Norderstedt. Moderat hoben die Stadtwerke Norderstedt die Strompreise im Januar an. Doch im Juli oder August kommt es nun deutlich dicker.
Erst zu Jahresbeginn mussten die Norderstedter mehr Geld für Strom bezahlen. Jetzt steht die nächste Erhöhung an: Die Stadtwerke wollen die Tarife zum 1. Juli oder 1. August anheben. In jedem Fall werde der Arbeitspreis für die Grundversorgung um 3,98 Cent brutto pro Kilowattstunde angehoben, teilen die Stadtwerke mit – ein Aufschlag von zwölf Prozent. Dagegen fielen die Mehrkosten mit 0,35 Cent pro Kilowattstunden zum Januar noch moderat aus.
Die jährlichen Strompreise steigen für den Durchschnittshaushalt deutlich
Für einen Zwei-Personen-Haushalt mit einem durchschnittlichen Verbrauch von 2100 Kilowattstunden pro Jahr bedeutet die aktuelle Erhöhung zusätzliche Kosten von 42,62 Euro für die restlichen sechs Monate in diesem Jahr und 85,25 Euro für jedes folgende. „Ob wir zum Juli oder zum August mehr verlangen, hängt davon ab, wann der Bund beschließt, die EEG-Umlage auf Null zu reduzieren“, sagt Stadtwerke-Sprecher Oliver Weiß. Der Bundesrat müsse noch zustimmen, am kommenden Montag soll Klarheit herrschen. Mit der Umlage für den Ausbau der erneuerbaren Energien entfällt ein wesentlicher Preistreiber, der rund zehn Prozent der Kosten verursacht. Diesen Nachlass wollen die Stadtwerke an ihre Kunden weitergeben.
Anlass der Preiserhöhung sind, so Weiß, außergewöhnlich starke Preisanstiege an den Stromhandelplätzen sowie der Krieg in der Ukraine. Zwar kaufe der lokale Energieversorger Strom wie Gas langfristig ein, dennoch sei der Einkauf durch kurzfristige Veränderungen am Markt meist nicht so möglich wie geplant. Um diese Mehrkosten abzufedern, müsse der Arbeitspreis erhöht werden. Auch die Stadtwerke in Kaltenkirchen und Bad Bramstedt haben die Strompreise angehoben.
Weitere Preisaufschläge drohen zum neuen Jahr
Die Energiepreise kennen nur eine Richtung: nach oben. Und ein Ende ist nicht in Sicht. Die Energieversorger gehen davon aus, dass die Verbraucher spätestens zum neuen Jahr wieder mit einem kräftigen Preisaufschlag rechnen müssen. Seit April müssen die Norderstedter deutlich mehr Geld ausgeben, damit die Gasheizung läuft, und ein Preisplus von bis zu 150 Prozent verkraften. Die Stadtwerke Kaltenkirchen und Bad Bramstedt haben die Tarife zum Jahreswechsel angehoben. Wer sein Gas über den Bramstedter Versorger bezieht, zahlt seit Jahresbeginn rund 80 Prozent mehr.
Der Grund: Die Einkaufspreise sind explodiert und in der Spitze um bis zu 800 Euro gestiegen. Obwohl die regionalen Stadtwerke langfristig einkaufen, mussten auch sie der Preisexplosion Tribut zollen und die hohen Beschaffungskosten an ihre Kunden weitergeben.
Auch die Preise für Fernwärme steigen, allerdings zeitversetzt. „Bei der Preisbildung für das Lieferjahr 2022 fließen noch die günstigen Gaspreise aus Oktober, November und Dezember 2020 ein, während die teuren Monate Oktober, November und Dezember 2021 mit Großhandelspreisen von deutlich mehr als 100 Euro pro Megawattstunde keine Berücksichtigung finden“, sagt Marc Fischer, Geschäftsführer der Stadtwerke Bad Bramstedt. Anfang 2021 lag der Preis noch bei knapp 19 Euro für die Megawattstunde Gas.
Die Stadtwerke Bad Bramstedt haben den Strompreis zum 1. Mai um 6,44 Cent pro Kilowattstunde angehoben. Bei einem Verbrauch von 2100 Kilowattstunden im Jahr ergibt sich eine Mehrbelastung von 135 Euro im Jahr. Gas hat sich zum Mai um 2,54 Cent pro Kilowattstunde verteuert. Wer 25.000 Kilowattstunden im Jahr verbraucht, muss 635 Euro mehr zahlen. „Wir sind uns bewusst, dass diese Mehrbelastungen für die Bürgerinnen und Bürger schmerzvolle Einschnitte darstellen. Mit Blick auf den russischen Angriffskrieg und auf die Explosion der Gaspreise am Großhandelsmarkt sind diese Preisanpassungen aber immer noch vergleichsweise moderat“, sagt Marc Fischer.
Stadtwerke in der Region bieten Energie preiswert an
Wer in Internetportalen wie verivox, Check24 oder gasvergleich einen günstigeren Anbieter sucht, wird feststellen: Die meisten Stadtwerke in der Region sind fast konkurrenzlos preiswert: „Auch nach den Preisanpassungen wird es in Bad Bramstedt keinen seriösen Wettbewerber geben, der signifikant günstiger ist als die örtlichen Stadtwerke. Und das, obwohl wir ausschließlich Ökostrom und Ökogas anbieten“, sagt der Geschäftsführer. Fischers Kaltenkirchener Kollege Olaf Nimz hatte nach der Preiserhöhung für Gas Anfang des Jahres gesagt: „Damit liegen wir in Kaltenkirchen unter den Top Ten der Anbieter“.
Beide gehen wie auch die Werkleitung in Norderstedt davon aus, dass die Preise weiter klettern werden. „Wir werden die Strom- und Gastarife zum neuen Jahr erneut anpassen müssen“, sagt Norderstedts Stadtwerke-Sprecher Weiß. Er könne auch nicht ausschließen, dass Gas und Strom noch in diesem Jahr teuer werden. Drastischer formulierte es Holger Neubauer, Geschäftsführer der Stadtwerke Tornesch: „Ich gehe davon aus, dass der Hammer erst zum nächsten Jahreswechsel kommen wird.“ Für manche Kunden dürften sich dann – je nach Ausgang der Energiekrise und des Ukraine-Krieges – die Heizkosten verdoppeln. Marc Fischer rechnet zum neuen Jahr mit einem Preisanstieg von rund 30 Prozent, was fast schon bescheiden klingt, denn: Bundesweit hätten laut gasvergleich.de 950 Anbieter ihre Preise um durchschnittlich 1130 Euro pro Jahr oder 75 Prozent angehoben.
Wer in einem Einfamilienhaus knapp 25.000 Kilowattstunden Gas im Jahr verbraucht, zahlt laut Preisrechner der Stadtwerke Norderstedt für die Grundversorgung 3730 Euro. In Bad Bramstedt fallen 3202 Euro an, in Kaltenkirchen 2978 Euro. Bei Verivox verlangt der günstigste Anbieter Maingau 3685 Euro.
Deutlich günstiger sind die Stadtwerke Wedel, hier kosten 25.000 Kilowattstunden 2365 Euro, die Gemeindewerke Halstenbek verlangen 2200 Euro. Allerdings hat Werkleiter Andreas Helberschmidt schon angekündigt, dass es bei diesem Preis nicht bleiben werde. Getoppt wird der Preis noch von den Pinneberger Kollegen, wo knapp 2000 Euro fällig werden. Auf Norderstedter Niveau hingegen bewegen sich die Tarife der Energieversorger in Elmshorn, Barmstedt und Quickborn.