Lauenburg. Jetzt lässt die Hauptsatzung der Stadt die digitale Übertragungen der Sitzungen zu. Es gibt aber Zweifel an mehr Bürgernähe.

Kamera und Mikrofon, die auch den kleinsten Versprecher gnadenlos einfangen – oder ein Gebot von Transparenz und Bürgernähe? Beim Thema Livestreams von politischen Sitzungen scheiden sich die Geister. Doch es gibt auch in unserer Region bereits Ansätze, mit digitalen Mitteln die Bürger zu erreichen. So kann man auf der Webseite der Gemeinde Müssen noch zwei Wochen später die Aufzeichnung der Neujahrsrede des Bürgermeisters Detlef Dehr anklicken. Und die Stadt Schwarzenbek hatte im vergangenen Jahr die Vorstellung der beiden Bürgermeisterkandidaten live übertragen. Doch bei der Übertragung politischer Sitzungen tun sich viele Kommunalpolitiker schwer.

In Lauenburg hat die Stadtvertretung im Dezember 2020 zumindest die theoretische Möglichkeit dafür geschaffen. In der entsprechend geänderten Hauptsatzung ist dies allerdings nur in Fällen "höherer Gewalt, bei Naturkatastrophen, aus Gründen des Infektionsschutzes oder vergleichbaren außergewöhnlichen Notsituationen" vorgesehen. Die Öffentlichkeit soll in diesem Fall durch eine "zeitgerechte Übertragung von Bild und Ton" hergestellt werden. 

Politik gespalten, ob Übertragung der Sitzungen die Bürger erreicht

Für den Fraktionsvorsitzenden der Grünen, Thorsten Pollfuß, geht das nicht weit genug. "Wir sind der Meinung, dass ein Livestream von Sitzungen grundsätzlich übertragen werden sollte. Zudem sollten die Aufzeichnungen dauerhaft zum Abruf über die Website der Stadt zur Verfügung stehen. Dies entspricht nicht nur einer zeitgemäßen Kommunikation, sondern sorgt auch für zusätzliche Transparenz", sagte er. Ähnlich äußerte sich Niclas Fischer, Fraktionschef der Lauenburger Wählergemeinschaft: "Eine Übertragung der Sitzungen wäre durchaus wünschenswert, um mehr Bürger über das politische Geschehen in ihrer Stadt zu informieren. Außerdem wäre das ein Weg, auch Menschen mit körperlichen Einschränkungen besser informieren zu können." Allerdings bestehe auch die Gefahr, dass so mancher Politiker unter diesen Umständen zur Selbstdarstellung neigen könnte.

Der Fraktionsvorsitzende der SPD, Jens Meyer, möchte die Sitzungen in digitaler Form auf Ausnahmefälle beschränkt wissen. "Problematisch ist hier die notwendige Wahrung der Öffentlichkeit, die kommunalrechtlich vorgeschrieben ist", sagt er. Bei digitalen Fraktionssitzungen dagegen hätte sich gezeigt, dass die Teilnehmerquote wesentlich höher sei als bei Präsenzsitzungen. Meyer, der auch Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion ist, hat bereits Erfahrungen mit der digitalen Übertragung. Alle Sitzungen des Kreistages werden über den Offenen Kanal Lübeck live übertragen. Die Aufzeichnungen sind später auf der Webseite des Kreises abrufbar. Obwohl seine Fraktion diesen Antrag seinerzeit eingebracht hatte, hegt Meyer Zweifel an der Wirksamkeit. "Ich persönlich glaube nicht, dass dieses Angebot in der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen wird", sagt er.

Ältestenrat der Stadtvertretung stellt Thema Livestream zurück

Der Fraktionsvorsitzende der Wählergemeinschaft "Unser Lauenburg", Ralf Storjohann hält die Liveübertragung der politischen Sitzungen für "einen positiven Ansatz": "Wenn bestimmte Themen auf der Tagesordnung stehen, die von allgemeinem Interesse sind, würden wahrscheinlich mehr Menschen zuschalten, als sonst in den Zuschauerreihen sitzen", ist er überzeugt.

Christian Stockfisch, Fraktionsvorsitzender der CDU, bezweifelt dagegen, dass durch die Liveübertragung der Sitzungen eine breitere Öffentlichkeit erreicht werden kann. "Zumindest die Erfahrung mit Workshops in Lauenburg hat gezeigt, dass hier seit Jahren in der Regel eine begrenzte Zahl bekannter Bürger teilnimmt, die man auch sonst von öffentlichen Sitzungen kennt", sagte er. Trotzdem sei die Möglichkeit einer weiteren Öffentlichkeitsbeteiligung durch verschiedene Übertragungstechniken kürzlich im Ältestenrat thematisiert worden. Da dies aber mit einem enormen technischen und finanziellem Aufwand verbunden sei, wurde die Frage zunächst zurückgestellt.

In Geesthacht wurde die Entscheidung, Ratsversammlungen im Livestream zu übertragen, im Oktober vergangenen Jahres von den politischen Gremien diskutiert – und schließlich ebenfalls vertagt. Die Geesthachter Verwaltung hatte für sieben Übertragungen pro Jahr eine Kostenschätzung von 11.200 Euro vorgelegt.