Ratzeburg. Kreismuseum erinnert an Wirtschaftskrise und Inflation in den 1920er-Jahren. Städte und Kreise in Deutschland wurden zu „Notenbanken“.

Eigenes Geld drucken, ohne Angst vor Gefängnisstrafen? Was heute manchem Bürger als ferner Wunschtraum erscheinen mag, war vor einem runden Jahrhundert bittere Realität. Es waren jedoch nicht einzelne Menschen oder Banden, die sich am Staat vorbei mit Geld versorgten. Institutionen, Städte, Kreise und Kommunalverbände griffen mit Okay der Reichsregierung in Berlin zu dem Mittel.

Kreise und Städte drucken selbst Geld

Die galoppierende Inflation in den 1920er-Jahren ließ von der Notenbank gedrucktes Geld in einem Tempo an Wert verlieren, dass Scheine, die beim Druck noch für den Kauf von ein paar Schuhen oder einen Mantel gereicht hätten, beim Eintreffen vor Ort nicht mehr ausreichten, um ein einzelnes Brötchen zu bezahlen. Das Kreismuseum Herzogtum Lauenburg in Ratzeburg zeigt in Erinnerung an diese Zeit einen Notgeldschein über 20 Milliarden Mark, das ist eine 2 mit zehn Nullen.

Zunächst ist das Notgeld noch mit Akribie gestaltet wie diese 50-Pfennig-Scheine der Eulenspiegelstadt Mölln.
Zunächst ist das Notgeld noch mit Akribie gestaltet wie diese 50-Pfennig-Scheine der Eulenspiegelstadt Mölln. © bgz | Kreismuseum Ratzeburg

In Druck gegeben hatte den Schein 1923 der Lauenburgische Landeskommunalverband. Der Erste Weltkrieg und die Nachkriegsjahre hatten dem Deutschen Reich eine Wirtschaftskrise und eine Inflation beschert, die alles bis dahin Dagewesene sprengte. Viel Deutsche hatten während des Weltkrieges sogenannte Kriegsanleihen gezeichnet, dem Deutschen Reich damit geholfen, den Krieg zu finanzieren.

Mit der Niederlage 1918 waren nicht nur die Hoffnungen auf eine ordentliche Rendite verflogen. Die bald folgende Inflation erledigte den Rest: Geldvermögen wurde binnen kurzer Zeit wertlos. Viele Menschen und Familien, die gehofft hatten, Dank ihrer Ersparnisse irgendwie eine Zeitlang die grassierende Arbeitslosigkeit zu überstehen, waren binnen weniger Tage verarmt. Der Hunger ließ viele Deutsche verzweifeln.

Nur vier Wochen Zeit, das Geld einzulösen

Das Kreismuseum erinnert bis zum 31. August an die Zeit mit dem „Objekt des Monats“, den Notgeldschein aus dem Jahr 1923. Wie kurzlebig diese Maßnahmen waren, belegt ein Blick auf den Text. „Dieser Gutschein wird von der Lauenburgischen Landesbank in Ratzeburg eingelöst“, ist dort zu lesen. Und: „Er verliert seine Gültigkeit, wenn er nicht innerhalb vier Wochen nach erfolgter Bekanntmachung zur Einlösung vorgelegt wird.“