Norderstedt. Die Gemeinschaftsschule Harksheide hat viel mehr Anmeldungen als Plätze. 61 Kinder mussten abgelehnt werden.
Sie ist die beliebteste Schule in Norderstedt: Die Gemeinschaftsschule Harksheide hat einen Ansturm erlebt wie noch nie zuvor. Jedenfalls kann sich Schulleiter Rainer Bülck nicht an solche Zahlen erinnern. Laut städtischer Statistik hatten Eltern für das anstehende Schuljahr 130 Kinder angemeldet, Bülck spricht sogar von 140. Aber es gibt nur 79 Plätze für Fünftklässler an der Schule. Das bedeutete jede Menge Absagen.
Wäre da nicht eine vierte Klasse pro Jahrgang die Lösung? „Zum einen habe ich dafür nicht ausreichend Räume. Zum anderen würde das wahrscheinlich für eine andere Gemeinschaftsschule in Norderstedt das Aus bedeuten. Und ich habe mich immer dafür ausgesprochen, dass es in jedem der vier Stadtteile eine Gemeinschaftsschule geben sollte“, sagt Bülck – eine Auffassung, die die Kommunalpolitiker vor Jahren geteilt und sich gegen die Vierzügigkeit mit Oberstufe an der Harksheider Gemeinschaftsschule entschieden haben.
Gemeinschaftsschule Harksheide ist die beliebteste Schule Norderstedts
Transparenz sei ein Geheimnis des Erfolges in Harksheide, erklärt der Schulleiter. Bis einschließlich Klasse sieben bekommen die Schüler keine Noten: „Damit sind wir die einzigen im Kreis Segeberg und eine von elf Schulen in Schleswig-Holstein“, sagt Bülck. Statt dessen gibt es ausführliche Berichte mit differenzierten Aussagen zum persönlichen Leistungsstand und zu den jeweiligen Defiziten. „Wir knüpfen damit an Beurteilungsformen an, wie sie die Schüler aus der Grundschule kennen“, sagt Bülck.
Beurteilt werden Basiskompetenzen wie Arbeitsorganisation, Konzentration, Selbstständigkeit, die Bereitschaft, sich an Regeln zu halten und anderen zu helfen, Konflikte mit fairen Mitteln zu lösen. Wie weit die Ziele erreicht sind, lässt sich an den Symbolen leicht ablesen. Das gilt auch für Wissen und Können in Deutsch, Mathe, Englisch und Weltkunde.
Diese Art der Beurteilung mache zwar mehr Arbeit, komme aber bei den Eltern und Schülern gut an, sie hätten die Stärken und Schwächen ihrer Kinder direkt vor Augen. Ab Klasse acht sind Noten verpflichtend.
Noten gibt es in Harksheide erst ab der 8. Klasse
Ein pädagogischer Weg, von dem die Schüler profitieren: Etwa 60 Prozent, so hat das Kollegium ermittelt, schaffen nach Klasse zehn den Übergang in die gymnasiale Oberstufe, die meisten legen ihr Abitur am Berufsbildungszentrum in Norderstedt ab. Gemeinsam lernen, selbstständig, vernetzt und modern lernen – das sind die anderen Säulen, die der Gemeinschaftsschule Harksheide 2016 zur Auszeichnung „Beste Schule des Jahres“ verholfen haben.
Traditionell hat auch die Willy-Brandt-Gemeinschaftsschule mehr Anmeldungen als Plätze. 121 Kinder wollten hier in einer der vier fünften Klassen lernen, Platz ist nur für 96. Neben dem pädagogischen Programm kann die Willy-Brandt-Schule mit einer eigenen Oberstufe punkten – der einzigen an einer Norderstedter Gemeinschaftsschule und gewichtiges Argument für viele Eltern bei der Wahl der weiterführenden Schule. Weniger Anmeldungen als Plätze verzeichneten die Gemeinschaftsschulen Friedrichsgabe und Ossenmoorpark – keine Überraschung für die Schulleiter: „Das war bei uns auch in den letzten Jahren schon so“, sagt Anke Schermer von der Gemeinschaftsschule Friedrichsgabe. Entsprechend dem Zweit- und Drittwunsch wurden die Schüler, die an den Gemeinschaftsschulen Harksheide und Willy Brandt abgelehnt werden mussten, auf die beiden anderen Gemeinschaftsschulen verteilt.
Corona kann die Zahlen noch durcheinanderwirbeln
„Die Ossenmoorparkschule macht wirklich sehr gute Arbeit. Da würde ich mir wünschen, dass sich das auch in den Anmeldezahlen widerspiegelt“, sagt Segebergs Schulrätin Meike Harder. Bei der Schule im Schulzentrum Süd gingen in der ersten Anmelderunde nur 31 Aufnahmewünsche ein. Hier werden 60 Jungen und Mädchen in die fünfte Klasse gehen, in Friedrichsgabe 79. Bei den vier Norderstedter Gymnasien gibt es wenige Unterschiede zwischen Anmelde- und Aufnahmezahlen.
Am Coppernicus-Gymnasium werden 105 Kinder in ihre weitere Schulkarriere starten, am Gymnasium Harksheide 138, am Lise-Meitner-Gymnasium 94 und am Lessing-Gymnasium 84. Insgesamt wechseln in Norderstedt 735 Schüler von der Grund- auf eine weiterführende Schule, 50 mehr als im Vorjahr. Da dürften sich Zuzüge und steigende Geburtenzahlen auswirken. Schon 2018 hatte Sozialdezernentin Anette Reinders gesagt, dass jeder Jahrgang 100 Kinder mehr haben wird als von den Statistikern vorhergesagt.
Schulrätin Harder warnt davor, die Anmeldezahlen als feste Größe zu betrachten, sie könnten am Schuljahresende noch kräftig durcheinandergewirbelt werden, denn: Wegen der Corona-Pandemie können Eltern beantragen, dass ihr Kind ein Schuljahr freiwillig wiederholt. Dieses Schuljahr wird nicht auf die Gesamtschulzeit angerechnet. Das Land hat dieses Besonderheit per Erlass geregelt. „Das freiwillige Wiederholen ist ein Angebot, um Lernrückstände aufholen zu können“, sagt Beate Hinse, Sprecherin des Bildungsministeriums. Diese Sonderregelung erschwert den Pädagogen das Planen: „ich weiß ja erst kurz vor den Sommerferien, wie viele Schüler zum neuen Schuljahr in den Klassen sein werden“, sagt Rainer Bülck. Da könne es passieren, dass in einer sechsten Klasse plötzlich 35 Schüler sind, in einer sechsten aber nur noch 17.