Henstedt-Ulzburg. Noch ist der Traum der erfolgreichen Frauenmannschaft nicht geplatzt – das Team muss die beiden Nachholspiele des BV Garrel abwarten.
Für die Handballerinnen des SV Henstedt-Ulzburg ist eine in vielfacher Hinsicht außergewöhnliche Spielzeit zu Ende gegangen. Auch wenn es nach 22 Begegnungen, 34:10 Punkten und 618:491 Toren nicht zur Meisterschaft in der 3. Liga (Staffel A) reichen sollte, hat der SVHU die bislang erfolgreichste Saison der Vereinsgeschichte gespielt. Trainer Christian Gosch blickt auf die Höhepunkte und Tiefschläge der Serie 2021/2022 zurück und beantwortet neun Fragen.
Wie konnte es passieren, dass der SVHU am Ende so gut dasteht?
Die Henstedt-Ulzburgerinnen waren mit dem Ziel, die Abstiegsrunde (ab Tabellenplatz sieben) zu vermeiden, in die Punktrunde gestartet. Doch spätestens nach sieben Erfolgen in den ersten sieben Spielen war klar: Es geht mehr. Christian Gosch: „Die Mannschaft ist mit jedem Sieg selbstbewusster geworden und über sich hinausgewachsen. Mit Teamgeist und Willen haben wir uns in der Liga Respekt erarbeitet und immer wieder Nackenschläge weggesteckt.“
Frühzeitig verschob sich der Fokus auf die Verteidigung der Tabellenführung. Auch etliche – zum Teil schwere – Blessuren konnten den SVHU nicht bremsen. Gosch, der oft zum Improvisieren gezwungen war, musste zeitweise Kreis- und Außenspielerinnen im Rückraum aufbieten. „Ich konnte seit Oktober nicht richtig trainieren, hatte im Schnitt nur zehn Feldspielerinnen zur Verfügung.“
Dass am Ende möglicherweise nur ein einziger Punkt zur Meisterschaft fehlt, ist unter diesen Umständen fast schon tragisch. Gewinnt Verfolger BV Garrel seine beiden Nachholpartien gegen die HSG Mönkeberg/Schönkirchen und den SC Alstertal-Langenhorn, ist der Traum vom Titelgewinn geplatzt.
Welche Spielerinnen haben besonders überzeugt?
Die Saison war geprägt von Verletzungen. Kaum eine Akteurin kam unversehrt durch die Runde. Besonders die längerfristigen Ausfälle von Nele Mönnich (Kreuzbandriss), Lisa Prante (Patellasehne), Emilie Wolf (Schulter), Tarja Pauschert (Radiusfraktur) und Carina Büchel (Bänderriss) limitierten die Möglichkeiten von Christian Gosch. Auch Caroline Rodewald, Jule Meisner und Maya Grau waren angeschlagen oder hatten mit oder Corona zu kämpfen. Besonders bitter: Kreisläuferin Tara Schumacher riss sich im vorletzten Saisonspiel das Kreuzband.
Gosch: „Wir sind immer als Team aufgetreten.“ Ein Sonderlob verdienten sich Torhüterin Sophie Kohn („Ihre Entwicklung hat mich positiv überrascht“), Goalgetterin Lina Röttger (130 Treffer) und Kreisläuferin Tara Schumacher („Sie hat uns vorne und hinten den Arsch gerettet“). Mit durchschnittlich 22 Gegentreffern pro Partie stellte der SVHU zudem die stärkste Abwehr der Liga.
Was war die größte Enttäuschung der Saison?
Auch wenn die Punktrunde für den SVHU unerwartet erfolgreich verlief, bleiben die vielen Verletzung sowie die zahlreichen Spielverlegungen im Saisonendspurt negativ in Erinnerung. „Die Heimniederlage gegen den VfL Oldenburg II mit den Verletzungen von Tarja und Lisa war bitter. Auch das verlorene Spiel in Mönkeberg, als wir im Kopf nicht voll da waren, oder der Punktverlust gegen die HG Owschlag-Kropp-Tetenhusen sind rückblickend ärgerlich“, sagt Christian Gosch. Sein Team hätte oft am Limit agiert und vor allem in den letzten Wochen körperlich abgebaut.
Welche Veränderungen gibt es im Kader der Frogs-Ladies?
Der Wechsel von Jule Meisner zu Bundesligist HL Buchholz 08-Rosengarten stand bereits länger fest. Dass der SVHU mit Tara Schumacher nun auch seine beste Allrounderin ziehen lassen muss, kam derweil unerwartet. Die 22 Jahre alte Zollinspektorin geht beruflich nach München.
Neuzugänge haben die Frogs-Ladies bislang nicht zu vermelden. „Für den Rückraum suchen wir natürlich nach Verstärkungen. Auch eine Ergänzung am Kreis und im Tor ist vorstellbar. Unser Kader war diesmal etwas knapp“, erklärt Gosch.
Problematisch ist, dass dem SVHU ohne eine weibliche A-Jugend der Nachwuchs aus den eigenen Reihen fehlt. Deshalb spekuliert der Coach darauf, dass sich nach der Abstiegsrunde Möglichkeiten für Verpflichtungen ergeben. „Wir sind durch unsere guten Leistungen attraktiv für gute Spielerinnen geworden. In Henstedt-Ulzburg wird den Mädels ein für Drittligaverhältnisse professionelles Umfeld geboten.“
Macht der Trainer weiter?
Auch in der Saison 2022/2023 werden die SVHU-Handballerinnen von Christian Gosch gecoacht. Das ließ der 48-jährige nach dem letzten Saisonspiel durchblicken. Co-Trainer Sönke Marxen, Teambetreuer Stefan Schubert und Mentaltrainer Karsten Voß bleiben den Frogs-Ladies ebenfalls erhalten. Ersatz müssen die Verantwortlichen hingegen für die scheidende Physiotherapeutin Kerstin Felgentreu finden.
Wie geht es nun weiter?
„Wir treffen uns in dieser Woche ein letztes Mal zum Abschlusstraining. Dann hat das Team fünf Wochen frei“, sagt Christian Gosch. Da der SVHU die Abstiegsrunde erfolgreich vermieden und nicht für die Aufstiegsrunde gemeldet hat, ist die Saison ab sofort beendet. Auf den sportlich bedeutungslosen Ligapokal mit Teilnehmern aus allen sechs Drittligastaffeln wird verzichtet.
Wie sieht die 3. Liga in der kommenden Saison aus?
Im Zuge einer umfassenden Strukturreform will der Deutsche Handballbund die 3. Ligen der Frauen bis 2025 von derzeit 72 auf 36 Mannschaften halbieren. Schon in der kommenden Saison werden nur noch 60 Vereine in sechs Staffeln antreten.
Der erstmalig in dieser Spielzeit eingeführte und oft kritisierte Modus mit einer Hin- und Rückrunde sowie anschließenden Auf- und Abstiegsrunden bleibt bestehen, die ursprünglich angedachte Abschaffung der 3. Ligen ist allerdings vom Tisch.
Mit welchem Ziel geht der SVHU in die neue Saison?
„Wir wollen erneut die Abstiegsrunde vermeiden“, sagt Christian Gosch mit einem Lachen. Man dürfe nicht vergessen, wie schwierig es werde, die starke Leistung der gerade abgelaufenen Serie zu wiederholen. „Jetzt folgt erst mal ein halbes Jahr ohne Pflichtspiel für uns. Dann fangen wir wieder von vorne an.“
Kein Konkurrent werde den Fehler machen und sein Team unterschätzen. Auch das Niveau der 3. Liga werde weiter steigen. „Wir müssen uns deshalb vor allem handballerisch weiterentwickeln. Dafür haben wir nun die Zeit und Sicherheit, während andere Teams ab Anfang Mai um den Klassenerhalt kämpfen.“
Wo gibt es beim SV Henstedt-Ulzburg noch Luft nach oben?
„Wir haben uns eigentlich die gesamte Saison über als Inselteam im Verein bewegt“, sagt Christian Gosch. Mangels A-Jugend habe er keine Spielerinnen aus dem Nachwuchs hochziehen können, als Verletzungen den Kader ausdünnten. Mit Tina Pejic und Hannah Wulff bekamen die Frogs-Ladies immerhin zeitweise Unterstützung aus der zweiten Mannschaft. Gosch: „Unser Ziel muss es sein, junge Spielerinnen auszubilden. Das konnten wir mangels Unterbau nicht tun. Da muss der Verein ran.“