Das Dilemma: Geflüchtete möchten die Plätze in den Unterkünften räumen, doch sie finden keine Wohnung. Ein Appell geht an Vermieter.
Dassendorf. „Gerade im ländlichen Raum ist die Lage dramatisch“, meint Simone Kelling. Die Leiterin des Ordnungs- und Sozialamtes im Amt Hohe Elbgeest sucht dringend Wohnraum für Geflüchtete, die noch in Amtswohnungen leben wie in Kröppelshagen, Börnsen und Escheburg.
Und das ist ein Problem. Viele sind mittlerweile vom Status her anerkannte Flüchtlinge, verfügen über Sprachkenntnisse, einen Führerschein, haben Arbeit und verdienen eigenes Geld, aber der nächste Schritt will nicht gelingen – der über die Schwelle einer eigenen Mietwohnung. „Wir haben 120 Personen, die eigentlich nicht mehr hier sein müssten“, sagt Simone Kelling. „Viele leben drei Jahre und länger in dieser Übergangslösung.“ Und ganz besonders schwierig sei der Wohnungsmarkt für vielköpfige Familien.
Die nächsten Schutzsuchenden stehen bereits vor der Tür
Diese Lage setzt auch das Amt Hohe Elbgeest unter Druck. Denn die nächsten Schutzsuchenden stehen bereits vor der Tür, jede Woche werden 15 Personen im Kreis verteilt. „Und wir sind verpflichtet, sie unterzubringen“, erläutert Philipp-Andreas Plaukowitsch vom Sozial- und Ordnungsamt die Situation. Kelling: „Wir erwarten in den nächsten Wochen und Monaten vor allem Zuweisungen von afghanischen Ortskräften, die meist mit Familie hierherkommen. Sie haben in ihrer Heimat unsere Bundeswehr unterstützt und sich dabei in Gefahr begeben. Jetzt brauchen sie unsere Hilfe und Unterkunft.“
Aber wo, wenn die geschaffenen Plätze weiterhin belegt werden von Menschen, die keine Wohnung finden? „Im schlimmsten Fall erstmal in einer Turnhalle“, sagt Simone Kelling.
Auch afghanische Hilfskräfte sind unter den Geflüchteten
Im Oktober wurden 451 Geflüchtete in Schleswig-Holstein statistisch erfasst. „Die Verteilung auf die Gemeinden erfolgt vorrangig nach Einwohnerzahl“, erklärt Sprecher Tobias Frohnert vom Kreis Herzogtum Lauenburg das Verfahren. Für den Kreis bedeutete das bei einem Gesamtaufkommen von 4500 Flüchtlingen in diesem Jahr, 385 Personen auf die Gemeinden zu verteilen. Die Prognose für das kommende Jahr sind 1000 Flüchtlinge mehr. Die afghanischen Hilfskräfte sind hier nicht erfasst, sie besitzen einen Sonderstatus. Derzeit sind etwa 20 Personen aus dieser Gruppe dem Kreis zugewiesen worden.
„Eine Turnhallenunterkunft ist bisher aus dem Kreis nicht bekannt“, sagt Tobias Frohnert. „In der Regel kamen wir immer gut hin." Ein ähnlicher Appell des Kreisverwaltung, afghanischen Ortskräften Wohnraum anzubieten, sei im Oktober auf eine gute Resonanz gestoßen. Auch eine private Vermieterin aus Kröppelshagen möchte anderen Mut machen. Sie vermietet ihr Elternhaus seit 2018 an eine sechsköpfige Flüchtlingsfamilie. „Ich kann nur Positives berichten. Mir begegnen meine Mieter mit so viel Herzlichkeit, das ist eine Freude. Einblicke in ihre Kultur bereichern auch mein Leben.“ Haus und Garten machten einen gepflegten Eindruck, bei einem Plausch mit Tee und Gebäck werden Fragen schnell geklärt.
Vermieter berichten positiv, tadelloses Verhalten der Mieter
Die Flüchtlinge, für die nun vom Amt in Dassendorf Wohnraum gesucht wird, sind seit ihrer Ankunft durch Awo Interkulturell und von den gemeindlichen Helferkreisen bei der Integration unterstützt worden, die meist auch nach einem Umzug an der Seite der Flüchtlinge bleiben. „Einige haben bereits einen Mietführerschein bei der Awo absolviert“, so Simone Kelling. Bei Bedarf könne ihr tadelloses Mietverhalten bestätigt werden.
Das Amt Hohe Elbgeest ist gerne bereit, bei ersten Kontakten zu vermitteln. Wer sich für eine Vermietung von Haus oder Wohnung an Flüchtlinge interessiert, wendet sich mit einem Angebot an das Ordnungs- und Sozialamt an Simone Kelling unter 04104/99 03 00 oder per Mail an si.kelling@amt-hohe-elbgeest.de.