Mölln. Der 50 Jahre alte Bundestagsabgeordnete der Grünen spricht darüber, was ihn antreibt, seit 1995 Politik zu machen.
„Nimmst du wieder Apfelschorle?“, fragt der junge Mann vom Bootsverleih. Konstantin von Notz nickt. Ohne Glas, wie immer. Hier, am Ufer des Möllner Stadtsees trinkt man aus der Flasche. Hier redet man, wie einem der Schnabel gewachsen ist. Hier ist er, der Grüne Bundestagsabgeordnete, kein besonderer Gast. Das gefällt ihm. Sein Wahlkampfbüro hat er gleich im Haus nebenan.
Dass der heute 50-Jährige mal bei den Grünen Karriere machen wird, war ihm nicht in die Wiege gelegt. Der Sohn des Kulturpolitikers Friedhelm von Notz und Urenkel des Offiziers Ferdinand von Notz interessierte sich zwar früh für politische Zusammenhänge, aber nicht unbedingt für Umweltthemen. „Als ich etwa 20 war und in Heidelberg mitten im Studium steckte, wollte ich schauen, welche Partei mein Bild von Basisdemokratie und liberalen Bürgerrechten am besten verkörperte.
Bundestagswahl 2021: Konstantin von Notz tritt für die Grünen an
Für mich waren das die Grünen“, erinnert er sich. Seit 1995 hat er deren Parteibuch in der Tasche. Was ihm von Anfang an klar war: Ein stiller Mitläufer wird er nicht sein. Als er nach seinem Studium wieder in seine Heimatstadt Mölln zurückkehrte, begann seine politische Karriere: Zunächst im Kreisverband der Grünen, später im Stadtrat von Mölln und seit 2009 als Mitglied der Bundestagsfraktion Bündnis 90/Die Grünen.
Konstantin von Notz ist ein Familienmensch, das sagt er von sich selbst. Mit seiner Frau und den beiden Kindern lebt er in Mölln. Sechs und drei Jahre alt sind seine Sprösslinge. Ist das nicht ein Alter, in dem man den Papa besonders braucht? Wie verträgt sich das mit Fraktionssitzungen in Berlin, Fernsehauftritten und Wahlkampfterminen? „Das ist tatsächlich eine krasse Herausforderung“, räumt er ein. Zumal auch seine Frau beruflich engagiert sei. „Wir versuchen uns gegenseitig den Rücken frei zu halten. Wie es andere berufstätige Eltern eben auch tun “, sagt er.
Was ihm wichtig ist: Seine Frau und seine Kinder möchte er aus dem Medienrummel raushalten. Um seiner Familie gerecht zu werden, versucht er am Wochenende und im Urlaub das Handy auch mal auszuschalten. Nicht immer erreichbar sein, ein Vorsatz, der besonders zu Wahlkampfzeiten kaum einzuhalten ist. „Meine Frau kennt das ja schon. Wir sind ein eingespieltes Team“, sagt er lachend.
Klimaschutz, digitale Bürgerrechte und Schutz vor Massenüberwachung
Sind die Zeiten rauer geworden während der 19 Jahre, die von Notz nun im Bundestag sitzt? Gibt es Anfeindungen beim Wahlkampf auf der Straße oder in den sozialen Netzwerken. Ja, die gebe es von Zeit zu Zeit, sagt er. „Man muss das aber unterscheiden: Die einen kommen auf mich zu, weil sie unzufrieden sind. Wenn sie schimpfen, versuche ich erst mal zuzuhören. Manchmal ergibt sich daraus ein Gespräch, aus dem wir beide lernen können. Und dann gibt es die anderen, die einfach gegen alles sind, was unsere demokratischen Werte ausmacht. Bei denen kann man nichts erreichen. Da muss man sich ein dickes Fell zulegen“, so seine Erfahrung.
Facebook, Twitter und Instagram sind für den Politiker von Notz dennoch unverzichtbare Plattformen, Menschen zu erreichen. Vor allem auch jene, die mit konventionellen Medien nichts mehr anfangen können. „Ich lese alle Kommentare unter meinen Beiträgen“, versichert er. Twitter liege ihm am meisten – kurze, knappe und auf den Punkt gebrachte Tweets.
Klimaschutz als wichtigstes Thema auf der Agenda
Wenn man Konstantin von Notz nach seinen politischen Zielen fragt, landet man natürlich sofort beim Klimaschutz, dem wichtigsten Thema, das sich die Grünen im Wahlkampf auf die Fahnen geschrieben haben. „Der Klimawandel macht vor der eigenen Haustür nicht Halt, wie wir jetzt durch die Flutkatastrophe im Rheinland wieder erleben mussten“, sagt er.
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Im Wahlprogramm seiner Partei ist von dem sogenannten 1,5-Grad-Ziel die Rede. Das heißt, den globalen Temperaturanstieg, gerechnet vom Beginn der Industrialisierung um 1850 bis zum Jahre 2100 auf 1,5 Grad zu beschränken. Das Auto öfter mal stehen lassen, ökologisch bauen oder die Abholzung von Wäldern verhindern – die von Experten empfohlenen Maßnahmen sind bekannt.
Seine Stärken sieht er in den Bereichen Innere Sicherheit und Netzpolitik
Was sagt von Notz denen, die meinen, Deutschland wäre viel zu klein, um da wirklich was bewirken zu können? Der sonst so gelassen wirkende Norddeutsche wird deutlich: „Was ist denn das für eine Einstellung? Deutschland ist die viertgrößte Industrienation. Wir können doch nicht sagen: Erstmal die anderen und dann wir.“
Schnell merkt man aber trotzdem, dass seine politischen Schwerpunkte andere sind: Seine Stärken sieht der Jurist vor allem in den Bereichen Innere Sicherheit und Netzpolitik. Für ihn kein Widerspruch zu den traditionellen Werten der Grünen. „Hier sehe ich ein wichtiges Aufgabenfeld für unsere Politik in den kommenden Jahren“, ist er überzeugt.
Manchmal auch gegen den Strom schwimmen
Digitalisierung fördern und gleichzeitig Datenschutz und Freiheitsrechte in sozialen Netzwerken garantieren. Eine freie Informationspolitik garantieren und gleichzeitig die Bürger vor Massenüberwachung zu schützen – darin sieht von Notz eine der wichtigsten Fragen, die es in Zukunft zu lösen gilt.
Konstantin von Notz sieht sich nicht als jemand, der immer mit dem Strom schwimmt. Mitunter packt er auch heiße Eisen an, die selbst innerhalb seiner Partei umstritten sind. Ein Beispiel? „Die Abschaffung des Zivildienstes hat im Pflegebereich große Lücken hinterlassen. Man müsste mal darüber diskutieren, ob ein verpflichtendes soziales Jahr für alle Jugendlichen sowohl für ihre eigene Entwicklung, als auch für die Gesellschaft ein Gewinn wäre“, sagt er.
Für eine Pause setzt er sich gern an das Ufer des Möllner Stadtsees
Seine Stärke ist es wohl, sich auf sein Gegenüber einzulassen. In den grünen Ortsverbänden seines Wahlkreises diskutiert er mit Bürgern unter dem Motto „Wein, Käse und ’ne These“, was denen auf den Nägeln brennt.
Und wenn er zwischendurch mal auftanken möchte, dann zieht er die Tür seines Wahlkampfbüros hinter sich zu, setzt sich für ein paar Minuten an das Ufer des Möllner Stadtsees und trinkt dann eine Apfelschorle.
- Steckbrief: Konstantin von Notz
Mein Alter: 50 Jahre
Meine berufliche Laufbahn: Von 1993 bis 1998 Studium der Rechtswissenschaft an der Uni Heidelberg, Abschluss erstes Staatsexamen, anschließend Rechtsreferendar am Landgericht Lübeck. 2002 Dissertation über Deutsches Kirchenrecht, 2004 das zweite Staatsexamen. Bis 2009 Tätigkeit als Rechtsanwalt in Mölln.
Meine Hobbys: Mit den beiden Kindern spielen, Angeln in den Gewässern rund um Mölln, Mountainbike fahren.
Meine liebsten Reiseziele: Familienurlaub auf der dänischen Ostseeinsel Bornholm, aber auch auf Mallorca.
Was mir wichtig ist: An erster Stelle die Gesundheit meiner Familie und meiner Freunde.
Was mir derzeit fehlt: Mit vielen freundlichen Menschen eng zusammenstehend feiern, Freunde und Bekannte spontan umarmen.