel dürfte ein Schnäppchen sein
Dass es Interessenten für das Hotel gibt, verwundert nicht weiter. Es dürfte ein Schnäppchen sein. Das für etwa 45 bis 50 Millionen Euro gebaute Haus mit seinem zehnstöckigen Hauptgebäude, einem Tagungszentrum für bis zu 400 Personen, dazu dem schicken Restaurant Blue mit seinem innovativen Food-Konzept und der spektakulären Senator Lounge & Sky Bar im obersten Stockwerk mit Panorama-Blick über Hamburg und Schleswig-Holstein, soll dem Vernehmen nach nun für etwa 30 Millionen Euro im Angebot sein. Auf dem Immobilien-Markt seien jetzt viele Krisen-Gewinnler mit gut gefüllter Kriegskasse unterwegs, die auf solche Optionen nur warten, sagt jemand, der selbst in der Branche tätig ist, aber lieber anonym bleiben möchte. "Wer auch immer das Hotel künftig besitzen wird – es wird ihm nicht schwer fallen, einen Betreiber zu finden.
Bei der Pacht kann er ihm im mutmaßlichen ebenfalls umsatzschwachen Jahr 2021 gut entgegenkommen, ehe das Geschäft mit hoher Wahrscheinlichkeit 2022 wieder anzieht. Und wenn das geschieht, kann der Eigentümer das Objekt erneut veräußern und sein Krisenengagement mit ein paar Millionen Euro Rendite versilbern."
Hoteldirektor Andre Nadler bleibt trotzdem skeptisch. „Noch haben wir nichts in der Hand. Ob in dieser Zeit wirklich jemand 30 Millionen für das Haus bezahlt, ist noch nicht klar. Dass der Insolvenzverwalter optimistisch ist – nun, er wäre der falsche Mann auf seiner Position, wenn er es nicht wäre.“ Nadler hofft, das sich ein Käufer findet, der gleichzeitig auch als Betreiber auftritt und mit dem 50-köpfigen Team durch das sicherlich schwere Jahr 2021 geht. „Wir sind ein tolles Haus, das sich in der Konkurrenz zu anderen Flughafen-Hotels in Hamburg gut behauptet hat.“ In Norderstedt profitiere man in pandemiefreien Zeiten von den Buchungen der umliegenden Firmen im Nordport. „Auch das Firmentagungsgeschäft läuft gut, wir hatten sogar in den letzten Tagen noch Tagungen im Haus“, sagt Nadler. „Und demnächst entsteht in direkter Nachbarschaft ein weiteres Bürogebäude neben den Nordport Towern, auch das wird ein potenzieller Kunde.“
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Ohne Corona hat das Nordport Plaza eine Zukunft
Ohne Corona hat das Nordport Plaza also eine Zukunft. Für den Standort Norderstedt hat es sich in den zwei Jahren seines Betriebes bereits unentbehrlich gemacht. „Das Plaza ist das beste Haus in der Stadt und für die Wirtschaft im Gewerbegebiet Nordport und in der Region sehr wichtig“, sagt Keno Kramer, Sprecher der städtischen Entwicklungsgesellschaft Norderstedt (EGNO), die den Nordport vermarktet und federführend bei der Ansiedlung des Hotels mitgewirkt hatte. „Wir selbst nutzen das Hotel als Tagungsort, wie auch viele andere Firmen.“ Die hochklassige Gastronomie und die modernen Räumlichkeiten locken aber auch viele Norderstedter für private Feiern oder den Drink nach Feierabend an. „Wir wünschen uns, dass schnell ein neuer Hotelbetreiber für das Plaza gefunden wird“, sagt Kramer.
Auch beim Plaza-Nachbarn Tesa blickt man mit Sorge über die Niendorfer Straße. „Wir bedauern es sehr dass das Nordport Plaza Insolvenz angemeldet hat“, sagt Tesa-Sprecher Gunnar von der Geest. „Seit der Bauphase gab es seitens Tesa enge und gute Kontakte zur Geschäftsführung des Hotels, das wir aufgrund der unmittelbaren Nachbarschaft gerne gebucht haben.“ Etwa um Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzuquartieren, die aus Unternehmensteilen der Tesa im Ausland vorübergehend in Norderstedt zu tun hatten oder wenn es in der Norderstedter Firmenzentrale internationale Workshops und Strategie-Meetings gab.
Beim praktischen Shuttle-Service von und zum Flughafen habe es sogar eine Kooperation zwischen Tesa und dem Hotel gegeben. „Auch für besondere Veranstaltungen haben wir exklusiv der Gastronomiebereich mit dem herrlichen Blick auf die Start- und Landebahn genutzt.“ Doch in der Pandemie habe es seit März nur noch vereinzelt Geschäftsreisen gegeben, entsprechend fiel Tesa als Kunde im Nordport Plaza aus. Von der Geest: „Wir hoffen, dass der Hotelbetrieb weitergeführt wird.“