St. Peter-Ording. Zu groß, zu viel Verkehr? Gegen den Neubau in geschütztem Naturgebiet von St. Peter-Ording macht eine örtliche Initiative mobil.

Als das Bauvorhaben in St. Peter-Ording im vergangenen Jahr öffentlich vorgestellt wurde, gab es bereits leise Kritik. Inzwischen ist der Protest gegen das geplante Dünenhotel deutlich lauter geworden – die Initiative Waterkant-Liebe möchte den opulenten Neubau am liebsten verhindern. Auf jeden Fall sei die Planung deutlich überdimensioniert, so die Kritik.

Das ehemalige Kindererholungsheim „Haus Köhlbrand“, das 1911 am Strandweg in erster Reihe direkt in den Dünen errichtet wurde, steht schon seit 2012 leer. Neben dem Hauptgebäude gibt es zahlreiche Nebengebäude. Der Bauherr, die Dritte Hotel Seeburg GmbH, ein Tochterunternehmen der KRM Leasing in Ennepetal, möchte die Bauten allesamt abreißen und ein Vier-Sterne-Superior-Hotel in Form eines dreiarmigen Sterns mit 120 Zimmern errichten. Außerdem geplant sind ein Spa-Bereich, ein Restaurant und dazu etwa 145 Stellplätze – optisch eingebettet in die Dünenlandschaft des Nordsee-Kurorts. Das Dünenhaus, so der Arbeitstitel, soll zudem begehbar sein.

Größe des Projekts hat viele im Ort überrascht

Sascha Gallschütz von der Initiative Waterkant-Liebe, der mit seiner Partnerin Sophie Rühland am Strandweg lebt, sagt, ihnen sei natürlich schon beim Einzug klar gewesen, dass in ihrer Nachbarschaft etwas geplant sei. „Aber warum muss man das in diesen Ausmaßen machen?“, fragt Rühland. Die Größe des Projekts habe viele im Ort überrascht.

„Neben den sieben Gründungsmitgliedern haben wir mehr als 1000 Unterstützer“, sagt Gallschütz, Sprecher der Initiative. Es sei ein Zusammenschluss von Einwohnern und Touristen, die den Charme des Ortes bewahren möchten. Die Gemeindepolitik setzt nach Ansicht der Initiative ausschließlich auf Wachstum. Das Ergebnis seien Baulärm, steigende Immobilien- und Zimmerpreise, die Zerstörung der Natur und eine Verschandelung des Ortsbildes.

Pro Monat werden 2160 Hotelgäste erwartet

„Derzeit sind die Gebäude mit Aufbauten maximal 8,70 Meter hoch, der Neubau würde 17 Meter hoch, das Hotel ist viel zu groß“, kritisiert Gallschütz, der Rechtsanwalt mit Schwerpunkt Baurecht ist. Und statt etwa 170 Kinder und Mütter wie einst würden künftig pro Monat etwa 2160 Hotelgäste und dazu noch 4380 externe Restaurantgäste kommen. Dadurch dürfte auch der Autoverkehr drastisch zunehmen. Der verkehrsberuhigte Strandweg sei schon jetzt ein Nadelöhr in Richtung Strand und für das Verkehrsaufkommen nicht gemacht.

„Die Pfahlbauten werden wegen des steigenden Meeresspiegels gerade landeinwärts versetzt und da wird ein gigantischer Bau außendeichs geplant“, sagt der Anwalt verwundert und kritisiert weiter: „Wie es den Einwohnern geht, interessiert die Kommunalpolitik nicht so“, fürchtet Gallschütz, aber langsam wachten die Bürger auf. Denn es sei ja die Frage, wie viele Gästebetten der 4000-Einwohner-Ort noch verträgt.

Weitere Hotelprojekte sind geplant

Die ganze Planung sei noch lange nicht in trockenen Tüchern, sagt dazu Richard Flohrs Richardsen (CDU), der stellvertretende Bürgermeister von St. Peter-Ording, und nach eigenen Angabe ältester Vertreter in der Gemeindevertretung. Auch er sei begeistert gewesen, als der Entwurf des Hamburger Architekturbüros MPP im vergangenen Jahr vorgestellt worden sei. „Es gibt Stimmen, die dafür sind, und es gibt kritische Stimmen“, sagt Richardsen zur aktuellen Situation. Das gelte für die Bewohner und für die Gemeindevertretung. „Ich sehe das inzwischen auch kritischer.“ Es gebe natürlich den Wunsch nach mehr Hotelbetten. „Aber man muss sich überlegen, ob man das will. Es gibt Stimmen, die sagen, es reicht“, sagt Richardsen. Schon jetzt liege die Gemeinde bei 2,3 Millionen Übernachtungen im Jahr.

Und weitere Hotelprojekte sind geplant. So solle an der Promenade ein Hotel gebaut werden, und auch in Böhl gebe es Pläne für ein Hotel am Golfplatz.

Das Baugrundstück für das Dünenhotel, für das derzeit in einem umfangreichen Verfahren ein neuer Bebauungsplan erarbeitet wird, liegt in einem FFH-Gebiet (Flora-Fauna-Habitat), das als besonders schützenswert gilt. In einer Stellungnahme schreibt der Nabu Schleswig-Holstein, der angrenzende Bruchwald sei laut Gutachten „ein bedeutsames Nahrungshabitat für die Fledermäuse und diverse Vogelarten. Außerdem ist diese Naturausstattung auf dem Plangrundstück Lebensraum der dort vorkommenden Moorfroschpopulation“. Der Bruchwald und der Weiher seien auf jeden Fall zu erhalten und dürften durch die Baumaßnahmen und den späteren Betrieb des Hotels nicht in Mitleidenschaft gezogen werden.“ Nach Aussage von Fritz Heydemann vom Nabu Landesvorstand Schleswig-Holstein ist Bruchwald ein ökologisch sehr hochwertiger, streng geschützter Wald.

Vorplanungen für Dünenhotel bereits seit 2015

Die Projektleiter und Sprecher der Investoren, Benedikt Vormberg und Robert Jopp, betonen, man sei bereits seit 2015 mit den Vorplanungen für das 18.000 Quadratmeter große Grundstück befasst. „Wir haben sehr viele Dinge untersucht, weil wir wussten, dass wir in einem sensiblen Bereich sind“, sagte Vormberg dem Abendblatt. Man habe mehrere Gutachten zur Umweltverträglichkeit, zum Artenschutz und zur Verkehrssituation in Auftrag gegeben. „Und wir haben etliche Punkte in die Planung aufgenommen“, so Vormberg. Auch sei keine Tiefgarage geplant, um das Grundwasser nicht abzusenken.

Es gibt noch einen weiteren kritischen Punkt, den die Gegner ins Feld führen: Auf dem Dünengrundstück gibt es eine Fläche, die als Wald klassifiziert ist. Nach Angaben des Kreises Nordfriesland soll ein Teil des Waldes entwidmet werden, „um die nach der Landesbauordnung notwendigen Schutzabstände von 30 Metern zwischen Gebäude und Wald einzuhalten“, so Hans-Martin Slopianka, Sprecher des Kreises. „Ob es so kommt, steht erst fest, wenn der B-Plan Rechtskraft erlangt hat.“ Vormberg bestätigt das Vorhaben, versichert aber, das sei eher vorsorglich: „Der Wald wird zum großen Teil erhalten.“ Es gehe für den Bau vor allem darum, die Abstandsflächen nicht einhalten zu müssen. „Wir wollen dafür eine doppelt so große Fläche an anderer Stelle aufforsten.“

Mobilitätskonzept soll entwickelt werden

Die Befürchtungen, der Verkehr würde sich massiv ausweiten, könne man auch zerstreuen, sagt der Projektleiter, eine Kita habe die Räume im Haus Köhlbrand als Ausweichquartier genutzt. 140 Kinder, die meist mit dem Auto gebracht wurden, seien dort betreut worden. „Pro Tag gab es etwa 340 Fahrten und es gab keinerlei Beschwerden oder Probleme dadurch.“ Ein Verkehrsgutachten rechne mit 354 täglichen Fahrten beim Hotelbetrieb. Ziel sei aber, ein Mobilitätskonzept zu entwickeln, dass das eigene Auto für die Gäste unnötig mache. „Es soll möglichst während des Urlaubs stehen bleiben“, sagt Vormberg.

Zu einem möglichen Datum für den Baubeginn halten sich Vormberg und Jopp bedeckt. Ein Termin steht aber immerhin fest. Am 30. September wird der Bauausschuss der Nordseegemeinde das nächste Mal tagen – auf der Tagesordnung steht das Dünenhotel.