Ahrensburg. Vier Mannschaften der Steinburger bereiten sich in der Ahrensburger Kampfschule von Piotr Staczek auf den zweiten Teil der Saison vor.
Auf Schulterhöhe bearbeitet Finn Rathjen abwechselnd mit der linken und rechten Hand blitzschnell den Sandsack. Dreimal 30 Sekunden mit hoher Intensität, bis die Luft langsam knapp wird. Unter Sauerstoffmangel aktiviert der Oberligafußballer des SV Eichede noch einmal letzte Kräfte. Dann ist die Zeit um.
2001 beendete Staczek seine Karriere als Fußballer
„Nach mehreren kurz hintereinander ausgeführten intensiven Einheiten am Sandsack stößt fast jeder schnell an die physischen und mentalen Grenzen“, sagt Piotr Staczek. „Am Ende kommt jeder aber auch an den Punkt, an dem für ihn das vermeintlich Unmögliche doch noch möglich ist. Das ist dann aber eine reine Kopfsache.“
Der Ex-Profi des FC St. Pauli weiß, wovon er spricht. 2001 beendete Staczek seine Karriere als Fußballer, vor acht Jahren begann er eine neue als Kampfsportler und holte sogar den deutschen Meistertitel im Muaythai. Gemeinsam mit Waldemar Bieniek eröffnete Staczek in diesem Jahr in einem Ahrensburger Gewerbegebiet die Kampfsportschule MAAC Ahrensburg. Vor Kurzem einigte er sich mit den Fußballern des SV Eichede auf eine Kooperation. „Gleichbleibende Trainingsreize führen auf lange Sicht zur Stagnation“, sagt Staczek. „Ungewohnte Bewegungsabläufe aus dem Kampfsport lösen dagegen bei einem Fußballer im zentralen Nervensystem Belastungsreize aus, auf die sowohl der Körper als auch die Psyche mit einer gewissen Anpassung und letztendlich auch mit einer Leistungssteigerung reagiert.“
Spieler absolvieren gezielten Übungen aus dem Kampfsport
Neben dem Oberligateam des SV Eichede trainieren auch die U19-, U17- und U15-Mannschaften der Steinburger bis Jahresende zweimal wöchentlich in Ahrensburg. Jan Schröder ist seit Beginn der Saison sportmedizinischer Leiter der Eicheder. „Die drei klassischen Schwachstellen eines Fußballers sind nun mal die Adduktoren, die Oberschenkelrückseite und die Rumpfmitte“, sagt der 42 Jahre alte Physiotherapeut und Inhaber der Praxis im Gesundheitspark in Ahrensburg. „Mit gezielten Übungen aus dem Kampfsport können die Spieler aber Verletzungen vorbeugen.“
Mit jeweils drei Arztpraxen und drei Physiopraxen in der näheren Umgebung haben sich die Steinburger einen Pool aufgebaut, um einem verletzten Spieler mit einem möglichst umfassenden Reha-Programm die bestmögliche Betreuung zu ermöglichen.
Zurzeit befinden sich Finn Rathjen und Jonathan Stöver in genau dieser Aufbauphase. Rahtjen bekam einen Tritt auf die Wade und kuriert die Folgen eines Kompartmentsyndroms aus. „Mit speziellen Übungen soll Finn behutsam und sicher wieder das volle Bewegungsausmaß im Sprunggelenk erreichen“, sagt Schröder.
Kooperation des SV Eichede ist mittelfristig angelegt
„Jonathans Fahrplan nach einem Außenbandriss sieht zunächst einen Kraftaufbau für den ganzen Körper vor. Danach folgen Sprungbatterien, die eine sichere Rückkehr ins Lauftraining garantieren sollen, bevor es für ihn ins fußballspezifische Aufbautraining geht.“
Die Arbeit am Sandsack sorgt für Elastizität: „Leichte, schnelle Schlagkombinationen fördern nicht nur die Beweglichkeit des Oberkörpers sondern auch seine Elastizität“, sagt Staczek.
Die Kooperation des SV Eichede ist mittelfristig angelegt. Schröder: „Wir sehen das Ganze als Pilotprojekt, dabei fließen die Rückmeldungen der Trainer und Spieler sowie Zahlen der zukünftigen Verletzungen in die Analyse mit ein.“ Als wichtige Aufgabe sieht Schröder nach dem Hallenmasters in Lübeck am 11. Januar die Vorbereitung der Ligamannschaft auf die anstehenden Testspiele auf Kunstrasen. „Bei einer Mannschaft, die gewöhnlich auf Rasen spielt, sind die Spieler auf Kunstrasen anfälliger für Schambein- und Adduktorenverletzungen. Dem versuchen wir mit speziellen Übungen vorzubeugen.“
Zu hohe Trainingsbelastung ergebe keinen Sinn
Gewisse Übungen aus dem Kampfsporttraining würden für eine höhere Elastizität in den Oberschenkelinnen- und -rückseiten sorgen. Schröder: „Andere führen zu einer Stärkung der Rumpfstabilität, ohne das der Spieler es überhaupt merkt.“ Von einer zu hohen Trainingsbelastung hält er nicht viel. Er sagt: „Nach sportwissenschaftlichen Erkenntnissen macht es keinen Sinn, dass die Spieler nach einer Trainingseinheit auf den Brustwarzen in die Kabine kriechen und der Trainer den Rest der Woche mit ihnen nichts mehr anfangen kann.“
Staczek beruft sich auf den ehemaligen Weltklassefußballer Zlatan Ibrahimovic. „Als Jugendlicher hat er viele Jahre intensiv Kampfsport betrieben“, sagt er. „Das hat sich später ausgezahlt: Bei einer Körpergröße von 1,95 Metern ist Zlatan heute noch blitzschnell und unglaublich beweglich.“
Seine Kampfsport-Wurzeln hat Staczek, der in der Kampfschule X’ite Fighting in Trittau alle Facetten des K1 und Muaythai kennengelernt hat, nicht vergessen. „Ich habe dort das Glück gehabt, von Lutz Burmester zu lernen. Er gehört er zu den besten Kampfsporttrainern Europas.“