Erforscht werden soll unter anderem, was Klimaänderungen für die Fischerei bedeuten. Dafür werden viele Wasserproben genommen.
Geesthacht. Ein lauschiger Sommertörn im Juli sieht anders aus. Claudia Schmidt, Daniel Bastian und Dr. Katarzyna Koziorowska-Makuch werden sich ab kommendem Sonnabend täglich in Regenjacke und -hose, Wollpullover, Sicherheitsschuhe mit Stahlkappen, Schutzhelm und Schwimmweste werfen, um ihren Dienst zu absolvieren bei fünf bis zehn Grad Celsius, vielem Regen, und vielleicht kommt der eine oder andere Sturm hinzu. Und das Tag und Nacht, drei Wochen lang.
Freizeit gibt es auch nicht für die drei jungen Wissenschaftler, stattdessen Schichtdienst. „Es ist ein 24-Stunden-Betrieb, sonst lohnt es sich nicht“, erläutert Dr. Helmuth Thomas, Institutsleiter für Kohlenstoffkreisläufe am Geesthachter Helmholtz-Zentrum Hereon, das intensive Programm.
Forscherin: „Es ist ein einzigartiges Abenteuer“
Das Forschertrio indes kann sich auch kaum etwas Schöneres vorstellen als gerade jetzt nach Grönland zu reisen. „Man macht es ja auch gern“, sagt Claudia Schmidt stellvertretend für die anderen. „Es ist ein einzigartiges Abenteuer.“ Die Umweltwissenschaftlerin war vor einem Jahr in diesen Breitengraden, hatte gut 2000 Kilometer weiter östlich auf Spitzbergen geforscht.
Die Mission kostet 6,5 Millionen Euro
Diesmal werden die Untersuchungen ausschließlich auf See stattfinden. Erforscht werden soll im Rahmen einer „Ecotip“-Expedition, was Klimaänderungen für die Fischerei bedeuten und für die Fähigkeit des Ozeans, Kohlenstoff aus der Atmosphäre zu speichern. Die Gelder für das „Ecotip“-Projekt – 6,5 Millionen Euro – werden als Drittmittel von der EU bezahlt. Ob sie seefest ist, weiß Claudia Schmidt nicht. „Mal sehen. So lange war ich noch nie auf einem Forschungsschiff.“ Die anderen beiden schon. Geowissenschaftler Daniel Bastian verbrachte mal sieben Wochen am Stück auf dem Meer. „Das dauert dann schon ein paar Tage, bis man wieder gerade geht“, meint er.
Viele leere Behälter für Proben sind an Bord
„Wir fliegen Montag von Hamburg nach Amsterdam, dann nach Reykjavik auf Island. Von dort aus geht es in vier Tagen mit dem dänischen Forschungsschiff „Dana“ Richtung Grönland“, schildert Claudia Schmidt den Reiseverlauf. Am Wochenende packen die drei das persönliche Handgepäck zusammen, 23 Kilo sind erlaubt. Die Kisten für die Wissenschaft wurden bereits am 17. Juni an Bord verladen. 27 Metallboxen sind es, randvoll mit Ausrüstung und Chemikalien. „Und vielen, vielen leeren Behältern“, sagt Claudia Schmidt.
Denn vor der Westküste von Grönland werden von der Ortschaft Nuuk im Süden aus bis etwa zur Nordspitze der Insel Qeqertarsuaq im Norden 30 Koordinatenpunkte angefahren, an denen ein Kranzwasserschöpfer an einem Kranausleger ins Meer abgelassen werden. Der 17. Juli ist als erster Tag für die Untersuchungen angesetzt.
Kranzwasserschöpfer nimmt Proben bis zu 600 Metern Wassertiefe
An jeder Station wird die „Dana“ etwa zwei bis vier Stunden auf der Stelle dümpeln. Sofern nicht Sturm die Aktion verzögert, denn der Kranzwasserschöpfer kann nicht bei jedem Wetter abgelassen werden. Dieses etwa 1,60 Meter hohe, massive Rohrgestell ist bestückt mit CTD-Sensoren und mehreren Zehn-Liter-Flaschen, um jeweils aus unterschiedlichen Meerestiefen Proben zu entnehmen. Das geht vom Oberflächenwasser bis hin zu 600 Meter Tiefe. Die Klappen für die Flaschen lassen sich vom Schiff aus öffnen und schließen, um Meereswasser einzulassen.
Gesucht werden Umweltgifte wie Quecksiber und Blei
Wieder an Bord, wandern die Behälter gekennzeichnet in den Kühlschrank. Die Analyse des Inhaltes, zum Beispiel auf schädliche Stoffe wie Quecksilber und Blei, erfolgt erst im heimischen Labor. Die Hereon-Forscher untersuchen die Chemie, ihre Ergebnisse sind eine Vorlage für die Biologen, die an Bord zahlreich vertreten sind. Etwa 20 Forscher sind es, die Crew weist noch einmal so viele Köpfe auf.
In Echtzeit können die Wissenschaftler durch die Sensoren Temperatur, Salzgehalt, Trübheit, Chlorophyll und Dichte des Wassers auf den Computer übermitteln. Dr. Helmuth Thomas war vor 25 Jahren zuletzt in dieser Region. Er ist gerade von einer Forschungsreise vor der norwegischen Küste zurückgekehrt, tritt diese Reise nicht mit an. „Es fehlt nun wahrscheinlich viel Eis“, vermutet er angesichts des fortschreitenden Klimawandels.