Geesthacht/Berlin. Clinton, Merkel, Macron: Ali Aslan hat internationale Karriere als Moderator gemacht und viele Größen der Weltpolitik interviewt.
Ali Aslan ist gerade aus Estland zurück, wo der 49-Jährige bei der größten Konferenz im baltischen Raum eine Veranstaltung über internationale Politik moderierte. Verglichen mit den anderen Aufträgen des Journalisten eine kleine Nummer. Aslan hat viele Größen der internationalen Weltpolitik interviewt: von Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Ex-US-Präsident Bill Clinton über Kanadas Premier Justin Trudeau, Russlands Außenminister Sergey Lavrov sowie die Präsidentin der Europäischen Zentralbank, Christine Lagarde, bis hin zu den drei Kanzlerkandidaten. Keinem Geesthachter dürfte mehr Weltprominenz begegnet sein.
Als der Sohn einer türkischen Einwandererfamilie in den 1990er-Jahren Bezirksliga-Fußballer beim FC Geesthacht war, hätte er sich das nicht träumen lassen. Eigentlich wollte Aslan Profi werden. Für den FC St. Pauli spielte er immerhin in der A-Jugend-Bundesliga und später auch ein Jahr beim damaligen Drittligisten Concordia Hamburg.
Ali Aslan: Studium an der renommierten Georgetown-Universität
„Doch als es sich anbahnte, dass es nicht für die große Fußballer-Karriere reichen würde, bin ich auf Wunsch meines Vaters zum Studium in die USA gegangen“, sagt der heute im Berliner Regierungsviertel wohnende Aslan. Vater Hifzirrahman Aslan dürfte vielen Geesthachtern noch als Mediziner am Johanniter-Krankenhaus bekannt sein, wo er der erste türkischstämmige Chefarzt an einem deutschen Krankenhaus war.
Sohn Ali machte auch Karriere. Er studierte an einer der renommiertesten Unis der Welt: der Georgetown University in Washington D.C., einer Kaderschmiede für internationale und amerikanische Politgrößen. Aslans Kommilitone im Fach Internationale Politik war Felipe, heute König von Spanien.
Mit 16 Jahren wegen des Fußballs nach Hamburg gezogen
Aslan wird derweil heute von UNO, Weltbank, Nato, OECD, G20 oder der Fifa für die Moderation internationaler Gipfeltreffen gebucht. Bill Clinton empfand er dabei als „sehr sympathisch“. Justin Trudeau schätzt er für sein hohes Maß an Empathie. „Und Macron hat eine winning personality“, sagt Aslan, dem nach über einer Dekade in den USA und aufgrund seiner vorwiegenden Arbeit auf Englisch manchmal die deutschen Vokabeln nicht auf Anhieb einfallen.
Bereits mit 16 Jahren war er wegen des Fußballs von Geesthacht nach Hamburg gezogen. Nach dem Studium wurde Aslan dann einer der wenigen nicht-amerikanischen Volontäre bei CNN. „Ich hatte das große Glück, internationalen TV-Größen wie Talkshow-Legende Larry King über die Schulter gucken zu dürfen“, sagt der 49-Jährige.
Als Politik- und Medienberater für das Bundesinnenministerium tätig
Später wurde Aslan UNO-Korrespondent in New York für ABC-News. Für die Berichterstattung von der Fußball-WM 2006 für zahlreiche internationale Sender zog es ihn zurück nach Deutschland. „Ich bin praktisch zweimal nach Deutschland eingewandert. Dann merkt man auch erst, wie viele deutsche Züge in einem stecken“, sagt Aslan, der vor allem seine Disziplin und Gradlinigkeit nennt.
Durch die WM entstand Kontakt zum Bundesinnenministerium (BMI), für das der Alleinstehende als Politik- und Medienberater unter Wolfgang Schäuble (CDU) gearbeitet hat und unter anderem für den Bereich „Integration“ zuständig war. „Das entbehrte nicht einer gewissen Ironie. Ich war durch die Zeit in den USA lange nicht mehr mit dem Thema konfrontiert und musste mich erst selber wieder in Deutschland integrieren“, so Aslan.
Außenpolitik hatte einen zu geringen Stellenwert im Wahlkampf
Schwierigkeiten hatte er damit, sich an das im Vergleich zu New York viel gemächlichere Leben in Berlin zu gewöhnen – und die teilweise „provinziellen Debatten“. „Hier wird oft medial eine neue Sau durchs Dorf getrieben. Ich will aber nicht jede Empörungswelle mitgehen“, betont Aslan. Aber: „Durch die Distanz erkennt man die Stärken und Schwächen seines Herkunftslandes viel klarer.“
Etwa, dass die Außenpolitik im Bundestagswahlkampf einen seiner Meinung nach viel zu geringen Stellenwert einnahm. Die Zukunft Europas, die Rolle Deutschlands in der Welt, die Zukunft des Westens, der Zersetzungsprozess in der EU, ein ambitioniertes China, ein nicht zimperliches Russland, die Rückkehr von Nationalismus und Populismus waren Themen, die hätten besprochen werden müssen. „Stattdessen leisten wir uns den Luxus im Triell, eine Viertelstunde über den umstrittenen CDU-Politiker Georg Maaßen zu reden“, bemängelt er.
Unbeschwerte Jugend in Geesthacht, heute Weltbürger
Vom BMI wechselte Aslan erneut die Seiten, moderierte die englischsprachige TV-Talkshow „Quadriga“ bei der Deutschen Welle und startete parallel dazu seine freiberufliche Tätigkeit als Moderator. Heute gilt er als einer der profiliertesten Moderatoren Deutschlands.
Vor der Bundestagswahl hat er mit Armin Laschet, Olaf Scholz und Annalena Baerbock gesprochen. Ihr Dilemma, so Aslan: „Als Helmut Kohl abgewählt wurde, waren alle heilfroh. Angela Merkel sind wir nicht überdrüssig.“ Den Ausgang der Wahl könne niemand seriös voraussagen, allerdings steht eines für Aslan fest: „Grüne und FDP werden auf alle Fälle in der Regierung sein. Die Frage ist nur, unter welchem Kanzler.“
Die Frage nach seiner Heimat zu beantworten, fällt Ali Aslan schwer
In seiner einstigen Heimatstadt Geesthacht ist er seit über zehn Jahren nicht gewesen. Der Vater ist inzwischen gestorben, Mutter und Schwester leben in Hamburg beziehungsweise Istanbul. Aslan: „Ich verbinde mit Geesthacht eine unbeschwerte Jugend. Hier kannte jeder jeden.“ Mit seinem ehemaligen Mitspieler Torben Lenz, mit dem er zusammen zur Grundschule am Buntenskamp ging, und Jugendfreund Mervat Nar steht er noch in Kontakt.
Die Frage nach seiner Heimat zu beantworten, fällt Ali Aslan schwer. „Ich habe türkische Wurzeln, bin deutscher Staatsbürger und hier aufgewachsen und habe viele Jahre in den USA verbracht. Die Kombination dieser unterschiedlichen Kulturen hat mich zu der Person geformt, die ich heute bin“, sagt Aslan. Anders ausgedrückt: „Ich bin der personalisierte Globalismus.“