Kiel. Volksinitiative “bezahlbares Wohnen“ hat 35.000 Unterschriften zusammen. Landtag muss über Verfassungsänderung entscheiden.

Endspurt für die Volksinitiative für bezahlbaren Wohnraum vom Sozialverband Deutschland (SoVD) in Schleswig-Holstein und dem Mieterbund. Genau zwei Monate vor Abgabe der Unterschriftenlisten an den Landtagspräsidenten Klaus Schlie verkündete die SoVD-Landesvorsitzende Jutta Kühl heute in Kiel, dass das erste Etappenziel bereits erreicht sei. „Wir haben schon jetzt gut 35.000 Unterschriften gesammelt und damit das erforderliche Quorum von 20.000 deutlich übertroffen." Der Kieler Landtag wird demnach gezwungen, die von der Initiative geforderte Verankerung eines "Rechts auf bezahlbaren Wohnraum" in der Landesverfassung zu beraten und darüber zu entscheiden.

"Der große Zuspruch aus der Bevölkerung hat verdeutlicht, wie dringlich das Problem der Knappheit von bezahlbarem Wohnraum ist", sagte Kühl. Wir fordern die Abgeordneten auf, das Ergebnis der Volksinitiative zu akzeptieren und die Landesverfassung zu ändern. Natürlich sammeln wir bis zum Stichtag am 15. Februar weiter, denn je mehr Unterschriften wir bekommen, desto größer wird der Druck auf die Politik und desto besser ist es für die Mieter."

Es fehlen 100.000 barrierefreie Wohnungen

Der stellvertretende SoVD-Landesvorsitzende Sven Picker wies darauf hin, dass insbesondere ältere und behinderte Menschen große Schwierigkeiten haben, barrierefreien Wohnraum zu finden: „Wir haben die Landesregierung in einem offenen Brief an Ministerpräsident Daniel Günther aufgefordert, ein Aktionsprogramm für barrierefreien Wohnraum zu entwickeln. Schätzungsweise fehlen in diesem Bereich gut 100.000 Wohneinheiten. Gerade vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung besteht hier erhöhter Handlungsbedarf.“

Der Vorsitzende des Mieterbundes, Jochen Kiersch: „Die Zahl einkommensschwacher Haushalte nimmt beständig zu. Gleichzeitig hat die Zahl öffentlich geförderter Wohnungen dramatisch abgenommen. Das Land hat sich nämlich im Jahre 2009 den Luxus erlaubt, rund 20.000 öffentlich geförderte und sehr preiswerte Wohnungen vorzeitig aus den Mietpreisbindungen zu entlassen. Stichtag ist der 31.12.2018." Danach könnten die Mieten schon im ersten Schritt um bis zu 9 Prozent erhöht werden.

Mieterbund fordert 1600 zusätzliche Sozialwohnungen

Kiersch forderte eine Aufstockung der öffentlichen Mittel für die Förderung des sozialen Wohnungsbaus. Nicht 6.400 für vier Jahre, wie vom Landtag beschlossen, sondern jährlich 8.000 Wohnungen sollten gefördert werden. 2019 wird Schleswig-Holstein nur noch 47.000 Sozialwohnungen im Bestand haben - mit weiter sinkender Tendenz. Nötig wären laut Mieterbund rund 120.000 Sozialwohnungen.

Gleichzeitig müssten die Bindungsfristen wieder länger werden. Kiersch schlug vor, in einem ersten Schritt von den derzeit 35 auf dann 50 Jahre zu gehen. Vor der Gesetzesänderung 2009 waren es im Durchschnitt 70 Jahre. "Wohnungspolitik braucht einen höheren Stellenwert, damit sich die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholen. Wohnungspolitik ist langfristig zu denken. Dafür muss das Recht auf eine angemessene Wohnung in die Landesverfassung aufgenommen werden.“