Glinde. Das Abendblatt stellt die Kandidaten für Wahl zu Stormarns Sportler des Jahres vor. Heute: Judokämpferin Miriam Butkereit.

Miriam Butkereit führt im Moment ein Leben aus dem Koffer. „Vergangenes Jahr war extrem“, sagt die Judokämpferin des TSV Glinde. „Da war ich gut sechs Monate unterwegs.“ Und dieses Jahr wird sich daran nichts ändern: Kaum ist die Deutsche Meisterin in der Gewichtsklasse bis 70 Kilogramm von einem Trainingscamp in München und Mittersill (Österreich) wieder zurück, steht schon die nächste Reise bevor: Am Mittwoch kommender Woche fliegt die 25-Jährige nach Tel Aviv (Israel). Dort geht es beim Grand Prix wieder um Punkte für die Weltrangliste. Für den Wettkampf verzichtet Butkereit darauf, bei den zeitgleich in Stuttgart stattfindenden Deutschen Meisterschaften ihren Titel zu verteidigen.

Miriam Butkereit verzichtet auf Start bei den Deutschen Meisterschaften

Seit anderthalb Jahren ist das Leben der Glinderin auf die Qualifikation für die Olympischen Spiele in diesem Sommer in Tokio ausgerichtet. Butkereit liefert sich einen Zweikampf mit Giovanna Scoccimarro (MTV Vorsfelde) um den einzigen deutschen Startplatz in ihrer Gewichtsklasse. Ein wesentliches Nominierungskriterium ist die Weltranglistenplatzierung. „Deshalb sind internationale Wettkämpfe im Moment wichtiger als nationale Erfolge“, sagt Butkereit. Derzeit liegt sie mit 3391 Punkten als 18. sechs Plätze hinter ihrer Konkurrentin (3558). Butkereit: „Es gibt aber auch noch andere Faktoren, die bei der Nominierung eine Rolle spielen können.“

Mit Kämpferherz und Willensstärke in die Weltspitze

Eine Entscheidung wird der Bundestrainer frühestens Ende März fällen. Bis dahin gibt es noch ausreichend Gelegenheit, Punkte und Plätze auf die Konkurrentin wettzumachen – beispielsweise der Grand Slam in Düsseldorf (21. bis 23. Februar), der für die deutschen Kämpfer einer der wichtigsten Wettkämpfe ist.

Butkereit: „Vor vier Jahren hätte ich es nicht für möglich gehalten, dass ich heute so kurz vor einer Olympiateilnahme stehe. Das ist megakrass.“ Die Glinderin versucht aber, gelassen damit umzugehen, um nicht zu verkrampfen. Vor allem ihr Kämpferherz und ihre Willensstärke haben sie in die Weltspitze gebracht. 2019 hat sie die Oceana Open in Perth gewonnen, war Zweite beim Grand Slam in Dubai, Dritte beim Grand Prix in Antalya. Dazu kamen fünfte Plätze bei den Grand Slams in Baku und Osaka sowie beim Grand Prix in Budapest.

Bänderriss kostete sie die Teilnahme an den Weltmeisterschaften

In Ungarns Hauptstadt erlebte sie allerdings auch den schwärzesten Tag des vergangenen Jahres: Im Trostrundenfinale um den Einzug in den Kampf um Platz drei gegen die Italienerin Alice Ballandi zog sich Butkereit einen Außenbandriss zu. Die Verletzung zwang sie zu einer dreimonatigen Wettkampfpause, kostete sie nicht nur viele Weltranglistenpunkte, sondern auch die Teilnahme an den Weltmeisterschaften in Tokio. Mittlerweile ist die Stormarnerin längst wieder fit.

Die Judokämpferin lebt seit mehreren Jahren in Köln, trainiert am dortigen Olympiastützpunkt. Im vergangenen Februar hat sie die Ausbildung zur Polizeimeisterin abgeschlossen, kann sich jetzt ganz auf den Sport konzentrieren. Vor wenigen Monaten ist sie mit ihrem Freund, dem Kugelstoßer Patrick Müller, zusammengezogen. „Obwohl wir viel unterwegs sind, schaffen wir es doch, uns einigermaßen regelmäßig zu sehen“, sagt Butkereit.

Die Judokämpferin lebt seit wenigen Monaten mit ihrem Freund zusammen

Für ihren ersten internationalen Auftritt in diesem Jahr hat sie sich viel vorgenommen. „Das Teilnehmerfeld in Tel Aviv wird stark sein, und ich denke eigentlich nur von Kampf zu Kampf. Aber das Ziel ist schon eine Medaille. Ich bin in guter Verfassung und kann jede Gegnerin schlagen.“

Was ist für sie der Reiz an Olympischen Spielen? „Es ist das wichtigste Sportereignis überhaupt. Außerdem trifft man dort auf Menschen aus so vielen unterschiedlichen Kulturen und Sportarten. Im Kleinformat habe ich das im vergangenen Jahr schon bei den European Games in Minsk erlebt. Aber bei Olympia ist alles noch viel größer.“

Die Glinderin kennt sich in Japans Metropole schon gut aus, war bereits mehrfach für Wettkämpfe und Trainingslager dort und fühlt sich dort sehr wohl. „Ich habe eigentlich kein besonderes Faible für Asien, aber Tokio ist schon beeindruckend, die Menschen dort sind super freundlich und sehr hilfsbereit. Ich würde es schon gern sehen, wie sich die Stadt durch Olympia verändert – mit den ganzen Sportlern und Touristen. So richtig vorstellen kann ich mir das noch nicht.“

Verhältnis zur Konkurrentin ist „entspannt“

Das Verhältnis zu ihrer Konkurrentin Scoccimarro bezeichnet die Glinderin als „entspannt“. Beide könnten mit der Zweikampf-Situation gut umgehen. „Da gibt es keinen Hate, wir verstehen uns richtig gut. Jede würde es der anderen gönnen. Als wir im vergangenen November in Osaka aufeinandergetroffen sind, haben wir uns vorher zusammen warm gemacht und uns danach gegenseitig umarmt.“ So wollen es die beiden Judokämpferinnen auch handhaben, wenn die Entscheidung gefallen ist, wer von ihnen mit zu den Olympischen Spielen darf.

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Nun sind Sie, liebe Leserinnen und Leser, aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Mitmachen ist einfach: In jeder Kategorie können Sie einen Kandidaten auswählen, den Namen auf eine frankierter Postkarte notieren und an den Kreissportverband Stormarn (Lübecker Straße 35, 23843 Bad Oldesloe) schicken. Die Teilnahme ist auch per E-Mail an info@ksv-stormarn.de oder unter www.ksv-stormarn.de auf der Internetseite des Kreissportverbands möglich. Einsendeschluss ist der 31. Januar 2020. Die Bekanntgabe der Sportler des Jahres erfolgt am Freitag, 21. Februar.