Wer die Luxusfähre von Kiel nach Oslo nimmt, kommt entspannt in den Winterurlaub. Norwegens Berge locken bis in den Mai hinein mit Schnee.

Wer mit geschulterten Skiern durch Kiel geht, ist ein Fall für die Couch. Diagnose: Pisten-Psychose. Kiel hat im Moment zwar Schnee, aber keine Abfahrten und keine Loipen. Doch der Ski-Urlaub ist gar nicht so fern, denn Kiel hat einen Hafen. Und dort beginnt unser ganz persönliches Winter-Erlebnis: eine Ski-Kreuzfahrt. Zugegeben: Wir haben unsere Bretter - wegen der Couch - im Auto verstaut. Und das steht nun eingeparkt auf Deck vier der "Color Magic". Zwischen über 500 anderen Wagen, die im Bauch des Schiffes ihren (Stell-)Platz finden. Nach Oslo soll es gehen und dann weiter nach Trysil, Norwegens größtem Skigebiet. Die alpinen Pisten Norwegens dürften uns Deutschen liegen. Schließlich holte Landsmann Markus Wasmeier 1994 im olympischen Schnee von Lillehammer gleich Doppelgold. Also auf nach Norwegen! So entspannt wie das Land ist, so entspannt reisen wir an. Nicht Stoßstange an Stoßstange auf der Autobahn München-Salzburg, sondern wirklich mit dem Schiff, das auch jeden noch so komfortablen Autoreisezug schlägt.

Wenn die anderen Kreuzfahrtschiffe die Ostsee längst verlassen haben, dann fahren die beiden Fähren "Color Fantasy" und "Color Magic" weiter. Im täglichen Wechsel von Kiel nach Oslo und zurück. Bei Wind und Wetter, bei Schnee und Eis. Die "Color Magic" könnte genauso gut im Mittelmeer verkehren; sie hat die Infrastruktur eines Kreuzfahrtschiffes: Theater, Spa & Fitness, Golf-Simulator. Und natürlich Gastronomie: acht Restaurants, zehn Bars. Dazu die 163 Meter lange und drei Decks hohe Magic-Promenade, eine Fußgängerzone mit Shops, Cafés und Bars. Jetzt im Winter ist das Sortiment im Bordshop der Jahreszeit angepasst: Hier hängen keine Bikinis und Bade-Accessoires, stattdessen Norweger-Pullis, Rentierfelle und Boots. Eher das Outfit für einen Hüttenabend, als für eine klassische Kreuzfahrt.

Das Sonnendeck ist verwaist, keine besetzten Sonnenliegen, kein Volleyball, keine Kinder im Whirlpool. Vereinzelt flanieren Passagiere an der Reling entlang. Eingepackt, als müssten sie Arved Fuchs auf einer Polar-Expedition begleiten. Dresscode Pudelmütze - das ist auf dieser Kreuzfahrt fast Pflicht.

War das Wetter in Kiel bei der Abfahrt noch feucht und nasskalt, grüßt der Oslo-Fjord am nächsten Morgen mit einer strahlend weißen Winterlandschaft. Einstimmung auf das, was da zweieinhalb Autostunden nördlich wartet. Aber selbst für Oslo gilt: Ski und Rodel gut. Im berühmten Wintersportgebiet Holmenkollen steht nicht nur die Skischanze: Sieben Lifte bringen vor allem die Anfänger auf die Pisten. Wer an den flachen Hängen trotzdem verzweifelt: Es gibt auch eine Ski-Schule. Langläufer finden über 100 Kilometer Loipen rund um den Holmenkollen. Die ganz Talentierten können natürlich weiter zu Wasis Goldspur in Lillehammer pilgern, auch nur drei Fahrstunden vom Fähranleger entfernt.

Der Landausflug unserer "Ski-Kreuzfahrt" führt aber weiter nach Trysil, rund 200 Kilometer nördlich von Oslo. Auch wenn der Hausberg "Trysilfjellet" nicht höher als der Brocken im Harz ist: Mit über 70 Kilometern hat Trysil das größte zusammenhängende Alpin-Skigebiet Norwegens. Die Abfahrten weisen jeden Schwierigkeitsgrad auf. Wir meiden die elf "schwarzen" Kilometer und konzentrieren uns auf den Einkehrschwung. Das "Laaven" und der "Ski Pub'n" sind die ersten Après-Ski-Adressen. Bei Live-Musik und Linie-Aquavit vergisst sich hier so mancher Skifahrer. Und wir vergessen, dass der Halbe in unserer Hand zehn Euro kostet. Etwas irreal wirkt die Reise schon: vom Schiff direkt in den Schnee. Und auch die Tour zur Huskyfarm am nächsten Tag ist der Ausflug in eine andere Welt. "Du kommst von der Kreuzfahrt?", fragt uns Tor Arne Myrheim, der Herr der Hunde. Wir sind nicht die ersten, die auf diese Weise zu ihm gelangen. Mit seinen Hundeschlitten fährt er die Touristen durch die Schneelandschaft. Ganz in der Nähe hatte Michael Schumacher zehn Jahre langt eine Hütte. Hier in der Abgeschiedenheit Trysils hat er sich von Silverstone, Imola und Hockenheim erholt. Und vielleicht wird er das ja bald wieder brauchen.

Wir wohnen stattdessen im neuen "Radisson Blu Resort Trysil". Noch wirkt es ein wenig kühl, aber das mag auch an den Außentemperaturen liegen: Hier werden es schon mal zwanzig Grad minus. Hotel und Kreuzfahrt - das ist für Pisten-Passagiere als Paket buchbar; Color Line hat sogar einen eigenen Winterkatalog. Allerdings: Die "hellen" Ski-Monate März und April haben ihren Preis.

Es dämmert noch, als wir um zehn Uhr wieder Richtung Oslo aufbrechen und drei Stunden später durch die Heckklappe der "Color Magic" fahren. Punkt 14 Uhr legen wir ab, retour nach Kiel. Nach dem Schnee jetzt also wieder Schiff. Das heißt für uns: Gepäck in der Kabine verstauen, Mittagessen im "Oceanic"-Restaurant und dann ab in den "Monkey Pub" auf Deck sieben. Zum Après Ski.