Schackendorf. Im Jahr 1970 erfüllten sich die Heymanns den Traum vom Restaurant. Doch nun sind die Tage des Gasthofs gezählt.
„Betreten der Baustelle verboten“, steht auf dem gelben Schild, das neben den Eingangsstufen angepflockt ist. Die glaslosen, großen Fensteröffnungen lassen sehr gut neugierige Blicke ins Innere zu. Eine Lampe mit karminrotem Schirm schaukelt im Wind. Das alles war einmal der „Immenhof“: ein Restaurant mit Saal, gutem Ruf weit über Schackendorf hinaus, mit guter Küche und gediegenem Interieur. Jetzt, zur Spargelzeit, stünde das edle Gemüse ganz klassisch mit Sauce Hollandaise, Holsteiner Schinken oder Lachs auf der Speisekarte und würde Gäste von überall her anlocken – wenn nicht Corona wäre. Und wenn hier nicht längst dicht wäre.
Ein Zettel des letzten Pächters klebt schon seit 2018 am Eingang. „Der Betrieb ist mit sofortiger Wirkung geschlossen“, ist darauf zu lesen. Das Restaurant selbst sei sicher noch gelaufen, aber andere Geschäfte hätten ihn wohl in den Konkurs getrieben, erinnert sich Verpächter Uwe Heymann an den letzten Mieter.
Heymanns Eltern Ruth und Erich waren es, die den „Immenhof“ am 6. März 1970 eröffnet hatten – damals noch mit Kegelbahn. Für sie ging damit ein Traum in Erfüllung. Gekrönt wurde der mit dem Namen des fiktiven Guts aus der Heimatfilmreihe (1955 bis 1974, siehe Info-Kasten). Geblieben ist ein heruntergekommenes Gemäuer, in dem Gastronomiegerümpel herumliegt.
Der Tresen im Eingangsbereich zum Restaurant ist ausgeräumt, Kabel sind aus den Wänden gerissen, die Küche ist leer, die Gast-Tische sind weg. Lediglich die gepolsterten Stühle und ein bisschen anderes Mobiliar stehen noch herum. Gläser in den unterschiedlichsten Größen stapeln sich hier und da.
Wie vergessen sind Teller, Tassen und Kanne eines Service mit rosa Motiv auf einem Tisch mitten im Saal abgestellt. Bis zu 150 Leute haben hier einst gefeiert, getanzt und schöne Stunden verbracht. So wie die Hochzeitsgesellschaft vom 12. Juni 1992, die mit dem Sekt „Immenhof“ begrüßt wurde, bevor Spargelcremesuppe mit Fleischklößchen und anschließend Schweinelendchen gereicht wurden. Nachzulesen auf einem Blatt Papier an der Bürowand.
Der Boden im einstigen Kaminzimmer, das mit Feuerstelle und Feldstein-Wand trotz schlechter Lüftung beliebt war, ist herausgerissen. Lediglich die Dämmung aus Glaswolle liegt überall herum – und ein altes Klavier steht wie vergessen in einer Ecke. „Das eine oder andere, wie auch die Fenster, ist für kleines Geld bei eBay verkauft oder verschenkt worden“, sagt Uwe Heymann. „Das Holz vom Dachstuhl und die Dachpfannen gehen noch weg, und bestimmt findet sich für anderes auch noch jemand.“ Der Hotelier und Bauunternehmer ist pragmatisch.
In spätestens sechs Wochen sei der alte „Immenhof“ abgerissen. „Gastronomie auf dem Land tut sich schwer. Sie stirbt aus. Und jetzt, wo Corona dazu kommt, wird man erst viel später sehen, was überhaupt noch aufmacht“, sagt Heymann. Im Gegensatz dazu seien die Immobilienpreise hoch, das Bauen boome. „Es ist also auch eine wirtschaftliche Entscheidung.“
Seit dem 12. Dezember 2020 gibt es einen rechtskräftigen Bebauungsplan, der drei Doppelhäuser möglich macht. Zwei auf dem rund 2000 Quadratmeter großen Gasthof-Grundstück, eines auf dem Parkplatz. Die vier großen Bäume, darunter auch eine herrliche Trauerweide direkt an der Einmündung zur Neukoppel, bleiben erhalten. Die Häuser bekämen wahrscheinlich zwei Ebenen mit Staffelgeschoss, womöglich teilweise mit Dachterrasse. Jede Haushälfte sei zwischen 160 und 200 Quadratmeter groß, sagt Bauherr Uwe Heymann. Ziel sei die Fertigstellung im Dezember dieses Jahres.
Manche im Dorf atmen auf: „Endlich. Ich wohne hier seit 40 Jahren. Das war schon manchmal ganz schön laut mit den Festen im Saal. Das hier ist ein Wohn- und kein Gewerbegebiet“, sagt ein Nachbar, der nicht namentlich genannt werden möchte.
Andere dagegen bedauern die Entscheidung und werden sicherlich gelegentlich wehmütig an den Gasthof vom Land denken, der, wie der Heimatfilm „Immenhof“, nicht mehr dem Zeitgeist entspricht.