Der Liegeplatz kostet 350 Euro die Nacht, der “Promi-Faktor“ ist extrem hoch - und mancher kauft im Vorbeigehen mal eben eine Yacht.
Manchmal müssen Gerhard Schwaigers Kellner ein paar Schritte mehr machen, Tische außerhalb des Restaurants eindecken und auf ihren Tabletts Seewolf in Salzkruste mit Blattspinat und Ravioli mit Sóller-Gamba über die Promenade balancieren: Weil wieder jemand mit seiner 30-Meter-Yacht am Liegeplatz direkt vorm "Tristan" im Luxushafen Puerto Portals festgemacht hat, der direkt an Bord auftragen lässt.
Für Schwaiger, mit zwei Michelin-Sternen der höchstdekorierte Koch der Insel, und sein Team ist das normal - für alle anderen auch. Sie kennen das schon - und manche ringen um den Liegeplatz direkt vor der Edel-Gaststätte mit dem hohen Promi-Faktor und dem Außer-Haus-Service für Yachteigner aus der ersten Reihe. Wegen des Seewolfs, der Gamba-Ravioli, wegen Rebhuhn im Kartoffelmantel und Felsenrotbarbe mit Champagner-Fenchel. Und natürlich, weil alle schauen - sogar die im eigentlichen Restaurant.
Macht nichts, dass das achtgängige Gourmet-Tapa-Menü 129 Euro kostet, die mit Svarowski-Kristallen besetzte Dreiviertelliter-Flasche Mineralwasser mit 82 Euro zu Buche schlägt. Und dass Hafenkapitän José Eraso im Sommer rund 350 Euro pro Nacht für den Liegeplatz eines 30-Meter-Bootes berechnet - plus Mehrwertsteuer. All das ist egal, Peanuts sozusagen, wenn das Schiff zehn Millionen gekostet hat und wenn man es endlich geschafft hat, einen der 670 begehrten Liegeplätze in Puerto Portals zu ergattern. Der edelste von Mallorcas 41 Yachthäfen, ungefähr auf halbem Weg zwischen Palma und Andratx an der Südküste gelegen, hat Klang und rangiert auf einer Ebene mit Marbella und Monte Carlo, mit St. Tropez und Porto Cervo.
Dass einer gezielt nach dem Liegeplatz vorm "Tristan" fragt, kommt immer wieder vor. Hafenkapitän José Eraso zuckt in solchen Momenten mit den Schultern, als wollte er sagen "lasst sie doch alle machen". Er schaut dann, was er tun kann. Puerto Portals ist längst auch erste Wahl für Schaulustige, für Flaneure, sogar für Leute, die Steuerbord und Backbord nicht unterscheiden können, aber einen halben Urlaubstag lang maritime Atmosphäre aufsaugen und ein paar tolle Boote fotografieren möchten. Sie hoffen darauf, wenigstens ganz kurz auf irgendeinem Deck Antonio Banderas und Melanie Griffith zu entdecken, Michael Douglas und Catherine Zeta-Jones zu erspähen, Boris Becker oder Claudia Schiffer beim Smalltalk zu bestaunen.
Einen übersehen die Paparazzi häufig: den älteren Herrn mit Polohemd und Schirmmütze, der im "Flanigan" gleich gegenüber vom "Tristan" im Freien frühstückt, ehe er segeln geht. Erst beim genaueren Hinschauen fällt er auf - nur deshalb, weil die Männer an den Nachbartischen etwas stämmiger als üblich und mit ihren dunklen Sakkos overdressed sind. Und weil sie ab und zu in ihre Uhr sprechen oder etwas in den eigenen Sakko-Kragen flüstern. Attila Dénes grüßt ihn jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit - und der ältere Herr grüßt zurück. König Juan Carlos ist Stammgast in Puerto Portals und stets umgeben von Bodyguards. Er gibt sich ganz ungezwungen und zählt zu den Frühaufstehern. Wenn die Flaneure kommen, wenn die übernächtigten Paparazzi endlich aus dem Bett steigen, ist er längst auf dem Wasser unterwegs.
Dénes unterdessen macht dann seine Geschäfte. Kürzlich erst hat er eine maßgefertigte 27-Meter-Yacht mit edelstem Fendi-Interieur verkauft. Neulich saß ein Ire bei ihm im Büro, der sich in eine gebrauchte Yacht unten am Kai verliebt hatte, die zum Verkauf stand. Die beiden besiegelten die Option per Handschlag. Der Ire wollte ganz sichergehen und unbedingt eine Anzahlung leisten: alles Bargeld, das er bei sich hatte. Er fand ein Zehn-Cent-Stück in der Hosentasche. Das genügte. Den Rest hat er am folgenden Tag überwiesen. Bald werden die beiden mal essen gehen - es soll Seewolf in Salzkruste geben.