Geesthacht. Unverständnis bei Grünen, Linke und BfG über das Ja zur Ansiedlung im neuen Gewerbegebiet.
Wenn sich die Mitglieder des Ausschusses für Stadt- und Verkehrsplanung am heutigen Montag um 18 Uhr zu ihrer nächsten Sitzung in der Sporthalle Berliner Straße treffen, werden unter Tagesordnungspunkt 7 die zuletzt in nicht öffentlicher Sitzung gefassten Beschlüsse verkündet. Darunter wird dann auch das Ja für eine Ansiedlung eines Radiologischen Instituts im neuen Gewerbegebiet Nord II an der Leibnizstraße sein. Nach Informationen unserer Zeitung ist der Beschluss mit der Stimmenmehrheit von CDU, FDP und SPD zugunsten der Radiologie ausgefallen (wir berichteten).
In einer gemeinsamen Presseerklärung haben die Gegner der Radiologie – Bündnis 90/Die Grünen, Die Linke und Bürger für Geesthacht (BfG) – ihre Verwunderung und Enttäuschung über diesen Beschluss zum Ausdruck gebracht.
„Verwundert sind wir vor allem über die Haltung der Geesthachter SPD. Angesichts der bundesweiten Forderung der SPD nach einer Bürgerversicherung ist es schwer verständlich, dass in Geesthacht einer radiologischen Praxis, die ihren Schwerpunkt auf die Behandlung Privatversicherter legen dürfte, der Segen erteilt wird“, sagte Ali Demirhan, Fraktionsvorsitzender der Grünen.
Linke und BfG: „Bei SPD nicht mehr viel Soziales zu erkennen“
Die Fraktionsvorsitzenden von Linken (Christoph Hinrichs) und BfG (Volker Harburg) ergänzen unisono: „Mit solchen Entscheidungen für einen Investor, der sich auf Privatpatienten spezialisieren will, forciert die SPD die Zwei-Klassen-Medizin und verrät damit ihre Ideale und ihr eigenes Klientel. Wer im Namen die Sozialdemokratie trägt, sollte diesem gerecht werden. Leider können wir bei der SPD nicht mehr viel Soziales erkennen.“
Mehrfach hatte sich der Stadtplanungsausschuss in öffentlicher Sitzung und nichtöffentlich mit dem Thema befasst. Es waren auch Experten befragt worden. So bekommt die Radiologie nach Aussage der Kassenärztlichen Vereinigung keinen Kassenarztsitz, weil die radiologische Versorgung durch die Conradia-Dependance im Johanniter-Krankenhaus gedeckt ist. Folge:: Kassenpatienten wären von der Behandlung ausgeschlossen.
Der Investor, dessen Projektentwickler zuletzt den Ausschussmitgliedern in nicht öffentlicher Sitzung Rede und Antwort stand, habe zwar seine Absicht erklärt, mit einigen Krankenkassen sogenannte Selektiv-Verträge abschließen zu wollen. Aber: „Solche Direktverträge gibt es nur, wenn besondere Leistungen angeboten werden. Eine Radiologie macht reine Regelversorgung. Ich wüsste also nicht, was für Verträge das sein sollen – und mit Vertragswesen kenne ich mich aus“, hatte Sebastian Ziemann, Referatsleiter beim Verband der Ersatzkassen (VDEK), gegenüber unserer Zeitung erklärt.
Auch ein Wirtschaftsvertreter äußert sein Unverständnis
Diese Meinung habe Ziemann in der vergangenen Sitzung auch den Ausschussmitgliedern gegenüber vertreten. Allerdings hatten CDU, SPD und FDP diesen Experten sowie den Conradia-Geschäftsführer dieses Mal nicht zugelassen. Begründung: Der Ausschussvorsitzende Gerhard Boll (Grüne) hatte die Experten ohne Ankündigung eingeladen, was er formal hätte tun müssen. „Unguten Stil“ wirft die SPD-Fraktionsvorsitzende Petra Burmeister Boll deshalb vor.
Zuletzt war also nur der Projektentwickler des Investors zu Wort gekommen. Dessen Einlassungen reichten CDU, FDP und SPD. Die SPD hatte zuvor erklärt, ihr sei wichtig, dass auch Kassenpatienten behandelt werden können.
Das letzte Wort in dieser Angelegenheit scheint noch nicht gesprochen zu sein. Zumal selbst Jürgen Wirobski, der Vorsitzende der Wirtschaftlichen Vereinigung Geesthacht, Zweifel hegt. „Dass mehr Arbeitsplätze nach Geesthacht kommen (20 sind im Gespräch, die Red.) und dass mehr Gewerbesteuer fließt, begrüße ich. Aber alle Experten, haben gesagt: Das funktioniert nicht! Ich verstehe nicht, warum die Ansiedlung gegen so viel Sachverstand durchgesetzt wird“, so Wirobski.
Investor will sich öffentlich noch nicht äußern
Derweil möchte sich der Investor auf Anfrage unserer Zeitung zum „jetzigen frühen Zeitpunkt“ nicht äußern. Zu gegebener Zeit sollen eigenständige Marketingschritte vorgenommen werden, teilte Ulf Hahn mit. Der Chef der Wirtschaftsförderungsgesellschaft im Kreis Herzogtum Lauenburg verkauft die Grundstücke an der nördlichen Stadtgrenze im Auftrag der Stadt Geesthacht.