Basel (dpa/tmn) –. Von Stadt zu Stadt auf ruhigem Wasser: Die Nachfrage nach Flussreisen steigt. Was auch daran liegen dürfte, dass die Angebote vielfältiger werden. Und ein altes Klischee langsam überholt wird.
Die Flusskreuzfahrt ist im Wandel: Das Standardangebot von Landschaftskino, entspanntem Bordleben und Stadtbesichtigungen gibt es zwar weiterhin. Immer mehr Anbieter sprechen mit spezielleren Reisen aber auch neue Zielgruppen an.
Was können Urlauber erwarten?
Themen- und Eventreisen erweitern die klassische Flussreise. So gibt es Fahrten, die Krimis oder Karneval in den Mittelpunkt rücken, Fitness oder Familie voranstellen.
Dinner-Cruises mit einer Übernachtung und Kurztrips von drei bis vier Tagen richten sich an Neukunden zum Schnuppern und bieten sich als Zweitreise in der Nachsaison an. Neue oder umgebaute Schiffe sind mit größeren Kabinen und Fenstern ausgestattet. Einige haben Spa und Fitnessstudio unter Deck oder Pool und Jacuzzi auf dem Panoramadeck.
In welchen Revieren sind die Schiffe unterwegs?
Fast auf der ganzen Welt. Der Branchenverband IG River Cruise (IGRC) in Basel weist nach den Klassikern Rhein und Donau mit ihren Nebenflüssen und Frankreichs großen Flüssen den Douro in Portugal als neues europäisches Trendrevier im deutschsprachigen Markt aus.
In Ägypten tauchen die Gäste über den Nil in die Welt der Pharaonen ein, oft kombiniert mit einem Badeurlaub am Roten Meer - ein Flussreise-Klassiker. Auf dem Mekong in Südostasien fahren landestypische Schiffe ab 20 Kabinen. Auf dem Amazonas, Ganges, Brahmaputra und Yangtse fahren eher größere Schiffe.
Bei welchen Anbietern spricht man Deutsch?
Zu den traditionellen Veranstaltern mit Bordsprache Deutsch zählen 1AVista, Plantours und Phoenix. Neu hinzugekommen ist Thurgau Travel, die in Deutschland auch das Kanalnetz zwischen Elbe, Ems und Weser nutzen und außerdem eine 52-tägige Flussreise in Indien anbieten.
Französisch/Deutsch spricht man an Bord von CroisiEurope. Die Gäste reisen auf Elbe, Loire und Moldau mit Schaufelraddampfern, wandern an Rhein, Mosel und Saar oder erleben auf dem Guadalquivir Andalusien. Auf den Schiffen von Amadeus, A-Rosa, DCS Touristik, Nicko Cruises, SE-Tours und Viva Cruises spricht man Deutsch und Englisch.
Auf Luxus ausgerichtet ist Riverside Luxury Cruises aus Hamburg, die derzeit mit drei Schiffen unter anderem deutschsprachig auf Donau, Rhein und Rhone unterwegs sind.
Was ist dran am Klischee des schwimmenden Altenheims?
Von einem Altenheim sind Flusskreuzfahrtschiffe natürlich meilenweit entfernt. Der Altersdurchschnitt der Passagiere ist aber tatsächlich eher hoch. „Der Anteil der Gäste aus dem deutschsprachigen Markt, die 66 Jahre und älter sind, lag 2023 bei 45 Prozent“, sagt die Autorin der aktuellen IGRC-Studie, Brigitte Franz, in Passau.
Die Berliner Tourismusforscherin Ines Carstensen identifizierte in Studien über die Rheinschifffahrt unter der Gruppe der „Wiederholer“, die etwa auf dem Rhein mehr als 45 Prozent der Reisenden ausmachen, viele ehemalige Hochseefahrer. „Sie ziehen im Alter die Begegnung auf kleineren Schiffen dem Trubel und Lärm vor.“
Die Branche versucht aber, mit neuen Konzepten für Familienurlaub, Luxus, Genuss und Unterhaltung in lockerer Atmosphäre, das Durchschnittsalter zu verjüngen.
Einige Beispiele:
- Auf der „A-Rosa Sena“ mit Betreuung im Kids-Club können Kinder in den Sommerferien auf dem Panoramadeck schwimmen lernen.
- Andere Reisen fokussieren auf Tanzen, Fotografieren, Fitness oder Musik.
- Viva Cruises lockt neue Kunden mit internationalem Gästemix, kleinen Ausflugsgruppen, Landevents und kurzen Wellnessreisen, Krimi-Kreuzfahrten oder Citytrips.
- Golfer sind eine Zielgruppe bei Amadeus, Herrchen mit Hund bei 1AVista. Und bei SE-Tours sind Städtetrips und Landschaftserlebnisse seit 27 Jahren mit Rad & Fluss auch sportlich zu haben.
Was hat die Flussreise, was eine Seekreuzfahrt nicht hat?
Seekrankheit, Massen an Passagieren, Warteschlangen und Halligalli sind auf den Flüssen eher kein Thema. Die Kreuzfahrtschiffe sind mit Maximalkapazitäten von 76 bis 280 Passagieren überschaubar. Der Kontakt zu Personal und Mitpassagieren ist vergleichbar persönlich wie in einem Ferienhotel.
Flussschiffe gleiten tagsüber ruhig zwischen zwei Ufern, während die Passagiere auf dem Sonnendeck die Landschaft an sich vorbeiziehen lassen und den Alltag am Fluss beobachten. Ihre Häfen liegen oft mitten in der Stadt.
Innenkabinen gibt es nicht. Bei neueren Schiffen fällt das Tageslicht im unteren Deck durch Fenster, die direkt unter der Decke beginnen, in die Kabine - bei älteren Bautypen durch Bullaugen. Neu- und Umbauten mit raumsparend zu öffnenden Panoramafenstern oder Balkonen auf den oberen Decks lassen auch privates Sightseeing zu.
Die Fensterfrage ist bedeutend für Frischluftfanatiker und weil es beim Fluss aufs Sehen ankommt. Wer darauf Wert legt, sollte also schauen, wie die Kabinen gestaltet sind. Andere Flussreisende lieben jedoch auch ältere Schiffe, die innen oft plüschig, mit dunklen, kräftigen Farben daherkommen, und kleinen Fenstern, die aber nicht immer zu öffnen sind.
Werden niedrige Pegelstände an den Flüssen zum Problem?
Fachleuten zufolge könnten niedrige Pegelstände an den Flüssen in der Zukunft häufiger vorkommen - im Sommer 2023 war unter anderem der Rhein davon betroffen. Neubauten mit reduziertem Tiefgang sind die Antwort der Branche auf diese Folge des Klimawandels. Sie können auch bei Niedrigwasser fahren.
„Früher waren wir aber auch immer mal wieder mit zu wenig oder zu viel Wasser im Fluss konfrontiert“, sagt IGRC-Präsident Arno Reitsma. „Dafür haben wir dann aktuell Alternativen.“
Welche das sind? Teilstrecken können dann zum Beispiel mit dem Bus absolviert werden. Wenn das Schiff nicht mehr weiterkommt, könnte ein Transfer zu einem baugleichen Schiff, das an geeigneter Stelle wartet, eine Option sein.
Verbraucherschützer weisen darauf hin, dass Änderungen auch bei höherer Gewalt wie Niedrigwasser zu Mängelansprüchen führen können - und man bei einer Absage auf eine Rückerstattung des Reisepreises bestehen kann und keine Alternative akzeptieren muss.
Ist eine Reise auf dem Fluss umweltfreundlicher als auf See?
Aktuelle direkte Vergleiche zur Nachhaltigkeit gibt es nicht. Der Kreuzfahrtexperte des Naturschutzbundes Deutschland (Nabu) in Berlin, Sönke Diesener, hält aber auch Flussschiffe für „recht große Luftverschmutzer“. Eine Anreise ohne Flugzeug, im Idealfall mit der Bahn, bringe aber schon eine deutlich bessere Umwelt- und Klimabilanz für den Urlaub, urteilt er. Bei Flussreisen in Europa, insbesondere auf Rhein und Donau, ist das oft möglich.
Worauf sollte man bei der Buchung achten?
Die enorme Produktvielfalt erschwert den Preisvergleich. Allein, was bei All-inclusive-Angeboten oder in Getränkepaketen enthalten ist, variiert beträchtlich. Auch, ob An- und Abreise oder Trinkgeld an Bord und inkludiert sind, unterscheidet sich. Gleiches gilt bei den Landprogrammen. Wer eine Radtour ohnehin der Stadtführung im Pulk vorzieht, schaut am besten nach einem Angebot mit kostenlos zu leihenden Rädern.
Wie so oft lohnt sich frühes Buchen: „Frühbucherpreise sind am günstigsten und haben zudem oft den Vorteil der konkreten Kabinenwahl“, sagt Christofer Knaak, Kreuzfahrtexperte des Fachmagazins „touristik aktuell“. Doch um die persönlich passende Flussreise zu finden, rät Knaak, sich im Reisebüro mit Kreuzfahrt-Expertise beraten zu lassen.