Ahrensburg. Das Projekt „Sport für alle“ umfasst 70 Angebote in Stormarn. Das Abendblatt hat bei den Roter Stern Kickers vorbeigeschaut.
Wer bei der neuen inklusiven Fußballgruppe in Ahrensburg mitkicken möchte, muss einfach nur vorbeikommen. Der eher unsportliche Mann von der Zeitung wollte eigentlich bloß im Schatten sitzen und zuschauen, aber es wird noch jemand gebraucht, also los.
„Moin“, „Grüß dich“, „wie geht’s?“ Neue Gesichter werden begrüßt wie alte Bekannte, die Atmosphäre ist herzlich. Die Teilnehmer, die meisten von ihnen wohnen gemeinsam in einer Einrichtung für Menschen mit Behinderung, haben die Grundidee sehr schnell mit Leben gefüllt. Die Leiterin Sarah Lang vom Sport- und Kulturverein Roter Stern Kickers drückt das so aus: „Das ist kein 08/15-Fußballtraining. Man sieht, wie sich alle miteinander freuen, wenn jemand ein Tor geschossen oder etwas Neues geschafft hat.“
„Es geht nur um den Spaß und die Freude am Fußball“
An diesem Tag sind zehn Menschen mit und ohne Handicap auf den Stormarnplatz gekommen. Nach ein paar Aufwärm- und Passübungen wird auf zwei kleinere Tore gespielt. Alle sind mit Engagement bei der Sache, jede und jeder gibt im Rahmen der eigenen Möglichkeiten sein bestes. Wie das Spiel ausgeht, ist dabei unwichtig. „Es geht nur um den Spaß und die Freude am Fußball“, sagt Ahrasch, ein überaus höflicher junger Mann, torgefährlich ist er auch. Mit dem Handicap-Team des SV Eichede nimmt der 23-Jährige sogar an Turnieren teil, auch die neue Möglichkeit in Ahrensburg will er künftig häufiger wahrnehmen.
Lisa, ebenfalls 23 Jahre alt, hat noch nie regelmäßig in einer Gruppe gekickt. Die Freude ist ihr bei jedem Schuss anzumerken. „Es macht mir viel Spaß, im Team zu sein, ich könnte mir kein anderes vorstellen“, sagt sie.
Lisa wohnt in einer Einrichtung der Robben gGmbH, die den Verein bei der inklusiven Fußballgruppe unterstützt. Eingebunden ist das Angebot in das Projekt „Sport für alle“ vom Kreissportverband (KSV) Stormarn.
Verband will den gemeinsamen Sport von Menschen mit und ohne Behinderung weiter etablieren
Mit dem im Jahr 2016 ins Leben gerufenen Projekt „Sport für alle – Stormarner Vereine leben inklusiven Sport“ bauten Verband und Vereine in den vergangenen Jahren eine inklusive Sportlandschaft in Stormarn auf. Mit dem Folgeprojekt „Sport für alle – Weiterentwicklung des Inklusionssports im Kreis Stormarn“ möchte der KSV den gemeinsamen Sport von Menschen mit und ohne Behinderung weiter etablieren.
Seit September 2019 steht Pia Görrissen den Vereinen in Stormarn als Projektkoordinatorin und mobile Sportlehrerin für den inklusiven Sport zur Seite. Gefördert wird das Projekt durch die Stiftungen der Sparkasse Holstein sowie durch die Aktion Mensch.
„Mit diesem Folgeprojekt wollen wir weiterhin die Möglichkeit geben, vorhandene Sportangebote für Menschen mit Behinderungen zu öffnen und neue Angebote zu konzipieren, um damit die Integration und Inklusion zu ermöglichen“, sagte zum Start des Projekts der KSV-Vorsitzende Adelbert Fritz.
Das Projekt hat nicht nur für Vereine einen Mehrwert
KSV-Vorstandsmitglied Joachim Lehmann, der sich schon lange mit dem Thema beim TSV Glinde auseinandersetzt, sagte: „Durch Kooperationen mit Einrichtungen für Menschen mit Behinderungen können neue Wege gegangen werden, um Menschen mit Behinderungen für den Sport zu begeistern.“ Das Projekt hat nicht nur für Vereine einen Mehrwert, sondern auch für alle Einrichtungen, die sich daran beteiligen, wie der KSV auf seiner Internetseite schreibt.
Durch die organisatorische Unterstützung und wissenschaftliche Begleitung des Institutes für Sportwissenschaft der Universität in Kiel sei „Sport für alle“ zum Leuchtturmprojekt mit Aufforderungscharakter zum Mit- und Nachmachen für andere Kreise in ganz Deutschland geworden.
Schon 70 Angebote für inklusive Sportgruppen
Aktuell finden sich auf der KSV-Internetseite 70 Angebote für inklusive Sportgruppen. Dabei wird praktisch die gesamte Landkarte des Kreises mit unterschiedlichsten Sportgruppe von Schwimmen über Kampfsport bis Tanzen abgedeckt.
Die Trainingseinheit in Ahrensburg klingt mit einem Elfmeterschießen aus. Florian Meyer, der bei den Roter Stern Kickers die Abteilung für Kultur und Bildung leitet, stellt sich zwischen die Pfosten und muss die meisten Bälle passieren lassen. Es wird gejubelt.
Auch Michel Brehm vom Integrativen Familienzentrum Ahrensburg ist dabei, er hat ein paar der Übungen angeleitet. Er hat beobachtet, was das gemeinsame Kicken mit der Gruppendynamik macht. „Über das Fußballspielen nehmen sich die Leute noch mal anders wahr“, sagt Brehm. „Das schafft gute Verbindungen und Beziehungen und neue Perspektiven.“
Neue Teilnehmer sind jederzeit erwünscht
Nach dem Training gibt es Wassermelone zur Erfrischung. Alle wollen nächste Woche wiederkommen. Leiterin Sarah Lang, die beim RSK auch der Frauenfußballabteilung vorsteht, denkt schon ein paar Jahrzehnte weiter voraus. „Vielleicht mache ich das auch in 40 Jahren noch“, sagt sie und lacht. Anfangs sei sie sehr aufgeregt gewesen, wie die Übungen ankommen würden bei den Teilnehmern, die über ganz unterschiedliches Können und Wissen über Fußball verfügen. Doch die Gruppe bereite ihr noch viel mehr Spaß, als erwartet. Neue Gesichter? Jederzeit erwünscht.
Die inklusive Fußballgruppe der Roter Stern Kickers trifft sich jeden Dienstag von 16.30 bis 17.30 Uhr auf dem Stormarnplatz in Ahrensburg. Eine Anmeldung ist nicht nötig. Mitzubringen sind Sportkleidung und der Nachweis über einen tagesaktuellen negativen Corona-Test bzw. ein Nachweis über die vollständige Impfung oder die Genesung. Der Verein stellt aber auch ein paar Schnelltests bereit.
Eine Liste aller Angebote des Projekts „Sport für alle“ gibt es auf www.ksv-stormarn.de.