Kreis Segeberg. Nicht nur in Norderstedt wächst die Angst, dass Gruppen in Kitas geschlossen werden müssen. Welche Städte noch betroffen sind.

Die hauptamtlichen Bürgermeister im Kreis Segeberg haben sich zu einem Schritt entschlossen, der beispiellos sein dürfte: Gemeinsam kritisieren sie deutlich die Landesregierung in Kiel und fordern sie auf, mehr Kapazitäten für die Ausbildung von Erziehern zu schaffen.

Außerdem sollen die Auszubildenden künftig eine Vergütung erhalten, die bislang nur Quereinsteigern bekommen, die vom Jobcenter unterstützt werden. Nur wenn die Attraktivität der Ausbildung und des Berufes steige, stehe genug Nachwuchs zur Verfügung, um alle Gruppen mit genügen Fachkräften zu betreuen und ab 2026 die Ganztagsbetreuung sicherzustellen, heißt es in der gemeinsamen Erklärung.

Kita: Norderstedt und weiteren Städten fehlen Erzieher

Die hauptamtlichen Verwaltungschefs hatten sich im Schloss in Bad Bramstedt getroffen, um auf die prekäre Lage in ihren Orten hinzuweisen. Sie stehen vor einer schwierigen Situation: Das Land schreibt einen Betreuerschlüssel von einem Erzieher auf 20 Kinder vor, der jedoch wegen des Fachkräftemangels kaum eingehalten werden kann. Damit trotzdem eine Betreuung gesichert ist, setzt zum Beispiel Kaltenkirchen „Helfende Hände“ ein – Personal, das zum Beispiel beim Mittagessen hilft und die Hausaufgabenbetreuung übernimmt. Auf den Kosten für die Kräfte bleibt die Kommunen jedoch sitzen.

An deutlichen Worten in Richtung neues Landesregierung ließen es die Teilnehmer nicht fehlen. Das bestehende Kita-Gesetz mit seinen Qualitätsstandards sei nicht mehr als ein „netter Anfang“ gewesen, sagte Norderstedts Oberbürgermeisterin Elke Christina Roeder. Sie sei in Sorge, dass die Kitas ihren Bildungsauftrag nicht erfüllen könnten.

Bürgermeister sind „stinksauer“ auf die Landesregierung in Kiel

Hanno Krause aus Kaltenkirchen und Verena Jeske aus Bad Bramstedt hatten auf ihre Not in Briefen ans Sozialministerium hingewiesen, jedoch keine befriedigenden Antworten erhalten. Den Brief hatten alle Kita-Träger in Kaltenkirchen unterzeichnet. „Ich bin stinksauer“, sagte Krause. Er sei frustriert und enttäuscht. Toni Köppen aus Bad Segeberg beklagte, dass wegen der noch laufenden Regierungsbildung in Kiel ein Ansprechpartner fehle. „Wir fühlen uns nicht ernst genommen und allein gelassen“, sagte Bürgermeisterin Ulrike Schmidt aus Henstedt-Ulzburg.

In Bad Segeberg können bereits fünf bis zehn Prozent der Stunden nicht mit dem Fachpersonal besetzt werden, das das Land als Qualitätsstandard vorschreibt. Kaltenkirchen unterschreitet die Vorgabe von zwei Fachkräften je Gruppe mit einer Ausnahmegenehmigung. In 18 Gruppen sind rechnerisch je 1,5 Erzieher im Einsatz. „Und diese nicht besetzten 0,5 Stellen wollen wir mit ,Helfenden Händen’ auffüllen, damit die 1,5 Erzieher das im Übergang durchhalten , bis genügend Personal ausgebildet ist“, sagte Krause.

Diese „helfenden Hände“ für die so genannten „Alltagsarbeiten“ werden durch das Gesetz jedoch nicht finanziert. Das ist gemäß der aktuellen Problematik nicht befriedigend. Um Gruppen nicht schließen zu müssen, sei man nichtpädagogisches Personal wie den „Helfenden Händen“ angewiesen. „Die Situation ist absurd“, sagte Krause. „Wir müssen für diese Unterstützung zahlen und das Land spart Geld, weil die Stellen fürs Fachpersonal nicht besetzt sind.

Fachschule für Erzieher in Bad Segeberg ist schwer zu erreichen

Für dringend notwendig halten die Bürgermeister die Gründung einer zweiten Fachschule für Erzieher in Norderstedt. Derzeit können sich angehende Erzieher nach dem Schulabschluss nur in Bad Segeberg ausbilden lassen. Für junge Menschen entlang der Achse von Bad Bramstedt über Kaltenkirchen nach Henstedt-Ulzburg und Norderstedt sei diese Schule jedoch kaum mit öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.

Zwar werden derzeit in Norderstedt im Berufsbildungszentrum (BBZ) schon Erzieher ausgebildet. Dabei handelt es sich jedoch nicht um Schulabgänger, sondern um Quereinsteiger aus anderen Berufen. Mit diesen Absolventen sei der Bedarf bei weitem nicht zu decken, hieß es unisono. Auch dabei entstehen den Kommunen Kosten. Sie zahlen für die Ausbildung im BBZ.