Norderstedt. Radcross-Spezialist Lars Erdmann fährt in Luckenwalde zum Deutschen Meistertitel in der Masters-Altersklasse ab 60 – wie schon 2020.

Seit seiner Kindheit sitzt Lars Erdmann (RV Germania) im Sattel, aber den Spaß am Radsport hat der 61-Jährige bis heute nicht verloren. Seine Leidenschaft gehört dem Querfeldeinfahren, hier gehört der Routinier seit vielen Jahren in seiner Altersklasse zu den besten Sportlern Deutschlands und feierte auch schon internationale Erfolge.

„Radcross ist sehr komplex und vor allem kurzweilig. Während man bei Straßenrennen ein paar Stunden unterwegs ist und manchmal gar nichts passiert, sind die Radcrosswettbewerbe kurz und intensiv. Mich begeistert außerdem die Abwechslung. Man muss nicht nur fahren, sondern auch ab und zu ein paar Meter mit dem Rad unterm Arm laufen. Man benötigt Ausdauer, Schnelligkeit und Kraft, aber auch eine gute Taktik, denn jede Strecke ist anders“, so Lars Erdmann.

1974 wurde die Begeisterung für den Radsport entfacht

An seine erste Begegnung mit dem Radrennsport erinnert er sich noch genau: „Im Sommer 1974 sind mein Kumpel und ich zur Radrennbahn nach Stellingen gefahren, wo gerade ein Wettbewerb stattfand. Ich war total begeistert und wollte das auch machen. Meine Eltern waren aber nicht wirklich überzeugt, da ich ja auch noch Fußball gespielt habe“, sagt Lars Erdmann.

Der damals 14-Jährige ließ nicht locker und nahm zunächst ohne teures Rennrad an Hobbywettbewerben teil. Nachdem er diverse Jedermann-Events gewonnen hatte, überredete der damalige Vorsitzende des Radsportvereins Germania, Helmut Wulff, die Eltern dann doch dazu, ihrem Sohn die Mitgliedschaft im Verein und damit auch den Start bei Lizenzrennen zu ermöglichen.

Bis heute ist der Harksheider dem Radsport treu geblieben, allerdings ist der Trainingsaufwand nicht mehr ganz so hoch, wie er es noch vor zehn oder 20 Jahren regelmäßig war. „In Coronazeiten hätte ich zwar hier und da mehr machen können, aber irgendwie passte das dann oft nicht, und ich habe doch etwas anders unternommen“, sagt er schmunzelnd. Der Medizinprodukteberater, der in Norddeutschland für den Verkauf von künstlichen Gelenken zuständig ist, bemüht sich aber immer noch, mindestens einmal pro Woche auf das Rad zu steigen.

Nicht nur der Spaß, sondern auch der Ehrgeiz, bei Rennen ganz vorne zu landen, sind nach wie vor groß. Bei den Deutschen Meisterschaften in Luckenwalde wollte sich der 61-Jährige zum zweiten Mal nach 2020 den Titel bei den Masters 4 (ab 60 Jahre) sichern und setzte dieses Vorhaben eindrucksvoll in die Tat um, obwohl die Voraussetzungen nicht optimal waren. „Eigentlich lag mir die Strecke gar nicht so. Es war kein Hochgeschwindigkeitskurs, aber ein anspruchsvoller Parcours mit sehr vielen engen Kurven und einigen Sandhügeln, die es in sich hatten.“

Knappes Finish – nur sechs Sekunden Vorsprung

Zu absolvieren waren vier Runden mit rund 2,8 Kilometern. Als härtester Konkurrent erwies sich Stephen Lange (RRG Osnabrück), der für Lars Erdmann kein Unbekannter ist. „Wir kennen uns noch aus Bundeswehrzeiten. Wir waren beide in Warendorf bei der Sportförderguppe“, so Erdmann, der in Luckenwalde das bessere Ende für sich hatte. In der letzten Runde hängte der Routinier seinen Kontrahenten ab und fuhr nach 42 Minuten als Erster über die Ziellinie, sechs Sekunden danach folgte Lange.

In den vergangenen Jahren war Lars Erdmann nicht der Einzige in der Familie, der um Meisterehren kämpfte. Seine beiden Söhne Max (27) und Paul Lindenau (25) sind ebenfalls Topsportler – beide standen bei Radcross-Events regelmäßig auf dem Siegertreppchen. Die DM 2022 fand aber ohne die beiden Lindenau-Brüder statt. „Ich bin an der Schulter operiert worden und Paul ist beruflich in der Schweiz unterwegs. Deshalb konnten wir dieses Jahr nicht antreten“, so Max Lindenau.

Auf sich alleine gestellt war Lars Erdmann dennoch nicht. „Das Stevens Racing Team war meine Ersatzfamilie. Ich wurde gefühlt an jeder Ecke angefeuert, das war wirklich toll“, so Erdmann, den der Teamgeist und der technische Support zu Höchstleistungen trieb.

Cordula Neudörffer mit ihrem sechsten Platz unzufrieden

Höchstleistungen hätte auch Cordula Neudörffer (RSC Kattenberg) im Eliterennen der Frauen gerne erbracht, doch für sie war es der gefürchtete „gebrauchte Tag“, an dem nichts ging. Mit Platz sechs war die 50-Jährige überhaupt nicht zufrieden. „Ich habe in der gesamten Saison Top-Platzierungen erreicht und fast alle Rennen im Stevens-Cup gewonnen. Ich dachte vielleicht, dass das bei der DM so weiterläuft. Vielleicht war ich deswegen auch nicht konzentriert und fokussiert genug. Aber aus Niederlagen lernt man, ich habe eine wertvolle Erfahrung gemacht und werde nächstes Jahr wieder angreifen“, sagte die Kisdorferin.