Norderstedt. Die Marktlage schlägt durch: Der Arbeitspreis für die Kilowattstunde verteuert sich um 150 Prozent.
Zum 1. April wird der Gaspreis in Norderstedt kräftig steigen. In der Grundversorgung trifft es vor allem die langjährigen Kunden. Bei einem Verbrauch von gut 17.000 Kilowattstunden pro Jahr zahlt ein Haushalt mit drei bis vier Personen beispielsweise in einem Reihenhaus künftig 1480,81 Euro mehr im Jahr. Allerdings muss der Stadtwerkeausschuss dem kräftigen Aufschlag heute noch zustimmen. Betroffen davon sind 3100 Kunden in Norderstedt.
Aber auch die Haushalte, die den günstigeren Sondertarif FairWatt nutzen, werden erheblich mehr Geld ausgeben müssen, damit es Zuhause kuschelig warm wird. „Wir sind noch in der Kalkulation. Da wir auch das Gas für diesen Tarif an den üblichen Handelsplätzen einkaufen, ist davon auszugehen, dass eine Erhöhung auch hier durchschlagen wird“, sagt Oliver Weiß, Sprecher der Stadtwerke Norderstedt.
Der lokale Energieversorger betont, dass die Preise für die treuen Kunden während der Heizperiode stabil bleiben. Schon mit dem Jahreswechsel lag der Tarif für die Neukunden deutlich über dem derjenigen, die den Stadtwerke seit langem die Treue halten. Wer in die Ersatzversorgung zum Grundversorger, der die Stadtwerke für Norderstedt sind, wechseln musste, weil der Gaslieferant gekündigt hat, war mit 12,07 Cent pro Kilowattstunde dabei. Altkunden mit einem langjährigen Liefervertrag zahlen bis Ende März weiterhin 5,75 Cent pro Kilowattstunde.
„Wir haben uns für dieses zweigleisige Vorgehen entschieden, weil wir finden, dass die Haushalte, die sich für mehr Preis- und Versorgungssicherheit und gegen den niedrigsten Preis entschieden haben, davon auch solange es geht profitieren sollen“, sagt Werkleiter Jens Seedorff. Möglich sei die „Belohnung“ für die langjährigen Kunden, weil die Stadtwerke die Energie langfristig beschaffen. Dadurch könnten kurzfristige Schwankungen im Energiehandel ausgeglichen werden, der lokale Versorger könne seiner Aufgabe der Daseinsvorsorge durch sichere und bezahlbare Tarife gerecht werden.
Mit dem kräftigen Zuschlag ab April passen die Stadtwerke ins bundesweite Bild. Überall steigt der Gaspreis stark. Die Gasspeicher sind kaum gefüllt, die anspringende Wirtschaft entwickelt extremen Energiehunger. Gas wird zum knappen Gut, das schlägt auf die Einkaufspreise durch.
„Seit 2021 kennen die Energiepreise nur eine Richtung: nach oben“, sagt Stadtwerkesprecher Weiß. Die Kosten an den Handelsplätzen seien explodiert und in der Spitze um bis zu 800 Prozent gestiegen. Die Folge: „Viele günstige Anbieter konnten zum Jahresende mit ihren Tarifen nicht mehr kostendeckend arbeiten und kündigten daraufhin einfach unvermittelt die Lieferverträge vieler Haushalte, die anschließend automatisch in der Grundversorgung landeten“, sagt Seedorff.
Aber: Wenn der Marktpreis weiter auf seinem hohen Niveau bleibt, sei auch der Vorteil „unserer ausgleichenden und langfristigen Einkaufsstrategie irgendwann aufgebraucht, und wir sind gezwungen zu reagieren, um kostendeckend zu bleiben“. Daher empfiehlt die Werkleitung dem Stadtwerkeausschuss, die Tarife für die langjährigen Bestandskunden zum 1. April an die Preise für die Neukunden anzugleichen und damit den zweigeteilten Grundversorgungstarif wieder auf ein Niveau zu bringen.
Auch Eon hat die Preise erhöht
Das bedeutet: Der jährliche Grundpreis steigt um 9,91 Euro auf 130,83 Euro, der Arbeitspreis um 8,65 Cent auf 14,40 Cent pro Kilowattstunde – eine Erhöhung um gut 150 Prozent. Teurer wird es auch für die rund 400 Neukunden, die seit Jahresbeginn hinzugekommen sind. Auch sie müssen bei gleichem Grundpreis wie die Bestandskunden von April an 14,40 Cent brutto für die Kilowattstunde zahlen. Das sind 2,33 Cent mehr als bisher, im Jahr summiert sich die Mehrbelastung auf 396,10 Euro.
Auch Eon hat die Preise erhöht. Das Energieunternehmen übernimmt einen Teil der Grundversorgung in Henstedt-Ulzburg. „Für die Kunden bedeutet das bei einem Jahresverbrauch von 18.000 kWh rund 26 Euro netto Mehrkosten pro Monat“, sagt Eon-Sprecher Arne Schleef. Eine weitere Anpassung – die Anbieter sprechen von Anpassung, meinen aber meist Erhöhung – in der Grundversorgung sei aktuell nicht geplant. Wie sich die Energiepreise weiter entwickeln, lasse sich angesichts der aktuellen Marktsituation nicht vorhersagen.
Die Stadtwerke Kaltenkirchen haben die Preise in der Grundversorgung schon zu Jahresbeginn angehoben, deutlich moderater als die Stadtwerke Norderstedt. Wer mehr als 2600 Kilowattstunden im Jahr verbraucht, und das dürfte für die meisten zutreffen, zahlt jetzt 11,52 Cent brutto für die Kilowattstunde, 4,52 Cent mehr als Ende 2021. Der Grundpreis von 157,08 Euro pro Jahr ist geblieben. Für das oben genannte Rechenbeispiel, einen Verbrauch von 17.000 Kilowattstunden, bedeutet das Mehrausgaben von jährlich 768 Euro. „Damit liegen wir in Kaltenkirchen unter den Top Ten der Anbieter“, sagt Stadtwerke-Chef Olaf Nimz.
In Bad Bramstedt gelten noch die alten Preise. „Wir werden Ende Februar wieder Gas einkaufen und dann sehen, wie das auf die Tarife durchschlägt. Wir gehen aber davon aus, dass auch wir dann deutlich mehr verlangen müssen“, sagt Sprecherin Vera Kelsch.
Stadtwerkeausschuss, Mi, 9.2., 18.15, digitale Sitzung, Übertragung für die Bürgerschaft im Plenarsaal des Rathauses.