Niendorf/Ostsee. Wo Nonnen neben Kiezbesuchern sitzen: Sven Warnke und seine Frau sind Inhaber einer zwanglosen Bar. Über den “Lieblingsplatz“.

Ein bisschen Thailand, ein bisschen Philippinen und ganz viel Hamburg steckt im Lieblingsplatz. Genauso hatten es sich Sven Warnke und seine Frau Jessica auch vorgestellt. Im Sommer 2020 haben sich der Schlagzeuger der HSV-Band „Abschlach“ und die Sozialpädagogin den Traum vom Leben und Arbeiten am Meer erfüllt, haben ihre Strandbar „Lieblingsplatz“ eröffnet und sind von Winterhude nach Niendorf an die Ostsee gezogen. Nun hören sie Meeresrauschen statt Großstadtlärm.

Die Lampen über der Theke stammen vom Wasserspiel in Planten un Blomen, waren dort 40 Jahre im Einsatz. Aus einem Schiffscontainer hat Sven Warnke die Einzelteile herausgetrennt und sie hier und da als Deko angebracht. Die Palmen und Palmenblätter unter der Decke dagegen bringen ein Stück Asien und das Strandleben an die Ostseeküste.

Ostsee: Eine Bar mit Strandblick

Draußen sitzen die Gäste auf Loungemöbeln mit Strandblick. Ein bunter Mix ist nicht nur die Einrichtung, sondern vor allem das Publikum, das sich hier direkt am Strand trifft, schnackt und den Eins-A-Blick auf den Sonnenuntergang genießt. Da sitzen die Ordensschwester der Mutter-Kind-Klinik, in der Jessica Warnke arbeitet, neben den vielen Freunden und Bekannten von Sven vom Hamburger Kiez. Albers-Eck trifft Nonnenschwestern.

Was auf der Reeperbahn vielleicht weniger alltäglich ist, ist in diesem Bistro normal. Dazu gesellen sich Hamburger mit Zweitwohnsitz an der Ostsee, jede Menge HSV-Fans und Touristen aus dem Ruhrpott und aus allen anderen Gegenden Deutschlands.

Hamburger verwirklichten ihren Traum

Und immer mittendrin: Sven Warnke und der Familienhund Paul, ein Zwergschnauzer, den Sven von seiner verstorbenen Mutter geerbt hat. Dass der 57-Jährige 20 Jahre lang als Bürokaufmann gearbeitet hat, ist kaum zu glauben. Jedenfalls dann nicht, wenn man davon ausgeht, dass Bürokaufmänner optisch eher bieder und etwas langweilig daherkommen. Entschuldigung an alle Bürokaufleute – ist ja nur so ein Klischee.

Vier Jahre lang haben Sven und Jessica Warnke nach solch einem Objekt an der Ostsee gesucht. Mit dem „Lieblingsplatz“ haben sie ihren Traum verwirklichen können. Auf der Karte stehen unter anderem original belgische Pommes aus echten Kartoffeln, Currywurst mit hauseigener Sauce, selbst gebackener Kuchen und Fisch. Sven, der seit etwa zwölf Jahren Schlagzeuger bei „Abschlach“ ist, ist auch immer schon gern Gastronom gewesen, war unter anderem Betriebsleiter bei Kiezfutter.

„Wir leben vom Tagesgeschäft"

Der Wunsch, sich als Gastronom an der Ostsee selbstständig zu machen, hängt auch mit Svens Familie zusammen: „Mein Vater kommt aus Grömitz, dort habe ich meine ganze Kindheit verbracht, habe Dorsche geangelt“, erzählt Sven. Und weil er gern reist, vor allem als Rucksacktourist durch Thailand und die Philippinen, wollte er etwas eröffnen, das den Strandbuden in Asien ein wenig ähnelt. „Wir leben vom Tagesgeschäft und öffnen bei gutem Wetter. Dann kommt halb Hamburg an die Ostsee.“

Wettermäßig klappt das mit dem Asiengefühl nicht immer, was die Einrichtung und das Lebensgefühl angeht, schon. „Wir sind eine Strandbude und wollen keine Steifheit“, sagt Sven, der die Gelassenheit auf seinen vielen Asienreisen kennengelernt hat und sie mit in den Norden bringen möchte. „Im Sommer kannst du barfuß im Bikini kommen, dir ein SUP-Board schnappen und raus aufs Meer“, sagt Jessica. Die 39-Jährige arbeitet hauptberuflich als Kurleiterin im Mutter-Kind-Heim vor Ort und ist nach der Arbeit auch schon einmal zu ihrem Zweitjob in der Strandbar geschwommen. Das geht in Niendorf. Glück hatten die beiden auch mit dem Wohnen. Sie leben direkt im Ort, „und das zu einer bezahlbaren Miete“.

Ostsee: Niendorf ist jetzt das Zuhause

Auch wenn Sven einmal die Woche zur Bandprobe nach Billstedt fährt, sie beide häufig abends noch nach Hamburg fahren, Freunde treffen und essen gehen, ist es ihnen wichtig, sich in Niendorf zu integrieren. Denn das ist nicht nur ihr Arbeitsplatz sondern auch ihr Zuhause. Dort am Niendorfer Strand hat Sven ihr auch einen Heiratsantrag gemacht.

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Nachdem die Saison sehr lebhaft war, ist inzwischen etwas Ruhe eingekehrt an der Ostsee. Im Dezember haben sie einen kleinen Weihnachtsmarkt vor der Tür aufgebaut mit Punsch, Erbsensuppe und dem neuesten Schrei „Hot Aperol“. Bevor Sven und Jessica wieder das Fernweh packt und sie nach Thailand und auf die Kanaren reisen, geht es bis zum 5. Januar noch weiter im „Lieblingsplatz“.