Geesthacht. Die Insolvenzanträge der Johanniter betreffen auch das MVZ. Behandelt wird bis Ende Dezember. Und dann? Es gibt etwas, das Mut macht.
Der Insolvenz-Antrag der Johanniter für ihre Einrichtungen Krankenhaus, Geriatrie und Medizinisches Versorgungszentrum in Geesthacht: Am Montag, 30. September, werden Patienten eine Woche nach der Ankündigung zum ersten Mal Auswirkungen zu spüren bekommen. Im MVZ an der Bergedorfer Straße kommt es zu Einschränkungen der Versorgung.
„In der hausärztlichen Praxis (Hr. Baghirov, Hr. Ulskis, Fr. Knaack) erfolgt am 30. 09. 2024 aus betrieblichen Gründen nur eine akute Notfallbehandlung für allgemeinmedizinische Patientinnen und Patienten von 9:00 bis 11:00 Uhr. Rezeptbestellungen werden an diesem Tag nicht angenommen“, steht auf der Homepage zu lesen.
Hintergrund Insolvenz: Nur Notfallbehandlungen bei den Hausärzten
Vor dem Hintergrund der bekanntgewordenen finanziellen Schieflage steht schnell eine Mutmaßung im Raum: Ist vielleicht beginnender Personalmangel die Ursache für die Einschränkung der Leistungen? Orientieren sich die ersten Mitarbeiter angesichts einer möglichen Pleite beruflich bereits anderweitig um? Das MVZ an der Bergedorfer Straße – nicht zu verwechseln mit dem MVZ an der Elbe in der Nachbarschaft am Buntenskamp – besteht aus einer Praxis für Angiologie und einer für Allgemeinmedizin. Beschäftigt sind 13 Mitarbeiter.
Dieser Verdacht als Ursache für die Einschränkung wird von Thorben Langhinrichs ausgeräumt. Er und Stefan Denkhaus, beide von der Kanzlei BRL aus Hamburg, sind Generalhandlungsbevollmächtigte in Sachen des Insolvenzantrages für die Bereiche Johanniter-Krankenhaus Geesthacht GmbH sowie für die Johanniter Geriatrie und Seniorenzentrum Geesthacht GmbH.
Vorläufiger Insolvenzverwalter spricht mit den Mitarbeitern
Der wahre Grund für die Einschränkungen sei vielmehr: An diesem Tag besuche der eingesetzte vorläufige Insolvenzverwalter Andreas Romey von der Kanzlei Eckert Rechtsanwälte Hamburg PartGmbB das MVZ. Und alle Mitarbeiter sollen die Chance bekommen, an den Gesprächen mit ihm weitgehend störungsfrei teilnehmen zu können.
Andreas Romey ist für beide Insolvenzanträge zuständig. Klinik und Geriatrie streben ein Insolvenzverfahren in Eigenverantwortung an. Hier sei er vergleichbar mit einem Schiedsrichter, der über das Einhalten der Regeln des Insolvenzrechts wache, erklärt Thorben Langhinrichs. Die Geschäftsführung bleibe mit eigenen Entscheidungen handlungsfähig.
Insolvenzverfahren sollen am 1. Dezember eröffnet werden
Beim MVZ dagegen gehe es um eine Regelinsolvenz. Hier müsse Andreas Romey bei allen operativen Entscheidungen eingebunden werden. Beide Insolvenzverfahren sollen am 1. Dezember eröffnet werden. Thorben Langhinrichs erwartet, danach in „spätestens in sieben Wochen damit durch zu sein, und beim MVZ hoffen wir, dass es genauso kommt“.
Thorben Langhinrichs geht davon aus, dass die Einschränkungen am 30. September das einzige Mal in der Zeitspanne des Verfahrens sein werden, an dem der Betrieb beeinträchtigt ist. Ansonsten sollten Patienten nichts vom Ablauf der Insolvenz merken, auch nicht nach Eröffnung am 1. Dezember. Das laufe völlig geräuscharm im Hintergrund ab, sagt er.
Behandlungssicherheit nur bis Ende Dezember
Allerdings: Versprochen wird eine Behandlungssicherheit nur bis Ende Dezember. Der Betrieb laufe die nächsten drei Monate zunächst regulär weiter. Begonnene und geplante Behandlungen würden selbstverständlich fort- und durchgeführt, verspricht das MVS. Was mit Patienten geschieht, die am MVZ über den Jahreswechsel hinaus einer medizinischen Versorgung bedürfen, weil ihre Beschwerden langwieriger sind oder auch chronisch, das ist zurzeit unklar. „Das können wir heute noch nicht sagen, wo wir im Januar stehen“, erklärt Thorben Langhinrichs.
Aber vielleicht geht ja alles auch nahtlos weiter. Dann zum Beispiel, wenn das MVZ rechtzeitig einen Käufer finden würde, sodass es gar nicht erst zum Worst-Case-Szenario einer Schließung kommen müsste. Rund 2500 Patienten pro Quartal würden behandeln, teilen die Johanniter mit.
Insider findet Fallzahlen des MVZ nicht schlecht – ein Käufer auch?
Ein Kenner der medizinischen Versorgungssituation in Geesthacht, der lieber unerkannt bleiben möchte, findet diese Fallzahlen „gar nicht schlecht“. Es würde ihn überraschen, wenn das MVZ keinen Käufer finden würde. „Die Braut ist nicht so hässlich“, meint er. „Die Gelegenheit wäre gut. Jetzt liegen Zahlen auf dem Tisch, um zu kalkulieren, jetzt kann man durchrechnen, was die Praxis einbringt“, sagt der Insider.
Das MVZ der Johanniter ist eine eigenständige Gesellschaft. „Sie müsste, wenn sie Geld verdienen würde, nicht ins Insolvenzverfahren“, sagt Thorben Langhinrichs. Die Schwierigkeiten von Klinik und Geriatrie würden das MVZ nicht mit hinunterziehen. Er weist darauf hin, dass das Insolvenzverfahren nicht eingeleitet worden sei wegen einer Zahlungsunfähigkeit, sondern zunächst wegen drohender Zahlungsunfähigkeit.
Landrat will den Kreistag informieren, ein runder Tisch tagt im Geesthachter Rathaus
Eine Aussage von Thorben Langhinrichs macht Mut. Wenn die Patientenzahlen in Ordnung seien, müssten in der Bilanz irgendwo Kostenfresser stecken, vermutet er. „Das MVZ hat sich nicht gerechnet, das heißt aber nicht, dass es sich auch in Zukunft nicht rechnen wird“, meint der Generalbevollmächtigte.
Unterdessen setzten sich weitere Gesprächsrunden zur Lösungsfindung zusammen. Am Freitag gab es zusammen mit den Juristen einen informellen Austausch bei Landrat Christoph Mager in Ratzeburg mit Vertretern des Krankenhauses und der Stadt Geesthacht. Bürgermeister Olaf Schulze war auch dabei. Christoph Mager wird die Kreispolitik im Haupt- und Innenausschuss am 7. Oktober und im Kreistag am 10. Oktober über den Verlauf der Gespräche informieren.
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Ein runder Tisch hinter verschlossenen Türen ist im Geesthachter Rathaus für Mittwoch, 2. Oktober, angesetzt. Dann wollen sich Ärzte und Apotheker mit Vertretern der Stadt zur Lage austauschen. Es werden nicht die letzten Sitzungen sein. „Wir werden als Stadtverwaltung jetzt weitere Gespräche führen und ausloten, auf welchen Wegen der Erhalt des MVZ und der beiden kassenärztlichen Sitze möglich ist“, kündigt Olaf Schulze an.