Bad Segeberg. Darsteller der Karl-May-Spiele haben starke finanzielle Einbußen. Kurzarbeitergeld wird nicht gezahlt. Ein Blick hinter die Kulissen.

Die Karl-May-Spiele finden – wie am Mittwoch berichtet – in diesem Jahr nicht statt, viele Fans und Schleswig-Holstein-Urlauber ärgern sich, weil sie auf das Spektakel am Kalkberg verzichten müssen. Was aber ist mit den Schauspielern, die nun schon zum zweiten Mal auf ihre Gagen verzichten müssen, denen mit der Absage fest einkalkulierte Einnahmen wegbrechen?

„Das trifft mich außerordentlich“, sagt der Hamburger Schauspieler Joshy Peters, der seit gut drei Jahrzehnten zu den populärsten Darstellern am Segeberger Kalkberg gehört. Schon im vergangenen Jahr musste die Darsteller-Crew schmerzhaft erfahren, was es bedeutet, wenn die Gagen ausbleiben. 2020 allerdings bekamen alle Mitwirkenden vor und hinter den Kulissen die Chance, von Mai bis September Kurzarbeitergeld zu beziehen.

Das war damals möglich, obwohl diese Ausfallgeld-Regelung nicht für Saisonverträge gilt. Die Agentur für Arbeit hatte der Sonderregelung im Einvernehmen mit der Landesregierung zugestimmt, weil die Situation für alle überraschend gekommen war. In diesem Jahr funktioniert das nicht. Kurzarbeitergeld wird der Kalkberg GmbH als Veranstalter der Karl-May-Spiele nicht erstattet. Von dieser Regelung sind zumindest alle Bühnen in Schleswig-Holstein und vermutlich in ganz Deutschland betroffen.

Absage der Karl-May-Spiele kam an Ostern

Die Entscheidung, in diesem Jahr keine Karl-May-Spiele zu veranstalten, lag schon lange in der Luft. Endgültig entschieden aber wurde an den Osterfeiertagen. Geschäftsführerin Ute Thienel informierte sofort alle engagierten Mitwirkenden. Neben den Schauspielern gehören dazu auch die Kräfte hinter der Bühne.

Die wichtigsten Corona-Themen im Überblick

Für Joshy Peters und seine Kollegen war es also alles andere als ein gemütliches Osterfest. Der 63 Jahre alte Schauspieler nimmt es äußerlich gelassen hin: „Alles andere wäre ein Wunder gewesen. Aber es ist schon sehr schmerzhaft.“ Mit kurzen Unterbrechungen ist Peters seit 1987 ständiger Gast bei den Karl-May-Spielen. Er ist ein Publikumsliebling und eine Konstante im Ensemble: Der an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Hamburg ausgebildete Schauspieler kann für alle Rollen eingesetzt werden. Vom reitenden Indianer bis zu Old Shatterhand hat er bereits alles gespielt. Eine Saison am Kalkberg ohne den Hamburger wäre praktisch undenkbar.

Für ihn und seine Kollegen ist die Situation nicht einfach, da nicht nur die eigentlich feste Einnahmequelle Bad Segeberg wegfällt, sondern auch andere Möglichkeiten coronabedingt zunehmend wegbrechen. Joshy Peters zum Beispiel ist ein begehrter Synchronsprecher, dessen markante Stimme oft zu hören ist. Aber der erwartete Seriennachschub aus den USA wird dünner: „In den Berliner Synchronstudios gibt es nur noch wenig zu tun“, sagt er. „In Hamburg geht es zurzeit noch.“

Lesen Sie auch:

Besonders bitter: Joshy Peters sollte eine der Hauptrollen in einer in Schwerin und Umgebung verankerten TV-Serie spielen, aber wegen der aktuell ungewissen Situation wurden die Dreharbeiten auf Eis gelegt. Ob sie jemals stattfinden werden, ist ungewiss. Peters zumindest weiß es nicht. Seine durchgehende Rolle als Kommissar Puttkammer in der ARD-Krimi-Hauptabendserie „Nord bei Nordwest“ ist zuletzt ausgebaut worden, ob er aber in den nächsten beiden Folgen auch dabei ist, bleibt abzuwarten. Noch hat er keine Verträge unterschrieben. Zuletzt war er in einer Folge von „SOKO Hamburg“ dabei.

13.000 Fans besuchten 2020 die Führungen am Kalkberg

Joshy Peters ist froh, dass er zu den fünf Prozent deutscher Schauspieler gehört, die von ihrem Beruf leben können – aber Sorgen macht er sich trotzdem. Der Wegfall der Segeberger Karl-May-Spiele berührt ihn auch emotional. „Mein Herz hängt einfach daran“, sagt er und denkt dabei an den Sommer 2020, als er bei einer der beliebten Führungen hinter den Kulissen plötzlich als Überraschungsgast auftauchte. Das damalige Interesse an seiner Person hat ihn für eine Weile aufgebaut. Und er hofft, dass es im kommenden Sommer etwas Ähnliches geben wird.

Alexander Klaws (rechts) wird in diesem Jahr nicht als Winnetou bei den Karl-May-Spielen auftreten können. Das Stück
Alexander Klaws (rechts) wird in diesem Jahr nicht als Winnetou bei den Karl-May-Spielen auftreten können. Das Stück "Der Ölprinz" wird auf 2022 verschoben. © picture alliance | Unbekannt

Karl-May-Sprecher Michael Stamp hofft es ebenfalls: „Wenn die Pandemie-Situation es zulässt, kann ich mir vorstellen, dass es diese Führungen hinter den Kulissen wieder geben wird.“

Im vergangenen Jahr hatten sie sich zu einem Publikumsmagneten entwickelt: Mehr als 13.000 Karl-May-Fans nahmen daran teil, viele Führungen waren schon Wochen vorher ausgebucht. Die beliebten Karl-May-Darsteller sind in diesem Sommer für Sonderveranstaltungen in Bad Segeberg eingeplant, ein Programm wird zurzeit erarbeitet. Dann wird mit Sicherheit auch Joshy Peters dabei sein.

Michael Stamp kann aber noch keine Aussagen darüber machen, ob auch die „großen Namen“ – also Alexander Klaws, Katty Karrenbauer und Sasha Hehn – dazukommen. Alle haben bereits zugesagt, dass sie 2022 am Start sind, wenn in Bad Segeberg der dritte Anlauf genommen wird, um die Produktion „Der Ölprinz“ zu verwirklichen.