Ratzeburg. Corona und intensive Ermittlungsarbeit senken Zahl der Straftaten im Herzogtum deutlich. Cybercrime ist ein großes Thema geworden.
„In den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg lebt es sich sicherer als in größeren Städten und in vielen anderen Kreisen des Lande“, sagte Polizeidirektorin Stefanie Bluhm am Mittwoch bei der Vorstellung der Kriminalstatistik in der Polizeidirektion (PD) Ratzeburg. Die sogenannte Häufigkeitszahl (die Wahrscheinlichkeit, Opfer einer Straftat zu werden bezogen auf 100.000 Einwohner) liegt in Stormarn bei 4910, im Kreis Herzogtum Lauenburg bei 4911. Landesweit liegt der Wert bei 6077, „Spitzenreiter“ ist Neumünster mit 11.094. Besonders sicher ist es in Plön (3881).
Zahl der Straftaten sinkt in Stormarn und im Herzogtum Lauenburg
Erfreulich: Die Zahl der Straftaten ist weiter von 22.363 im Jahr 2020 auf 21.809 im Vorjahr gesunken. Das entspricht einem Minus von 2,5 Prozent. In Stormarn fällt der Rückgang sogar noch größer aus (3 Prozent). Die Zahl der Delikte sank von 12.406 auf 12.029. Damit liegt die Entwicklung in der PD trotz der Nähe zur Metropole Hamburg entgegen dem Landestrend. In Schleswig-Holstein stieg die Zahl der Straftaten um 1,7 Prozent.
„Wie schon im vergangenen Jahr, wirkt sich die Corona-Pandemie aus. Viele Leute sind zu Hause, sie konnten auch lange Zeit abends nicht ausgehen. Einbrecher sind scheu, das hat viele abgeschreckt. „Hinzu kommt, dass ausländische Banden nicht einreisen konnten“, sagt die Polizeidirektorin. Das zeigt sich besonders in Ahrensburg und Bargteheide. In Ahrensburg gab es 2020 noch 138 Einbrüche, im Vorjahr waren es 29. In Bargteheide sank die Zahl von 30 auf fünf. „In Großhansdorf sieht es ähnlich aus. Das hängt mit Sicherheit mit dem ausbleiben reisender Tätergruppen zusammen und wird mit Sicherheit nicht so bleiben“, mahnte Kripochef Ralf Lorenzen.
Im vergangenen Jahr wurden weniger Fahrräder gestohlen
Auch im Bereich der sogenannten Rohheitsdelikte (Raub, Körperverletzung) gab es einen massiven Rückgang von 3371 auf 3165. Ebenso hat die Zahl der Fahrraddiebstähle abgenommen. „Es waren einfach weniger Menschen unterwegs. Aber wir stellen eine Verlagerung der Kriminalität in das häusliche Umfeld und in das Internet fest“, betonte die Polizeidirektorin.
So gab es einen massiven Zuwachs bei den Sexualdelikten von 289 auf 445. In den meisten Fällen waren es Beziehungstaten. Oft spielte dabei auch die häusliche Isolation durch Corona verbunden mit Homeoffice und Kurzarbeit eine Rolle, die die Situation eskalieren ließ. „Wir merken aber auch seit der Me too-Debatte, dass mehr Frauen bereit sind, Übergriffe anzuzeigen“, so Stefanie Bluhm. Eine hohe Zunahme (plus 111 Prozent) gab es aber auch bei der Verbreitung von Pornografie im Internet. „In der Hälfte der Fälle sind Jugendliche und Heranwachsende die Täter. Ihnen fehlt das Unrechtsbewusstsein. Sie wissen nicht, dass sie sich strafbar machen, wenn sie solche Bilder und Filme verschicken“, so Stefanie Bluhm.
Cybercrime ist ebenfalls ein Thema. Die Zahl der Betrügereien im Internet verdoppelte sich fast von 392 auf 612 Fälle.
Zahl der Straftaten sinkt im Kreisgebiet um 1,8 Prozent
9780 Straftaten registrierte die Polizei im vergangenen Jahr im Kreis Herzogtum Lauenburg, im Jahr 2020 waren es 9957. Das entspricht einem Rückgang um 1,8 Prozent. Im Gesamtbereich der Polizeidirektion ist insbesondere die Zahl der Einbrüche stark gesunken – um knapp 36 Prozent auf 361. Dieses Minus resultiert allerdings auf einen Rückgang im Kreis Stormarn. Im Kreis Herzogtum Lauenburg ist die Zahl der Einbrüche sogar leicht von 151 auf 159 gestiegen. „Wir vermuten, dass das damit zusammenhängt, dass die weniger verbliebenen Täter den ländlichen Raum bevorzugen. Hier liegen die Objekte zwar weiter auseinander, aber auch die Entdeckungsgefahr ist geringer. Das ist ein wichtiges Argument, da in Corona-Zeiten weniger Menschen auf der Straße sind und Fremde schneller auffallen“, spekulierte Ralf Lorenzen, Kripochef in der Polizeidirektion (PD).
700 Beamte sorgen in zwei Kreisen für Sicherheit
Insgesamt versehen knapp 700 Beamte ihren Dienst in der PD, davon gehören 100 der Kriminalpolizei an oder sind dieser zur Unterstützung zugeordnet. Speziell für die Aufklärung von Einbrüchen ist seit mehreren Jahren eine Ermittlungsgruppe zuständig, die ihren Sitz in Reinbek hat. „Wir haben ein Aufklärungsquote von 14,7 Prozent. Das klingt zunächst nicht viel, ist aber sehr gut, weil die Täter keinen Bezug zum Objekt und zu den Opfern haben. Oft sind es auch reisende Banden, die europaweit aktiv sind“, so Lorenzen.
Deshalb setzen die Ermittler auf Spurensicherung und legen Datenbanken mit Vorgehensweise, Fingerabdrücken und DNA an. „Wir haben beispielsweise einen Täter identifiziert, der in Witzhave eingebrochen ist, aber auch Taten in Hamburg, Belgien und Österreich begangen hat. Er ist Ausländer. Seine Personalien sind an den Grenzen hinterlegt. Wenn er wieder einreist, kann er festgenommen werden“, sagt Ralf Lorenzen.
Ein Einbruch belastet die Opfer oft über viele Jahre
„Bei den Einbrüchen haben wir im Bereich der Direktion zum Teil stark rückläufige Zahlen. In Stormarn sind sie um 50 Prozent gesunken. Das liegt zum einen daran, dass viele Menschen im Homeoffice sind und es lange Zeit keine Möglichkeit gab, abends auszugehen. Täter sind scheu und brechen nicht ein, wenn jemand zu Hause ist“, so Stefanie Bluhm. Aber auch durch den Lockdown und die geschlossenen Grenzen konnten osteuropäische Banden nicht einreisen. „Das wird sich mit dem Abflauen der Pandemie wieder ändern. Wir werden wieder steigende Einbruchszahlen bekommen“, mahnte die Polizeidirektorin.
Die Polizei stellt sich auf diese Entwicklung ein und nimmt Einbrüche sehr ernst. „Ein Einbruch ist ein Eindringen in einen geschützten Raum. Deshalb ist das für die Opfer sehr belastend und hat eine nachhaltige Wirkung über lange Zeit“, so Stefanie Bluhm. „Wir setzen dabei auch auf Prävention. Unsere Spurensicherungsteams beraten Einbruchsopfer auch, wo sie die Sicherheitsvorkehrungen in ihrem Haus noch optimieren können“, erläutert Ralf Lorenzen.
Täter wurden gestört oder es gelang ihnen nicht, Türen oder Fenster aufzubrechen
Das wirkt sich bereits aus: Bei den 361 Einbrüchen in den Kreisen Stormarn und Herzogtum Lauenburg blieb es in 51 Prozent der Fälle bei einem Versuch. Das bedeutet: Entweder wurden die Täter gestört oder aber es gelang ihnen nicht, Türen oder Fenster aufzubrechen.
„Wir haben den Vorteil, dass sich die rechtliche Einordnung geändert hat. Ein Einbruch wird mittlerweile als Verbrechen eingestuft. Die Mindeststrafe liegt bei einem Jahr Haft. Wenn wir einen Einbrecher erwischen, geht er automatisch in Untersuchungshaft“, erläutert Ralf Lorenzen. Damit seien häufig Serien schnell beendet. Denn früher wurden Einbrecher nach der Festnahme oft wieder auf freien Fuß gesetzt – und machten einfach weiter.