Wunderbare Ruhe statt wilder Partys: Wer Mallorca, Ibiza und Menorca unter Segeln ansteuert, erlebt ganz neue Perspektiven- jenseits des Feiertourismus.
Ruhig gleitet das Segelboot durch das seichte Wasser des Hafens von Mahón. Wir wollen die Insel- hauptstadt hinter uns las- sen und eine Seite Menorcas und seiner Nachbarinseln entdecken, die nicht jeder zu Gesicht bekommt. Dafür müssen wir aber erst einmal arbeiten. Alle packen beim Segelsetzen an. Es ist noch etwas ungewohnt für Landratten, die anfangs an Deck eher im Weg stehen, als wirklich zu helfen. Aber es macht Spaß, und umso schöner ist das Gefühl, als die weißen Segel ordentlich stehen - auch wenn es eigentlich das Werk des Skippers ist, der jetzt den Motor ausschaltet. Ohne das Geräusch ändert sich mit einem Schlag die Atmosphäre an Bord. Der Wind in den Segeln und das Wasserrauschen, so fühlt sich Freiheit an.
Vorbei an den jahrhundertealten Wehrtürmen Marlborough und Torre d'en Penjat steuern wir Richtung Süden auf die Illa de l'Aire zu. Die "Insel des Windes" macht ihrem Namen alle Ehre. Wir genießen den Blick auf bizarre Klippenformationen, ausgehöhlt zu riesigen Grotten. In den Cales Coves, der Bucht der Höhlen, gehen wir vor Anker. Bis zu 90 Höhlen befinden sich in den senkrechten Felswänden. Die ältesten dieser Felskammern stammen aus dem 9. Jahrhundert vor Christus. Hier lebten die Ureinwohner der Insel, und bis 1995 waren sie noch von Hippies bewohnt. Während sich in anderen Buchten die Touristenscharen am Strand drängeln, ist es hier ganz ruhig.
Doch selbst die überlaufenen Buchten Cala Macarella und Cala Macarelleta sind mit dem Boot stressfrei zu besuchen. In der Cala en Turqueta gehen wir rund 150 Meter vom Strand entfernt vor Anker. Der Boden ist sandig und lässt das Wasser türkis-transparent wirken. Fast entsteht der Eindruck, das Boot würde im Nichts schweben. Wir springen ins Wasser, schwimmen, sonnen uns an Deck.
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Während Roberto und Rebeca an den Felsen schnorcheln gehen, wirft Skipper Blai die Angel aus. Es verschlägt uns die Sprache. In nur drei Minuten holt er für jeden seiner vier Gäste einen Fisch aus dem Meer. Geschickt nimmt er die Brassen aus, wäscht sie und wirft sie mit etwas Salz und Knoblauch in die Pfanne. "Frischeren Fisch könnt ihr nicht bekommen", sagt Blai.
Am Abend gehört uns die Bucht alleine. Eine Brise weht den Duft der Pinienwälder herüber, ein funkelndes Sternenzelt breitet sich am Himmel aus. Die Wellen schaukeln uns in den Schlaf. Am nächsten Morgen heißt es wieder Segel setzen, noch bevor die ersten Strandgäste die Bucht erreichen. Auf uns wartet Mallorca.
Als Erstes sehen wird das Cap Formentor, das sich bis zu 384 Meter vor uns aufbaut. Oben auf der Landzunge bahnen sich Autokolonnen im Stau den Weg zum Leuchtturm. "Ich erinnere mich, wie ich vor Jahren mal da oben stand und damals die Leute unten auf den Segelyachten beneidet habe", sagt Rebeca und versichert, der Anblick vom Meer aus sei wesentlich imposanter.
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Unter vollen Segeln durchqueren wir die Bucht von Pollença und erreichen das Cap del Pinar. Nach einer kurzen Wanderung durch dichte Pinienwälder und dem Besuch des aus dem 13. Jahrhundert stammenden Klosters Ermita de la Victoria umrunden wir die Halbinsel bis zum Strand Coll Baix. Nur wenige Mallorca-Urlauber machen sich auf den teils steinigen, kilometerlangen Weg zu dieser rund 250 Meter langen Bucht. So genießen Bootsbesitzer diesen unberührten Abschnitt fast für sich alleine. Ganz in der Nähe befinden sich Grotten und Felsformationen zum Schnorcheln und Tauchen.
Im Yachthafen von Alcúdia, wo wir die Nacht verbringen, lernen wir Antonio Domingo und Joan Darder kennen. Die beiden Mallorquiner laden uns am nächsten Tag zu einem Segeltörn auf ihre 40 Jahre alte "Llaud" ein. Das typisch mallorquinische Holzsegelboot, von denen es nur noch wenige gibt, funktioniert noch mit einem Lateinersegel, wie es schon die Römer benutzten.
Auf dem Weg nach Porto Cristo, einem noch vom Massentourismus verschonten Ort, müssen wir den Motor anschmeißen. Bei einer Windstärke von gerade einmal fünf Knoten bleibt uns auch keine Alternative. Über die Cala Mitjana geht es weiter zum schönen Strand von Es Trenc im Süden Mallorcas, an dem wir vor Anker gehen. Neidisch schauen die Strandbesucher zu uns herüber, als sie am Abend in ihre Hotels zurückmüssen und wir einfach hier übernachten können.
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Durch die Bucht von Palma segeln wir an der Kathedrale und am Marivent-Palast, der Sommerresidenz der königlichen Familie, vorbei. Doch wir haben keine Zeit für einen Besuch. Bis Ibiza ist es noch eine lange Tagestour. Der Wind hat glücklicherweise wieder zugelegt. Bei Abenddämmerung erreichen wir Cala Xarraca im Nordwesten. Frische Brassen mit Weißwein und der Sonnenuntergang lassen die lange Überfahrt schnell vergessen.
Vom Ibiza-Rummel bekommen wir bis San Antonio nichts mit. Hohe Wellen und Gegenwind machen uns Richtung Süden zu schaffen, doch die Klippenlandschaft an der noch größtenteils unbesiedelten Nordwestküste ist die Mühe wert. Wir umrunden die malerische, von einem Tunnel ausgehöhlte Felseninsel Isla Margarita. Bis zu 258 Meter erheben sich die Felsen am Cap Nuno. Kilometerlang streckt sich die Küste aus Kalkstein mit tief eingeschnittenen, menschenleeren Badebuchten. Hier ist das Reich der Möwen und Kormorane.
Ab San Antonio erfährt der Segler ein Wechselbad der Gefühle. Zwar können wir den feiernden Horden am Strand mit unserem Segelschiff entkommen. Doch Partyboote mit lauter Techno-Musik holen uns immer wieder ein und stören die Ruhe.
Wir fliehen nach Es Vedra. Die sagenumwobene Felseninsel im Süden Ibizas wirkt mit ihren 382 Metern Höhe auch von Weitem beeindruckend. Geschichten und Legenden kreisen um diesen Ort, an dem die Jungfrau Maria erschienen sein soll und den manche Hippies für die Spitze des versunkenen Atlantis oder sogar für einen Ufo-Landeplatz halten. Nähert man sich den schroffen Felsen, sieht man: Das hier ist ein von Ziegen und Möwen bewohntes Eiland. Die Einsamkeit ist bezaubernd.