Norderstedt. Gaspreis wird ab April kräftig steigen. Freie Wähler fordern nun einen Bonus für Kunden der Stadtwerke. Grüne kritisieren den Vorstoß.

Einfach gemacht haben es sich die Mitglieder des Norderstedter Stadtwerkeausschusses sicher nicht, als sie einer der heftigsten Erhöhungen des Gaspreises in der Geschichte der Stadtwerke Norderstedt am 9. Februar zustimmten. Doch angesichts explodierender Einkaufspreise auf den Energiemärkten blieb den Stadtwerken und nun auch dem Kontrollgremium aus betriebswirtschaftlicher Sicht kaum eine andere Entscheidung übrig.

Gaspreise: Freie Wähler fordern Bonus für Kunden der Stadtwerke

Für die etwa 3100 Kundinnen und Kunden der Norderstedter Stadtwerke wird der Gaspreis zum 1. April kräftig steigen. Der jährliche Grundpreis um 9,91 Euro auf 130,83 Euro, der Arbeitspreis um 8,65 Cent auf 14,40 Cent pro Kilowattstunde – eine Erhöhung um gut 150 Prozent.

Ein Mitglied im Ausschuss stimmte jedoch gegen die Erhöhung. Das stellvertretende bürgerliche Mitglied der Freien Wähler, Kathrin Arbeck. Nicht, weil sie die Erhöhung als solche nicht verantworten konnte. Sondern weil sie mit einer diskussionswürdigen Idee keine Mehrheit im Ausschuss fand. Ahrbeck schlug vor, dass die Stadtwerke doch aus ihren Überschüssen aus dem Betriebsergebnis 2020 eine Art Bonus an die Kundinnen und Kunden auszahlen sollten, um deren Energiekosten abzumildern.

Ahrbeck argumentierte später in einer Mitteilung, dass doch immer alle Fraktionen die ständig steigenden Wohnkosten anmahnen würden. Und nun hätte die Politik mit dem Bonus aus der Stadtwerke-Kasse doch mal die Chance gehabt, diese auf kommunaler Ebene zu senken. Doch der Antrag der Freien Wähler wurde abgeschmettert und der Gaspreis beschlossen. Nun sei Kathrin Arbeck entsetzt: „Hier wurde die einmalige Chance vertan, Wohnen für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt weniger teuer zu gestalten! Offensichtlich werden die Wohnnebenkosten dabei von den anderen Fraktionen nicht berücksichtigt. Die drastisch steigenden Wohnnebenkosten müssen aber in den Fokus gerückt werden.“

Gaspreise: Wohnnebenkosten sollen abgemildert werden

Aus Sicht der Fraktion der Freien Wähler, heißt es in der Mitteilung, sei die Norderstedter Politik angehalten, „alles in ihrem Ermessensbereich Notwendige zu tun, um die steigenden Wohnnebenkosten abzumildern“. Man solle die Bürgerinnen und Bürger „direkt an dem Gewinn der Stadtwerke partizipieren lassen“, das vermisse die Fraktion der Freien Wähler schon seit Jahren. Die Mitteilung enthält außerdem einen Exkurs über die Entwicklung der Mietpreise, die man so oder ähnlich schon aus Mitteilungen von Hausbesitzerverbänden kennt.

Dass also die Mietpreise in Deutschland grundsätzlich durch den Markt geregelt würden, dass diese Mieten in der Metropolregion Hamburg mit Norderstedt zwischen 2015 und 2020 angeblich bezahlbarer geworden seien, weil sie weniger stark als die Löhne stiegen. Das intendierte den Gedanken, dass nicht die Mieten das Problem für die Mieterinnen und Mieter seien, sondern vor allem die Nebenkosten. Und die hätte die Politik, so die Argumentation von Ahrbeck und ihrer Fraktion, doch nun in Norderstedt mit den Gewinnen eines städtischen Unternehmens beeinflussen können.

Diesen „billigen Populismus“ wollte Arne Lunding, Stadtvertreter der Grünen im Stadtwerkeausschuss, so nicht stehen lassen. „Den verbreiteten Behauptungen muss deutlich widersprochen werden.“ Die Forderung, Gewinne der Stadtwerke, zumeist aus der Telekommunikationssparte von wilhelm.tel, durch das Senken der Gaspreise zu verfeuern, sei nicht nur gegen das Gesetz – und darüber hinaus auch unwirtschaftlich. „Querfinanzierungen verschiedener Geschäftsbereiche sind juristisch kritisch.“ Die Gewinne der Stadtwerke machten es der Stadt möglich, in Einsparungen und erneuerbare Energien zu investieren, was wiederum die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern reduziere. „So schaffen wir die Möglichkeit bezahlbarer Energiekosten für alle Bürgerinnen und Bürger durch Investitionen, zum Beispiel in Solarthermie für Blockheizkraftwerke.“

Gaspreise: Grüne kritisieren Vorstoß der Freien Wähler

Unbestritten würden die enormen Steigerungen der Energiepreise Menschen mit geringem Einkommen vor große Probleme stellen. „Aber eine Subventionierung des Gaspreises wäre nicht nur nicht nachhaltig, sondern auch höchst unsozial. Wer viel verbraucht, profitiert auch viel, unabhängig von den finanziellen Möglichkeiten.“

Wer sozial handeln wolle, so Lunding, der müsste vor allem bei den Mieten ansetzen. „Hier würden wir erwarten, dass gewinnorientierte Unternehmen mal auf etwas Profit verzichten. Das wäre auch sehr gezielt möglich; und in der Kommune kann man mehr Sozialwohnungen bauen. Dass das nicht unbedingt im Fokus der Freien Wähler steht, wenn der stellvertretende Fraktionsvorsitzende Sven Wojtkowiak auch Vorsitzender von Haus und Grund ist, ist natürlich nachvollziehbar.“

Energiekosten-Zuschüsse für Menschen mit niedrigem Einkommen sollten von der Ampel-Regierung in Berlin kommen, so Lunding. „Und die Gewinne der Stadtwerke sollen unbedingt nachhaltig in der Kommune investiert werden.“