Geesthacht. Deutlicher Anstieg der Fallzahlen in der Elbestadt. Kripochef wünscht sich mehr Resonanz aus der Bevölkerung nach Zeugenaufrufen.
Für Geesthacht weist die Kriminalstatistik für das vergangene Jahr einen deutlichen Anstieg der Fallzahlen aus. 2019 wurden 1731 Straftaten erfasst, für 2020 1978, das sind 247 Taten mehr, geht aus einem kürzlich veröffentlichten Papier der Polizeidirektion Ratzeburg hervor. Der Zuwachs liegt dabei weniger bei den schweren Straftaten, sondern an vielen Langfingern, Betrügern – und im Bereich Aggression.
„Die schwerwiegenden Taten sind auf einem Niveau, das nicht hoch ist“, sagt Geesthachts Kripo-Chef Joachim Böhm. Sogenannte „Straftaten gegen das Leben“ gab es im vergangenen Jahr nicht, 2019 wurde eine solche Tat gezählt. Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung – hierunter fallen Vergewaltigungen – sanken um drei Fälle auf 20 Taten.
Kriminalstatistik 2020 für Geesthacht: Deutlicher Anstieg der Straftaten
Starke Anstiege werden dagegen bei Ladendiebstählen (plus 41 Taten auf 120 Fälle), Rohheitsdelikten (plus 61 auf 342 Fälle) – hierbei gingen vor allem die Körperverletzungen um 22 Fälle auf 225 Taten nach oben –, Beleidigungen (plus 45 auf 112 Fälle) und den Sachbeschädigungen (plus 74 auf 276 Fälle) gezählt. Beschädigungen an Pkw sowie Graffiti machen hierbei mehr als die Hälfte aus. „Mit dem Schlüssel am Auto vorbei und die Tür zerkratzt oder auch Reifen zerstechen“, erläutert Joachim Böhm.
Ob den Bürgern zunehmend die Nerven durchgegangen sind, weil sie die Corona-Situation belastet? Auf eine solche These will sich Böhm nicht einlassen. Diese Interpretation gehört für den Geesthachter Kripochef ins Reich der Spekulation. Er verweist darauf, dass die Zahlen in Geesthacht in den vergangenen fünf Jahren gefallen seien. „Irgendwann kommt mal wieder ein gegenläufiges Ergebnis. Man muss dazu die Entwicklung vorher betrachten.“
Einbruchszahlen im Stadtgebiet sinken von 63 Fällen auf nur noch 18 Taten
Die aktuellen Fallzahlen liegen immer noch unter denen der Jahre 2015 bis 2017 (2143 Fälle/1998 Fälle/2001 Fälle). Nur 2018 sowie 2019 hat es mit 1913 und 1731 weniger Fälle gegeben als im vergangenen Jahr.
Eine erfreuliche Entwicklung gab es im Bereich der Einbrüche. Insgesamt 18 wurden registriert, wobei hier auch zehn erfolglose Versuche zu Buche schlagen. Der oder die Täter gaben auf, bevor sie das Haus betreten konnten. Im Jahr zuvor hatte es noch 63 Einbrüche gegeben, davon waren 33 erfolglose Versuche.
Polizeiarbeit trägt Früchte – Kripo und Präventionsstelle arbeiten zusammen
Auch wenn die Bewohner wegen Corona mehr zu Hause waren: Joachim Böhm sieht, dass eine erfolgreiche Polizeiarbeit Früchte trägt. Die vorrangige Bearbeitung dieser Delikte bei der Kripo in Reinbek schreckt Tätergruppen möglicherweise ab, die gute Präventionsarbeit (die Präventionsstelle ist in Ratzeburg) sorgt für Schutz. Und durch eine Änderung der Gesetzeslage kann eine Untersuchungshaft bei Tatverdächtigen nun wesentlich schneller angeordnet werden.
Bei den Verstößen gegen das Betäubungsmittelgesetz konnten keine gravierenden Abweichungen zum Vorjahr festgestellt werden. Auch die These, dass wegen der coronabedingten Einschränkungen zunehmend auf den Drogeneigenanbau gesetzt werde, lässt sich für Geesthacht nicht halten. „2020 gab es ein Verfahren wegen unerlaubten Anbaus, ein Jahr zuvor waren es zwei. Auch die 56 Betäubungsmittel-Verstöße bewegten sich auf dem Niveau des Vorjahres“, sagt Joachim Böhm. „Hauptsächlich Cannabis-Geschichten.“
Der Kripochef wünscht sich, dass sich mehr Zeugen melden würden
Insgesamt konnte die Kripo für das Jahr 2020 keine ortsspezifische Kriminalität ausmachen, auch keine Schwerpunkte im Stadtgeschehen. „Es gibt keine echten Brennpunkte“, sagt Joachim Böhm.
Er wünscht sich für die Zukunft, dass die zahlreichen Zeugenaufrufe nach Taten in den Medien mehr Resonanz als bisher bei der Bevölkerung fänden. „Es wäre schön, wenn sich jeder, der etwas mitbekommen hat, bei uns meldet.“ Und sich nicht darauf verlässt, dass es jemand anderes macht. Und wenn man einmal zuviel anruft, dann macht das nichts. „Die Polizei überprüft gern“, so Böhm.
Der Fall der am 12. August 2020 kurz vor Mitternacht brennenden Autos bei der Geesthachter Schleuse ist mittlerweile abgeschlossen. Ein Verbrechen liegt demnach wahrscheinlich nicht vor. Ein technischer Defekt bei einem der abgestellten Fahrzeuge wird als Ursache nicht ausgeschlossen.