Henstedt-Ulzburg. In Henstedt-Ulzburg soll ein umweltschonenderes Bohrverfahren angewandt werden. Kritiker beeindruckt das wenig.
Bei der Planung der sogenannten Ostküstenleitung im Bereich von Henstedt-Ulzburg gibt es neue Entwicklungen. Der Netzbetreiber Tennet hat seine Pläne für das Gebiet der Pinnau-Wiesen geändert – hier soll nun ein anderes, umweltschonenderes Bohrverfahren zum Zug kommen. Eingriffe in die Natur würden im Vergleich zur ehemaligen Planung stark minimiert, so das Unternehmen.
Mit der Änderung geht die Tennet einen Schritt auf ihre Kritiker zu. Der Netzbetreiber, ein Unternehmen aus den Niederlanden, hat den gesetzlichen Auftrag, eine neue 380-Kilovolt-Stromtrasse in Schleswig-Holstein zu bauen - die „Ostküstenleitung“, die vorwiegend Windstrom von der Ostsee bis nach Henstedt-Ulzburg und von dort weiter Richtung Süden transportieren soll. Die Leitung soll teils über Strommasten und teils unterirdisch verlaufen. Doch das Vorhaben, das vor dem Planfeststellungsbeschluss steht, stößt in Henstedt-Ulzburg auf vehementen Widerstand. Ein Stein des Anstoßes ist die geplante Verlegung einer Erdkabel-Leitung im Bereich der Pinnau-Wiesen, eines Biotops.
Hier soll nun nach Angaben der Tennet das „Rohrvortrieb-Verfahren“ angewendet werden und nicht mehr das „Horizontalspülbohrverfahren“. Konkret bedeutet das, dass nun zwei durchgehende, 965 Meter lange Röhren für die Kabel geplant sind, durch die je ein Stromkreis der Ostküstenleitung mit sechs Kabeln verläuft. Die Röhren beginnen westlich der Usedomer Straße und enden östlich der Pinnau-Wiesen. Bei dem bisher vorgesehenen Verfahren hätte es mehrere Zwischenschritte gegeben, mehr Bohrungen und mehr Baustellen. So sollte eigentlich – mittels „Horizontalspülverfahren“ – unter der Usedomer Straße, dem Penny-Parkplatz und der Hamburger Straße hindurch gebohrt werden, östlich der Hamburger Straße hätte es dann einen offenen Kabelgraben und eine entsprechende Baufläche gegeben. Von dort aus sollte dann unter den Pinnau-Wiesen hindurchgebohrt werden. In diesem Verfahren wären zwölf Bohrungen notwendig gewesen, heißt es in der Mitteilung der Tennet, nun seien es nur noch zwei.
Das „Rohrvortrieb-Verfahren“ sei, so die Tennet, „noch besser für eiszeitliche Böden mit Findlingsvorkommen geeignet“, Tennet reagiere damit „auch auf die Findlings-Hinweise aus dem Bürger-Dialog“. Weiter heißt es: „Gleichzeitig beeinträchtigt das Verfahren – aufgrund der Verlegetiefe – das Grundwasser und die Quelltöpfe der Pinnau nicht.“ Das sei „ein zusätzliches Plus für Natur und Umwelt“. Im übrigen Bereich der Trasse will die Tennet aber bei dem bisherigen Verfahren bleiben.
Von Henstedt-Ulzburgs Bürgermeisterin Ulrike Schmidt gab es dazu am Freitag nur eine knappe Stellungnahme. „Die neuen Planungen der Tennet haben wir mit Interesse zur Kenntnis genommen. Wir werden diese nun eingehend prüfen, mit unseren politischen Gremien beraten und gemeinsam das weitere Vorgehen festlegen.“
Deutlicher wird das Landtagsmitglied Ole-Christian Plambeck (CDU), der in Henstedt-Ulzburg lebt und ein Kritiker der Trassenpläne ist. „Die Variante ist sicherlich besser für die Pinnau-Wiesen. Aber mein Wunsch ist weiterhin, dass die Leitung nicht quer durch die Gemeinde gebaut wird.“ Wie viele Henstedt-Ulzburger spricht er sich für eine alternative Trassenführung entlang der Verlängerung der Autobahn 20 aus. Die derzeitige Trassenführung sieht auch den Bau eines Umspannwerks in Henstedt-Ulzburg im Bereich Beckershof vor. Plambeck ist dagegen, weil das Gebiet dann nicht mehr für Wohnungen oder Gewerbe zur Verfügung stünde.
Das sieht auch Stephan Holowaty (FDP) so, Landtagsmitglied aus Henstedt-Ulzburg. Den neuen Vorschlag der Tennet lehnt er ebenfalls strikt ab: „Das ist nur eine kleine, technische Änderung. Der Ort wird ja weiterhin in der Mitte durchschnitten“, weiterhin müsse ein Teil des Rantzauer Forstes „aufgebaggert werden“. Die Tennet müsse endlich einen „echten Konsens“ mit der Gemeinde anstreben, ansonsten rechnet Holowaty fest damit, dass es Klagen gegen den Planfeststellungsbeschluss geben wird. Aktuell werden die Unterlagen noch bei der Planfeststellungsbehörde in Kiel geprüft, mit einem Beschluss wird in einigen Monaten gerechnet.