Ratzeburg. Die Archive im Kreisgebiet zeigen zur Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz eine Ausstellung. Eröffnung ist am 27. Januar.

Seit dem Jahr 1996 wird der 27. Januar, der Tag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz–Birkenau durch die Rote Armee, bundesweit als Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus begangen. Im Mittelpunkt steht, neben dem offiziellen Gedenken an die Opfer des „Dritten Reiches“, die bewusste Erinnerung an die Verbrechen des Nationalsozialismus als Mahnung an künftige Generationen.

Anlässlich des diesjährigen Gedenktages präsentieren sich das Kreisarchiv Herzogtum Lauenburg, die Archivgemeinschaft Nordkreis Herzogtum Lauenburg mit den Stadtarchiven Mölln und Ratzeburg, die Archivgemeinschaft Schwarzenbek und das Stadtarchiv Geesthacht von Donnerstag, 27. Januar, bis zum 6. März in einer Ausstellung unter dem Titel „Verfolgung und Widerstand im Nationalsozialismus. Ein Blick in die Archive des Kreises“ im Kreismuseum am Domhof in Ratzeburg.

Im Lauenburger Schlosspark gibt es eine Gedenkfeier an die Opfer des Nationalsozialismus

Parallel dazu gibt es am Eröffnungstag mehrere Gedenkfeiern im Kreisgebiet – beispielsweise um 16.30 Uhr am Gedenkstein im Lauenburger Schlosspark von der Stadt und den „Omas gegen Rechts“. Oder aber auch die Ausstellung „Shoah – der Holocaust“ in der Ratzeburger St. Petri-Kirche am Barlachplatz 7. In Geesthacht werden am Donnerstag die Stolpersteine zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus gereinigt.

Dieser Stolperstein in Ratzeburg erinnert an die jüdische Kaufmannsfamilie Rosenberg, die 1941 nach Riga deportiert wurde.
Dieser Stolperstein in Ratzeburg erinnert an die jüdische Kaufmannsfamilie Rosenberg, die 1941 nach Riga deportiert wurde. © Elke Hagenah | Elke Hagenah

So einen Stolperstein gibt es auch in Ratzeburg vor dem ehemaligen Kaufhaus der jüdischen Familie Rosenberg am der Domstraße 8. Die Familie wurde 1941 nach Riga verschleppt, und bis auf einen überlebenden Sohn wurden die Rosenbergs alle ermordet. Die Familie wird neben anderen in der Sonderausstellung zum 77. Jahrestag der Befreiung von Auschwitz-Birkenau in Ratzeburg gewürdigt.

Nach dem Tod des Gründers übernahm seine Frau Fanny das Geschäft

Die Rosenbergs waren während der Machtergreifung Adolf Hitlers bereits alt eingesessene Bürger in Ratzeburg. Seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts lebte Levi David Rosenberg aus Krakow am See in der heutigen Kreisstadt und war als Handelsgehilfe beim Kaufmann Bentheim angestellt. Er gründete im November 1872 in der Domstraße 136 (heute 8) eine eigene Tuch-, Manufaktur- und Leinen-Handlung und legte damit den Grundstein für das später bekannte Textilkaufhaus Rosenberg.

Nach seinem Tod 1897 übernahm die Witwe Fanny das Geschäft, das nach ihrem Tod 1911 durch deren Sohn Willy weitergeführt wurde. Seine spätere Ehefrau eröffnete dort zusätzlich ein Damenhutgeschäft.

Familie Levy zog nach Hamburg-Altona, von dort gelang ihr die Flucht ins Ausland

Zur Machtergreifung der Nationalsozialisten lebten hier zumindest drei jüdische Familien, die Schwestern Philipp, die Rosenbergs und die Levys. Letztere waren erst um 1930 zugezogen und hatten in der Langenbrücker Straße 7 einen Gebrauchtwarenhandel eröffnet. Was in der Stadt zum sogenannten „Judenboykott“ am 1. April 1933 geschah, ist unbekannt, allerdings ist es kaum vorstellbar, dass die beiden Geschäfte der jüdischen Familien Rosenberg und Levy unbehelligt blieben.

Die Familie Levy blieb bis 1936 in Ratzeburg, zog dann nach Hamburg-Altona um. Von dort aus gelang ihnen die Flucht ins Ausland. Familie Rosenberg versuchte trotz der Widrigkeiten weiterhin in Ratzeburg zu bleiben. 1938 wurde jedoch ihr Kaufhaus zwangsweise geschlossen, später enteignet. Willy und Martha Rosenberg wurden am 4. Dezember 1941 nach Riga deportiert und kehrten nie zurück. Einziger Überlebender der Familie war der Sohn Walter. Er erhielt 1954 das elterliche Kaufhaus zurück, das er wiedereröffnete und viele Jahrzehnte betrieb.

In einer Sonderausstellung geht es um das Thema Verfolgung und Widerstand

Bei der Sonderausstellung, die bis zum 6. März im Kreismuseum zu sehen ist, gewähren die Archive einen Einblick in ihre Bestände aus der Zeit des Nationalsozialismus und zeigen ausgewählte Archivalien rund um die Thematik Verfolgung und Widerstand im Kreis.

„Ursprünglich war für den 27. Januar eine Präsenzveranstaltung im Rokokosaal des Kreismuseums zu diesem Thema geplant, bei der die Archive des Kreises ihre Arbeit vorstellen wollten“, erläutert Kreissprecher Tobias Frohnert. „Wegen der Corona-Situation haben wir uns jetzt für diese Form der Präsentation entschieden“, erklärt Dr. Anke Mührenberg, Leiterin des Kreismuseums. „Wir wollen mit dieser Ausstellung darauf aufmerksam machen, dass es durchaus auch hier im Kreis Unterlagen gibt, die sich beispielsweise für den Einsatz im Schulunterricht oder für Schulprojekte eignen“, so die promovierte Historikerin weiter.

Rege Beteiligung an der Aktion „Schleswig-Holstein leuchtet gegen Rechts“ erwünscht

Die Ausstellung ist zu den üblichen Öffnungszeiten des Kreismuseums von Dienstag bis Sonntag von 10 bis 13 und 14 bis 17 Uhr unter den jeweils geltenden Coronaregeln zu sehen. Parallel dazu ruft der Kreisfachberater zur Kulturellen Bildung, Jörg-Rüdiger Geschke, zu einer regen Beteiligung an der Aktion „Schleswig-Holstein leuchtet gegen Rechts“ auf. Wer mitmachen möchte, stellt am Jahrestag der Auschwitz-Befreiung zwischen 18 und 19 Uhr eine Kerze ins Fenster.