Kreis Segeberg. Bei den Weihnachtspartys des Henstedt-Ulzburger „Joy“ feierte die Omikron-Variante des Coronavirus mit.

Etwa 820 Menschen haben Heiligabend und am ersten Weihnachtstag gemeinsam in der Diskothek „Joy“ in Henstedt-Ulzburg gefeiert – mittlerweile liegen 28 bestätigte positive PCR-Ergebnisse vor. Weitere Tests stehen aus. Obwohl an beiden Abenden das 2G+-Modell galt, war mindestens ein Besucher dabei, der trotz Impfung oder Genesung und negativem Corona-Schnelltestergebnis mit der Omikron-Variante infiziert war. Weil diese als sehr viel ansteckender gilt, hat der Infektionsschutz alle Gäste sowie das Mitarbeiterteam aufgefordert, sich umgehend in Quarantäne zu begeben.

Omikron-Ausbruch im "Joy": Disco-Betreiber Claussen befürchtet, sich auch angesteckt zu haben

Joey Claussen, Inhaber des Clubs, wartet noch auf Gewissheit, ob er sich infiziert hat. „Bisher sind die Antigen-Schnelltests bei uns im Team alle negativ. Ich fühle mich selbst aber nicht richtig fit.“ Er hat bei „First & Safe“, seinem Kooperationspartner, einen PCR-Test gemacht. Christian Leder, Betreiber des Testzentrums, hatte ihm noch einmal bestätigt, dass die gängigen Antigen-Schnelltests bei der Omikron-Variante „reaktionsschwächer“ seien. Das hatten bundesweit auch bereits Virologen angedeutet – je besser der Impfstatus, desto eher könnte eine Infektion also zunächst unbemerkt bleiben. Insofern ist es nicht einmal ungewöhnlich, dass der Gast, der die Infektionskette mutmaßlich ausgelöst hat, zweimal negativ getestet wurde.

Das „Joy“ war Wegbereiter für Wiedereröffnung der Clubs

Es ist nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass die Diskothek Schlagzeilen macht. Schließlich nahm das „Joy“ im August an einem erfolgreichen, wissenschaftlich begleiteten Modellprojekt teil, der Club war einer der Wegbereiter dafür, dass in Schleswig-Holstein überhaupt wieder gefeiert werden durfte ohne Maske und Abstand. Jetzt könnte der Club ganz andere Erkenntnisse liefern: Nämlich, wie sich ein mutmaßlicher Omikron-Ausbruch mit potenziell Hunderten Betroffenen entwickelt. Auch in Hinblick auf die Verbreitung in der Region, denn die jungen Besucher sind nicht nur aus dem Kreis Segeberg, sondern auch dem Kreis Pinneberg oder aus Hamburg.

In drei Fällen ist die Omikron-Variante erwiesen - in allen anderen wahrscheinlich

In drei der 28 positiven Fällen wurde per variantenspezifischer PCR Omikron nachgewiesen. Zum Hintergrund: Nur eine Genomsequenzierung bringt die hundertprozentige Gewissheit, um welche Variante es sich handelt. Eine solche dauert aufgrund ihrer Komplexität aber etwa 14 Tage. Aus Kapazitätsgründen sind die Labore mittlerweile dazu übergangenen, in den allermeisten Fällen nicht mehr das komplette Genom zu sequenzieren, sondern nur noch einzelne typische Merkmale im Virus zu untersuchen. Liegen bestimmte, für Omikron typische, Gendefekte vor, ist davon auszugehen, dass es sich auch um die neue Variante handelt. „Da die variantenspezifische PCR bei drei Besucherinnen und Besuchern Omikron ergeben hat, gehen wir davon aus, dass auch die übrigen Personen mit Omikron infiziert sind“, sagt Kreissprecherin Sabrina Müller.

Der Infektionsschutz hat bisher etwa 200 Rückmeldungen von Partygästen gesichtet. Im Postfach befanden sich am Donnerstagnachmittag weitere, bisher unbearbeitete Nachrichten. Von den Besuchern, die sich zurückgemeldet haben, sind aktuell etwa 50 symptomatisch. Sie haben bisher Erkältungs- und Grippesymptome wie Husten, Schnupfen, Halsweh, Gliederschmerzen und Müdigkeit. „Der Infektionsschutz wird nun zunächst alle Fälle abarbeiten, die sich aktiv bei uns melden. Wir gehen davon aus, dass heute und morgen noch weitere Meldungen hinzukommen. Da alle Personen, von denen die Kontaktdaten bekannt sind, bereits über den „Joy“-Geschäftsführer aufgefordert worden sind, sich beim Infektionsschutz zu melden, wird vonseiten des Kreises zunächst keine weitere Aufforderung verschickt“, so Müller.

In einem Video wendet sich der „Joy“-Chef an alle Gäste

Joey Claussen hatte frühzeitig auf 2G+ gesetzt, bevor dies verpflichtend wurde. Ob er allerdings noch geöffnet hätte unter den neuen Bedingungen inklusive Maskenpflicht beim Tanzen, war noch in der Diskussion. Jetzt ist es hinfällig. „Quarantäne ist Quarantäne. Das Wichtigste ist, dass alle zu Hause bleiben. Wir haben von unseren Gästen viele Rückmeldungen erhalten. Jeder, der in diesem Winter feiern gegangen ist, weiß ganz genau, dass es diese 100 Prozent Sicherheit nicht geben kann. Natürlich gibt es ein paar Externe, die uns E-Mails schreiben und sagen: Ihr blöden Infektionstreiber, wie könnt ihr nur? Aber ich muss ja auch gucken, wo ich bleibe. Und wir haben alles in unserer Macht Stehende getan.“ Es war eben nicht genug, fügt er hinzu. Claussen hat sich in einem Video auf Instagram und Facebook noch einmal an alle Betroffenen gewendet und sogar entschuldigt. „Mir ist es unangenehm, dass es jetzt vorgekommen ist. Wir werben damit, dass bei uns ein sicheres Feiern möglich ist. Und es sind ja 17.000 Leute seit Ende September sicher durchgekommen.“

Der Infektionsschutz bereitet sich unterdessen auf die Silvesternacht vor. Ohne eine Party im „Joy“, dafür aber im Norderstedter „Alptraum“. Die Diskothek kündigte vor zwei Tagen bei Instagram die „wildeste Silvesterparty überhaupt“ und die „größte der Umgebung“ an. Der Einlass finde unter 2G+-Bedingungen statt. Und es muss Maskenpflicht im Club und auf der Tanzfläche gelten, so schreibt es die seit Dienstag geltende Landesverordnung vor. In den Kommentaren zum Instagram-Beitrag des Clubs fragt ein Nutzer nach, ob Masken getragen werden müssen. Ein anderer antwortet ironisch: „Was ist das für eine Frage?“ Nun, eine sehr berechtigte. Die Anfrage des Abendblatts beim „Alptraum“ dazu blieb indes bis Redaktionsschluss am Donnerstag unbeantwortet.

Über 1000 Menschen im Kreis haben nachweislich Corona

„An dieser Stelle nochmals der Appell , sich rücksichtsvoll, eigenverantwortlich und vernünftig zu verhalten und die Vorgaben einzuhalten“, sagt Sabrina Müller. Im Gesundheitsamt wird an den Feiertagen durchgearbeitet. Schon an Weihnachten befassten sich bis zu 20 Mitarbeitende mit neuen Fällen. Der Kreis meldete unterdessen 158 Neuinfektionen, derzeit sind 1047 Menschen nachweislich infiziert. Zwölf werden in einer Klinik versorgt, zwei davon intensivmedizinisch. Die Inzidenz beträgt 236,3.