Museumschiffe: Rhein oder Elbe, Bodensee oder Spree - schwimmenden Oldtimern gehören überall die Sympathien.

Hamburg. Schaufelräder klappern, Dampfmaschinen schnaufen und zischen. Dampfschiffe auf Ostsee, Elbe, Spree, Rhein, Weser, Bodensee. Rauch steigt auf, und mit lautem Tuten durchpflügen die meist hochbetagten Veteranen eine viel versprechende Saison. Denn Fluss-Fahrten mit nostalgischem Anstrich und Mississippi-Flair haben Konjunktur. Deutschlands Dampfschifffahrts-Mekka ist Dresden. Die neun Schiffe der ältesten und größten Raddampferflotte der Welt, alle als technische Denkmäler geschützt, fahren nach wie vor mit ihren alten Maschinen. Sie gleiten täglich elbaufwärts unter der Brücke "Blaues Wunder" hindurch, am Schloss Pillnitz vorbei, durch die Sächsische Schweiz bis Decin (Böhmen), flussabwärts entlang der Sächsischen Weinstraße zum Porzellan-Mekka Meißen. Preisbeispiel: 17 Euro kostet die Hin- und Rückfahrt von Dresden zum Kurort Rathen, wo der Basteifelsen mit seinem herrlichen Ausblick auf Elbe und Sächsische Schweiz lockt. Jazz- und Dixielandfahrten betonen das Mississippi-Feeling. Schon legendär ist das große Dresdner Dampfschiff-Fest vom 22. bis 24. August. Berlin: Auch die Hauptstadt lässt sich per Dampfschiff durchkreuzen. Bis zum 5. Oktober tuckert täglich - außer montags und dienstags - das Museumsdampfschiff "Kaiser Friedrich" durch Berlins Mitte; Preis ab 4 Euro. Es geht vorbei am Palast der Republik, dem Berliner Dom, der Museumsinsel, dem Reichstag und dem Regierungsviertel. Auf den Wassern des Berliner Umlands tourt die im Stil eines Mississippi-Dampfers gebaute "Havel Queen", zum Beispiel "mit Kind und Kegel nach Tegel". Auf dem Rhein: Romantischer als mit dem denkmalgeschützten Schaufelraddampfer "Goethe" lässt sich das Rheintal nicht erfahren. Sechs Stunden und 15 Minuten dauert die 65 Kilometer lange Fahrt von Koblenz nach Rüdesheim mit 13 Zwischenstopps. Wer flussauf- und abwärts will, ist von 9 bis 20 Uhr unterwegs und zahlt 24,80 Euro. "Goethe" dampft bis zum 6. Oktober täglich durch die Postkartenlandschaft. Bodensee: Mit heiserer Mississippi-Pfeife bläst der Kapitän des königlich-württembergischen Dampfschiffs "Hohentwiel" in Lindau zur Abfahrt. Polierte Handläufe aus Holz, blitzendes Messing und Nussbaumtäfelung im Salon - da spürt man einen Hauch der Belle Epoque, als das Schiff quasi die Staatsyacht des königlichen Hofes war. Das elegante Riesenspielzeug wurde, wie die "Goethe", 1913 gebaut. Bis zum 3. Oktober dampft die "Hohentwiel" an ausgewählten Tagen auf dem Bodensee (Fahrpreis ab 24 Euro). Stöckelschuhe sind an Bord übrigens verboten. Ostsee: Mit einem Salondampfer aus dem Jahre 1908 auf dem Meer schaukeln, das ist selbst für erfahrene Nostalgie-Tourer ein Hit. Deutschlands "letztes seegehendes kohlebefeuertes Fahrgast-Dampfschiff", die "Alexandra", machts möglich. Seit Ende Mai schippert der edle Oldtimer mit dem Mahagoni-Salon an einigen Wochenenden über die Flensburger Förde auf die Ostsee. Zu den Fahrplan-Highlights gehören Ausflüge zu den dänischen Ochseninseln mit Ausbooten und Inselaufenthalt (18 Euro). Ammersee: Willkommen an Bord zu Weißwurst und Knödeln. Das Wasser glasklar, das Gebirge nah - so sieht Gemütlichkeit auf einem Bayern-Dampfer aus. Auf dem Ammersee hat die NostalgieSchifffahrt eine solche Renaissance erlebt, dass im Juni 2002 dem Dampfer "Diessen" (Jahrgang 1908) als großer Bruder das "Radmotorschiff Herrsching" zur Seite gestellt wurde. Mit Schaufelrad und großem Schornstein sieht es nach rußigen alten Zeiten aus, tatsächlich bringt aber ein Motor das weiße Schiff auf Touren. Beide ziehen ihre Bahnen auf dem Ammersee (kleine Rundfahrt ab 9 Euro). Bekannteste Haltestelle ist Kloster Andechs mit seinem legendären Starkbier, Station für Durstige, Gläubige und Kunstliebhaber. Lauenburg: Bereits in der 33. Saison schnauft der kohlebefeuerte Seitenraddampfer "Kaiser Wilhelm" als Denkmal auf der "Ersten deutschen Museumsdampferlinie" zwischen Elbkilometer 523 (Hitzacker) und 599 (Hoopte). Bei "kohlebefeuert" horchen Kenner auf, denn das garantiert: Fetter dunkler Rauch steigt auf, wenn der Pott sich in Bewegung setzt. Bis Anfang Oktober unternimmt er alle 14 Tage an Wochenenden Spritztouren ab Lauenburg (Preise: ab 4 Euro für Lauenburg-Boizenburg). 1900 wurde der Dampfer in Dresden-Neustadt gebaut. Weser: "Nicht irgendeinen billigen Nachbau, sondern einen richtigen Dampfer mit Original-Dampfmaschine, dito Heizkessel und Schaufelrädern" - damit wollte die Mindener Fahrgastschifffahrt Nostalgie pur fürs Märchenland der Brüder Grimm. In Prag trieb man einen alten Moldau-Dampfer auf, der seit 2001, fein restauriert, Ausflüge zwischen Minden, Rinteln und Hannoversch Münden absolviert (Schnupperfahrten ab 11 Euro). Der Clou auf der Weser ist aber das dampfende Duo jeden dritten Sonntag im Monat von Mai bis Oktober. Mit der "Wappen von Minden" gehts nach Rinteln, von dort dampft man zurück - diesmal auf Schienen mit dem historischen Zug der Weserbergland-Bahn. Wer noch mehr will, der bleibt in Rinteln an Bord und dampft weiter bis Hannoversch Münden. Das Erleben einstiger Geruhsamkeit ist bei dem fast einwöchigen Dampfer-Urlaub inklusive. Am Ende der Sechs-Tage-Tour (mit fünf Übernachtungen in Hotels 539 Euro) kommt es einem vielleicht so vor wie dem Passagier des ersten Dampfers auf dem Rhein: Als schieße man "wie ein Pfeil" durchs Tal hindurch . . .