Geesthacht. Vor allem Senioren als Zielgruppe ärgern sich. Es gibt Probleme bei der Anmeldung – und kaum ein Betrieb in Geesthacht macht mit.

Die Luca-App für das Smartphone ist mittlerweile eine beliebte Technik für die Corona-Kontaktnachverfolgung geworden. Handy vor einem Geschäft zücken, Programm starten, QR-Code am Geschäft oder Restaurant scannen, fertig zum Eintreten.

Als zur Luca-App von dem Unternehmen um den Rapper Smudo Anfang April auch noch ein Luca-Schlüsselanhänger nachgereicht wurde, war die Begeisterung groß. Ausgegeben wurden die Schildchen über die Herzogtum Lauenburg Marketing & Service GmbH. So sollten auch Menschen, die es nicht so mit dem Smartphone haben – Senioren etwa – in die unkomplizierte Kontaktnachverfolgung einbezogen werden.

Der Luca-Anhänger muss über einen Computer aktiviert werden

Doch Ältere beschweren sich verstärkt, ist aus der Touristen-Informationen in Geesthacht zu hören. Dort und auch in der Einrichtung in Lauenburg werden die Anhänger im Südkreis zum Selbstkostenpreis von 30 Cent ausgegeben. Kernproblem: Viele der mit moderner Kommunikationstechnik nicht besonders vertrauten Nutzer haben wohl nicht gewusst, dass der Anhänger erst noch über einen Computer zu Hause aktiviert werden muss. Aus Kreisen der Tourist-Information ist zu hören, dass ein Gast sogar versuchte, sich einzuloggen, indem er den Anhänger vor den gedruckten QR-Code für die Handy-App an der Wand hielt.

Auch aus Lauenburg wird von zahlreichen Anrufern berichtet, die beim Registrieren um Hilfestellung bitten. Denn die Anmeldung über den PC ist nicht ohne Tücken. So funktioniert sie nicht, wenn der falsche Browser genutzt wird. Firefox hat sich für diesen Vorgang als der beste herausgestellt. Und: Die von Luca mitgelieferte Gebrauchsanleitung stellt nicht klar heraus, dass zum Abschluss des Anmeldevorgangs eine fünfstellige TAN-Nummer benötigt wird. Diese wird an die angegebene E-Mailadresse aufs Handy geschickt oder soll bei Festnetz per Sprachnachricht einlaufen.

Selbstversuch: Registrierung des Luca-Schlüsselanhängers

Aber wie einfach ist denn nun die Registrierung? Ein Selbstversuch: Im Internet ist die Seite https://app.luca-app.de/registerBadge aufzurufen, das steht auf dem mitgelieferten Zettel. Die ersten Eingaben sind Selbstgänger. Name, Adresse, E-Mail und Telefonnummer. Der Registriercode aber steht ziemlich kleingedruckt auf der einen Seite des erworbenen Anhänger. Es sind zwölf Stellen in drei Gruppen. Die Buchstaben D und das O sind kaum auseinanderzuhalten. Oder muss man kein O sondern eine Null eingeben? Ich entscheide mich für ein O. Dann kommt die Maske mit der TAN. Hätte ich nicht vorher gewusst, wo ich die herbekomme, wäre ich vielleicht jetzt gescheitert.

Danach ist die Anmeldung erfolgreich. Wird nun irgendwo jemand gesperrt mit einer ähnlichen Nummer, weil es bei mir doch keine Os waren sondern Nullen? Die Option, weitere Namen anzumelden, ist auch eine Fehlerquelle. Wer nicht aufpasst, registriert alle unter seinem Namen.

In Lauenburg wurden Lesegeräte für die Luca-Schlüsselanhänger angeschafft

Was kann man jetzt tun mit dem freigeschalteten Anhänger? Ein Feldversuch zeigt: Das Angebot in Geesthacht ist mehr als überschaubar. C&A, Nessler, Reformhaus und Parfümerie Wulkow, Schuh Bode, Speisekammer und Bäckerei Zimmer sowie Zigarren Fries sind nicht dabei. Auch nicht der VfL Geesthacht, die Stadtbücherei und das Rathaus. Das Café Plus überlegt. So gut wie überall wird lieber auf die Kombination von App und Smartphone gesetzt. „Wer das Rathaus besucht, kann sich per QR-Code mit der Luca-App einchecken. Auch bei Sitzungen bieten wir Luca-QR-Codes an. Wer kein Smartphone hat, der wird handschriftlich als Besucher aufgenommen“, sagt Stadtsprecherin Wiebke Jürgensen.

In Lauenburg bieten kommunale Einrichtungen, Museum und Tourist-Info die Nutzung des Anhängers an. Dort wurden Lesegeräte angeschafft, sie kosten 30 Euro. Denn der besuchte Ort muss so einen Scanner zum Auslesen vorhalten – oder ein privates Handy oder Tablet mit der Software. Viele Betriebe sehen Extrakosten und Schwierigkeiten, aber keinen Vorteil.

„Die meisten denken, sie brauchen das Handy nicht“

Ein Betrieb fand sich, bei dem der Anhänger ausgelesen wird: Café Familie Herzog in der Geesthachter Fußgängerzone. Etwa drei Kunden würden täglich den Anhänger nutzen, sagt Laura Herzog. Sie scannt deren QR-Code mit dem Handy ein. „Es ist sehr umständlich. Ich musste mir per Mail einen Link schicken auf das Smartphone. Für jeden Kunden muss ich in den Maileingang und auf den Link drücken.“

Jürgen Wirobski von der Wirtschaftlichen Vereinigung in Geesthacht wundert sich nicht über die Probleme. „Das ist schlecht kommuniziert worden. Die meisten denken, sie brauchen das Handy nicht. Ich glaube, dass hier ein Riesenmissverständnis vorliegt.“ Wirobski findet den Gebrauchswert des Anhängers fragwürdig. „Man muss ja über die Eingabe seiner Daten freigeschaltet werden. Wenn jemand von den Kenntnissen her soweit ist, dass er das am Computer kann, dann besitzt er sicher auch ein Handy und nutzt eher die App.“