Norderstedt. Die Jugend-Nationalspielerin ist mit erst 18 Jahren schon Leistungsträgerin in der Frauenmannschaft des Regionalliga-Tabellenführers.
Beim 5:2 im Heimspiel der Fußballfrauen des Hamburger SV in der Regionalliga Nord gegen den SV Meppen II war es wieder so weit. Es war einer dieser Tage, an denen Sophie Nachtigall sich von nichts und niemand aufhalten ließ. Innerhalb der ersten 39 Minuten traf die vor wenigen Tagen 18 Jahre alt gewordene Jugend-Nationalspielerin zweimal selbst – und bereitete drei Treffer ihrer Mannschaft vor. Dies alles trotz einer leichten Blessur an der Achillessehne. Und nicht etwa als Stürmerin oder Spielmacherin. Nein, Nachtigall lenkte das Spiel des Tabellenführers aus der Halbfeldposition im Mittelfeld, von der sogenannten Acht.
Eine erfolgreiche Fußball-Karriere zeichnet sich ab
„Sophie besitzt eine herausragende Bewegungsintelligenz“, sagt ihr Trainer Lewe Timm. Dass er dabei nicht nur das Spiel gegen Meppen II im Blick hat, wird aus seinen weiteren Worten deutlich. „Dazu kommt bei ihr eine enorme emotionale Intelligenz. Dadurch kann sie sehr schnell lernen und hat, wenn sie weiter so akribisch arbeitet, eine tolle Fußball-Karriere vor sich. Als Trainer freut man sich über jeden Tag, an dem man so eine Spielerin begleiten darf.“
Eine Spielerin, die bereits früh wusste, was sie wollte – und durch familiäre Bande bestärkt wurde. „Ich verdanke meiner großen Schwester Julie viel. Sie hat mich zum Fußball mitgenommen, als ich vier Jahre alt war“, sagt Nachtigall im Rückblick. TuS Germania Schnelsen hieß ihr Verein im Hamburger Norden, in dem sie recht schnell in der Jungenmannschaft kickte.
Schwester Julie vermittelt Nachtigall 2018 zum HSV
„Fußball bei den Jungs ist viel schneller. Die Zweikämpfe sind härter, du kannst nicht lange den Ball halten oder dribbeln. Mir hat das in Bezug auf meine körperliche Entwicklung unglaublich geholfen“, sagt Nachtigall. So richtig Fahrt nahm ihre noch junge Karriere schließlich im Jahr 2018 auf. Nachtigall wechselte im Sommer zum Hamburger SV. Wieder half ihre Schwester (damals HSV, heute SC Victoria), die den Verein auf Sophies Begabung hinwies und ein Probetraining vermittelte.
2019 wurde das Talent vom Deutschen Fußball-Bund erstmals zu einem Lehrgang eingeladen. „Am Anfang war es schwierig, mich beim DFB zu behaupten, auch weil ich sehr aufgeregt war“, erzählt Sophie Nachtigall. „Ich habe es aber geschafft, mir meinen Platz zu erarbeiten und zu zeigen, was ich kann.“
Seit der Altersklasse U 16 spielt sie für Deutschland. Ihr nächstes großes Ziel ist die U-19-Europameisterschaft in Tschechien (29. Juni bis 9. Juli), für die sich das deutsche Team in einem Elfmeterkrimi gegen Finnland qualifiziert hat. „Es ist eine riesige Ehre für mich, für Deutschland zu spielen. Bei der U-19-EM dabei zu sein, ist ein großer Traum von mir. Ich werde beim Turnier alles geben“, sagt Nachtigall.
Zwölf Treffer und etliche Torvorlagen
Zuvor will die Schülerin der Eliteschule des Fußballs am Gymnasium Heidberg (Lieblingsfächer Sport, Politik/Gesellschaft/Wirtschaft und Religion) jedoch den Aufstieg mit dem Hamburger SV in die 2. Bundesliga schaffen. Meister mit der U 17 des HSV wurde sie schon, und der Titel mit der Frauenmannschaft in der Regionalliga Nord ist ihr und ihrem Team nicht mehr zu nehmen. Zwölf Saisontore und etliche Vorlagen hat sie beigesteuert.
Doch zwei Relegationsspiele gegen den Sieger der Regionalliga Nordost (aktueller Tabellenführer: Türkiyemspor Berlin) werden schließlich über den Aufstieg in die zweithöchste deutsche Klasse entscheiden. „Ich bin sehr optimistisch, dass wir es schaffen werden. Und ich glaube, wenn wir es schaffen, werden wir uns auch in der 2. Bundesliga behaupten“, sagt Sophie Nachtigall.
„Ich kann mich noch in vielen Bereichen verbessern“
Ihrer Mannschaft will sie dabei in bewährter Manier helfen. Lauffreudig und flexibel in der Offensive einsetzbar. Sie hat das Spiel gerne vor sich und sucht tiefe Läufe, um dann vorlegen oder treffen zu können. „Ich kann mich noch in vielen Bereichen verbessern. Vor allem will ich im Kopf noch schneller werden. Wenn ich den Ball bekomme, will ich möglichst immer schon vorher wissen, was ich tun möchte“, sagt sie.
Um sich optimal zu entwickeln, nutzt sie weiterhin auch das Training mit den Jungs. Aktuell bei der U 15 des HSV. Gleichwohl erhofft sie sich mehr Anerkennung für ihren Sport. „Die Achtung vor dem Frauenfußball ist in den vergangenen Jahren gewachsen. Aber wir sind erst am Ziel, wenn die Frauen dieselbe Wertschätzung erfahren wie die Männer.“
Zusätzliches Training mit den U-15-Jungs des Vereins
Und sie fügt hinzu: „Ich möchte Profifußballerin werden, weiß aber, wie schwer das wird und möchte deshalb nach dem Abitur auf jeden Fall studieren und mir beruflich ein zweites Standbein aufbauen. Trotzdem wäre es natürlich ein Traum für mich, vom Fußball leben zu können.“
Besondere Werbung für sich kann Sophie Nachtigall möglicherweise im Sommer 2024 machen. Dann findet die Frauenfußball-Europameisterschaft in Deutschland statt. „Eine EM im eigenen Land zu spielen, wäre unglaublich cool. Ich würde mir sehr wünschen, dabei zu sein.“ Zuzutrauen ist es ihr allemal...