Norderstedt/Kiel. Bald soll ein schneller Zug die Stadt mit Neumünster und Kiel verbinden. U-Bahn-Pläne sind damit vom Tisch.

Mit neuen Konzepten will die Landesregierung den Bahnverkehr voranbringen und hat sich dabei auf wichtige Weichenstellungen für den Kreis Segeberg festgelegt. Wichtigstes Projekt für die Region wird der neue Expresszug sein, der Norderstedt auf den Trassen der AKN mit Neumünster verbinden soll. Für eine größere Attraktivität auf der Schiene sollen außerdem der zweigleisige Ausbau und die Elektrifizierung der Linie von Bad Oldesloe über Bad Segeberg nach Neumünster sorgen.

Fahrgastnachfrage im Bahnverkehr soll um 20 Prozent steigen

Die Projekte stehen neben vielen anderen im Entwurf des landesweiten Nahverkehrsplans (LNVP), der im September vom Landtag beschlossen werden soll. Derzeit werden dazu die sogenannten Träger öffentlicher Belange angehört. Dazu gehören unter anderem die für den Busverkehr im Land zuständigen Kreise und kreisfreien Städte sowie Verbände.

Die Ziele im neuen LNVP sind nach den Worten von Verkehrsminister Bernd Buchholz (FDP) und dem Geschäftsführer des Verkehrsverbundes NAH.SH, Arne Beck, ehrgeizig. So soll die Fahrgastnachfrage im Bahnverkehr bis Ende 2026 im Verhältnis zu den Zahlen vor der Corona-Pandemie wieder um 20 Prozent steigen.

Expresszug hält nur an größeren Haltestellen

 Bernd Buchholz (FDP), Schleswig-Holsteins Wirtschafts- und Verkehrsminister.
Bernd Buchholz (FDP), Schleswig-Holsteins Wirtschafts- und Verkehrsminister. © dpa | Axel Heimken

Pünktlichkeit und Verlässlichkeit sollen deutlich besser, alle Bahnstationen barrierefrei und der Nahverkehr insgesamt klimaneutral werden. „Und das möglichst mit regional in Schleswig-Holstein erzeugtem Strom aus erneuerbaren Energien“, sagte Buchholz. Damit solle die Rolle des Nahverkehrs als wichtigste Säule der Mobilitätswende gestärkt werden.

Der Expresszug ab Norderstedt soll ab 2025 fahren und wird auf der heutigen AKN-Strecke nur an den größeren Haltestellen stoppen. Dazwischen werden Züge unterwegs sein, die an jedem Bahnhof halten. Voraussetzung für das Expressangebot ist die Realisierung der S 21 von Hamburg nach Kaltenkirchen, die nach jahrelangen Verzögerungen ebenfalls 2025 startklar sein soll. Auch diese Linie steht im LNVP.

Der Express würde von Norderstedt-Mitte über Ulzburg-Süd nach Kaltenkirchen und weiter fahren. Die S-Bahn soll auf der heutigen AKN-Linie 1 von Hamburg über Quickborn und Ulzburg-Süd bis nach Kaltenkirchen unterwegs sein.

Fahrzeit verkürzt sich um 12 bis 16 Minuten

Freuen dürfen sich auch die Bahnnutzer nördlich von Kaltenkirchen. Das Angebot im Raum Bad Bramstedt und den Gemeinden südlich und nördlich davon werde laut LNVP verbessert. Damit entspricht das Land dem seit Jahrzehnten geäußerten Wunsch aus der Region, die derzeit zeitweise nur im Stundenrhythmus von der AKN angefahren wird.

 Mit dem Express kann die Fahrzeit nach Neumünster um 12 bis 16 Minuten verkürzt werden. Ab Neumünster bestehen Umsteigeverbindungen nach Kiel, Flensburg und Heide. Langfristig könnten auch Direktzüge von Norderstedt nach Kiel fahren. „Mit der Direktverbindung verkürzt sich die Fahrzeit von Norderstedt-Mitte nach Kiel um etwa 20 Minuten“, heißt es in dem Plan. Die Kosten fallen vergleichsweise moderat aus: Die Investitionen belaufen sich auf drei Millionen Euro, der jährliche Betrieb kostet 1,5 Millionen.

U-Bahn-Verlängerung ist vorerst vom Tisch

Mit diesem Vorhaben des Landes dürfte die Idee von Norderstedts Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder endgültig vom Tisch sein, die die U-Bahn-Linie über Norderstedt-Mitte hinaus in Richtung Ulzburg-Süd verlängern will. Bereits vor Monaten hatte Buchholz in einem Interview mit der Norderstedt-Ausgabe des Abendblatts wenig Sympathie für das Projekt erkennen lassen. Die Kosten lägen nach ersten Schätzungen bei 100 Millionen Euro.

Ab 2027 soll im Osten des Kreises ein weiteres wichtiges Projekt auf der Schiene beginnen. Die Strecke von Neumünster über Bad Segeberg nach Bad Oldesloe soll zweigleisig ausgebaut und mit elektrischen Oberleitungen ausgestattet werden. 200 Millionen Euro sind dafür eingeplant. Derzeit fährt auf der Strecke die Nordbahn mit Dieseltriebwagen. Bereits ab 2026 sollen die Züge zwischen Bad Segeberg und Bad Oldesloe im 30-Minuten-Takt fahren. In Bad Oldesloe bestehen Umsteigemöglichkeiten nach Lübeck und Hamburg.

Weitere Ziele: Emmissionsfreier Betrieb der AKN

Die Züge sollen nach dem Ausbau mit bis zu Tempo 140 fahren. Langfristig wird ein durchgehender Regional-Express von Kiel über Neumünster, Bad Segeberg, Bad Oldesloe und Ahrensburg nach Hamburg fahren. Langfristig will das Land außerdem in Bad Segeberg zwei neue Bahnhöfe an der Oldesloer Straße und der Hamburger Straße bauen.

Zu den weiteren Zielen des Landes gehört ein emissionsfreier Betrieb der AKN, die derzeit ebenfalls mit Dieseltriebwagen fährt. Damit sollen Treibhausgasemissionen eingespart werden. Insgesamt sollen landesweit 55 batterieelektrische Züge auf Nebenstrecken mit der dazugehörigen Ladeinfrastruktur fahren.

Buchholz räumte ein, dass sich in den kommenden Jahren nicht alle Bahnstrecken angehen ließen. Vom Bund erhält das Land jährlich etwa 300 Millionen Euro an Regionalisierungsmitteln für den öffentlichen Nahverkehr. Vor Corona waren werktags rund 150 000 Menschen mit dem Zug unterwegs.

Wissenswertes zum HVV:

  • Der Hamburger Verkehrsverbund wurde laut eigenen Angaben als erster Verkehrsverbund der Welt 1965 gegründet und nahm ein Jahr später seine Tätigkeit auf
  • Im 8616 Quadratkilometer großen Einzugsgebiet des HVV leben mehr als 3,5 Millionen Menschen
  • Neben dem Hamburger Stadtgebiet gehören die Schleswig-Holsteiner Kreise Pinneberg, Segeberg, Stormarn und Herzogtum Lauenburg sowie die niedersächsischen Landkreise Stade, Harburg und Lüneburg zum HVV
  • An jedem Werktag befördert der HVV rund 2,6 Millionen Fahrgäste
  • Das Streckennetz des HVV hat eine Gesamtlänge von fast 15.000 Kilometern
  • Insgesamt sind 10.359 Haltestellen im HVV verzeichnet – fast 10.000 davon sind Bushaltestellen
  • Fast 4500 Fahrzeuge gehören zum HVV: Mehr als 2300 Busse, rund 2100 Bahnen und 26 Fähren
  • Im HVV sind 28 Verkehrsunternehmen organisiert
  • Neben den vier U-Bahn- und sechs S-Bahn-Linien gehören die drei AKN-Linien und mehr als 700 Buslinien zum HVV
  • Dazu kommen diverse Regionalbahn-Linien verschiedener Betreiber
  • Außerdem gehören die Fährlinien der Hadag zum HVV
  • Das Tarifgebiet des HVV ist in fünf Tarifringe unterteilt, die wiederum aus 130 Tarifzonen bestehen