Kaltenkirchen. Wie die Jungs von „Dosenfutter“ den öffentlichen Raum im Kreis Segeberg bunter und spannender machen.

Schön geht anders: Die grauen Stromverteilerkästen in den Innenstädten sind eher Weg- als Hingucker. Oder diese Trafo-Häuser, die von den Stadtwerken und Stromversorgern überall gebaut werden. Klar – ohne sie geht es nicht. Sie sind hochfunktional – aber sie fügen sich mehr schlecht als recht in das Ortsbild ein. Sie sind Fremdkörper im Stadtbild.

Sie können aber auch zu echten Hinguckern werden. Zu kleinen Kunstwerken, an denen sich die Menschen in der Nachbarschaft oder die Passanten im Vorbeilaufen erfreuen. Und wer das so will, der ruft am besten bei Dosenfutter in Hamburg an. Die sind nicht auf Hundenahrung spezialisiert, sondern auf Dosen mit buntem Inhalt, mit dem sich Graffiti in jeder Art und Form herstellen lassen.

Aus Norderstedter Trafo-Häusern werden kunterbunte Blickfänger

Der Birkenwald wurde auf diesem Trafo in Norderstedt malerisch erweitert.
Der Birkenwald wurde auf diesem Trafo in Norderstedt malerisch erweitert. © Unbekannt | Dosenfutter

Jonathan Sachau hat Dosenfutter 2013 zusammen mit Christian Thomas und Elmar Lause gegründet. Seitdem sprühen sie unermüdlich. „Im vergangenen Jahr hatten wir gut 250 Aufträge“, sagt Jonathan Sachau, der bei Bedarf auch noch weitere freischaffende Künstler einsetzen kann.

Einer der vielen Auftraggeber im Norden waren auch die Stadtwerke Norderstedt. Etliche Trafohäuser stehen verteilt im Norderstedter Stadtgebiet. Die Stadtwerke baten Dosenfutter, Hand anzulegen. Das Ergebnis überzeugt. Die ehemals unansehnliches Zweckhäuschen gehen nun teilweise durch ihr Graffiti-Design komplett in der Landschaft auf. Oder sie sorgen an Stellen, wo es vorher Grau und trist war, für Farbe und Fröhlichkeit.

In Kaltenkirchen sollten die grauen Verteilerkästen übertüncht werden

Dieser Verteilerkasten in Kaltenkirchen erinnert an die Holstentherme.
Dieser Verteilerkasten in Kaltenkirchen erinnert an die Holstentherme. © Unbekannt | Dosenfutter

Die Stadtwerke Kaltenkirchen motivierten die Dosenfutter-Künstler, die ollen Verteilerkästen im Stadtgebiet zu verzieren. Jetzt geht es in Kaltenkirchen an verschiedenen Stellen rund um den Marktplatz sehr bunt zu. „Einige der Kästen sahen wirklich nicht mehr schön aus“, sagt Torge Pfennigschmidt von den Kaltenkirchener Stadtwerken. „Sie waren bemoost und teilweise heftig abgeblättert; da musste mal dringend etwas gemacht werden.“

Dieses Trafohaus am Harthagen verschwindet geradezu in der Natur.
Dieses Trafohaus am Harthagen verschwindet geradezu in der Natur. © Unbekannt | Dosenfutter

In Kaltenkirchen waren drei Leute drei Tage lang im Einsatz, um die Verteilerkästen bunt zu gestalten. Wobei bunt nicht die richtige Beschreibung ist: Die einst hässlichen grauen Kästen sind jetzt kleine Schmuckstücke, die nach künstlerisch-ästhetischen Maßstäben gestaltet wurden. Sozusagen freihändig. „Mit Vorlagen arbeiten wir nur, wenn es um Schriftzüge geht sonst wird alles frei gestaltet“, sagt Jonathan Sachau.

In Kaltenkirchen gab es Vorgaben, aber die waren eher vage gehalten. Nur das Thema musste stimmen. So gibt es rund um den Marktplatz viel zu bestaunen: Ein offener Regalschrank mit Saunatüchern, Badelatschen und Wasserball soll die Holstentherme symbolisieren, es gibt einen Waldweg und ein Gebäude, das als Bürgerhaus samt grüner Umgebung zu erkennen ist.

Zwei bis sechs Stunden saßen die Dosenfutter-Leute an jedem Verteilerkasten. Je nach Schwierigkeitsgrad und je nach Zustand des jeweiligen Kastens. Da musste dann vorher gereinigt, geschliffen und grundiert werden. Jonathan Sachau sprüht am liebsten Naturmotive, weil es schneller geht. Bei anderen Motiven müsse mehr auf die Details geachtet werden.

Großes Wandgemälde in Bad Segeberg wird viel bestaunt und bewundert

Dosenfutter-Gründer Jonathan Sachau bei der Arbeit: Hier besprüht er einen Stromverteilerkasten in Lüneburg mit einer Stadtansicht.
Dosenfutter-Gründer Jonathan Sachau bei der Arbeit: Hier besprüht er einen Stromverteilerkasten in Lüneburg mit einer Stadtansicht. © Unbekannt | Dosenfutter

Im Kreis Segeberg sind die Graffiti-Künstler von Dosenfutter keine Unbekannten. Bereits 2014 war Jonathan Sachau in Bad Segeberg unterwegs: Auf 30 Metern Wand zwischen Kirchplatz und dem Parkplatz an der Straße Am kleinen See hat er ein Stück Stadtgeschichte in fünf Bildern gesprüht.

Zu sehen sind die Siegesburg, die mehrfach abgebrannte Lohmühle, die später in eine Synagoge umgebaut wurde, aber auch Winnetou, der ja auch ein Stück Bad Segeberg repräsentiert. Das große Wandbild am schmalen Durchgang zum Parkplatz wird noch heute viel bestaunt und bewundert. Ärgerlich nur, dass andere Graffiti-„Künstler“ dort nachträglich am Werk waren und einige Bereiche des Großbildes übersprüht haben.

„Ich besprühe alles, aber am liebsten sind mir große Flächen“, sagt Jonathan Sachau, der sich über die positive Resonanz der Kaltenkirchener Bürger freut. In Bad Segeberg konnte er sich künstlerisch so richtig austoben.

Bunte Verteilerkästen auch in Henstedt-Ulzburg

Auf die Idee, Verteilerkästen bunt zu gestalten, war übrigens vor einigen Jahren auch schon die Gemeinde Henstedt-Ulzburg gekommen. Künstler der in Potsdam sitzenden Gruppe Art-EFX hatten sich im Auftrag der Gemeinde darangemacht, Trafostationen an der Hamburger Straße, der Norderstedter Straße und der Gutenbergstraße zu bemalen. Bis heute sind sie ein Blickfang im Ort.