Glinde. Klaus Rosenkranz vom TSG Bergedorf wird erstmals Deutscher Meister der Senioren und fährt nun Anfang August nach Kattowitz.

Es ist knapp ein Jahr her, dass Klaus Rosenkranz einen Flyer für die Badminton-Weltmeisterschaften der Senioren 2019 in Kattowitz (Polen) in die Hände bekam. „Daran kann ich mich noch gut erinnern, dort wollte ich unbedingt hin“, sagt der 67-Jährige. Rosenkranz ist selbst begeisterter Badmintonspieler. Deshalb habe er sich überlegt, gemeinsam mit einem Freund Karten für die WM zu kaufen. Das ist nun nicht mehr nötig: Ein Jahr später fährt er zur WM, jedoch nicht als Zuschauer, sondern als Spieler.

„Damit hätte ich niemals gerechnet“, sagt der Glinder, der seit mittlerweile über 47 Jahren den Schläger schwingt. Denn die gesamte Saison 2018/19 hatte er wegen eines Muskelfaserrisses aussetzen müssen. „Das war eine schwierige Zeit für mich“, sagt der mehrfache norddeutsche Meister, der es in der Regel nach Feiertagen gar nicht mehr abwarten kann, wieder auf dem Feld zu stehen. Umso schwerer fiel ihm die lange Zwangspause. Diese Leidenschaft für den Sport trieb den Glinder an und bescherte ihm nach beinahe 50 Jahren die erste Teilnahme an einer Weltmeisterschaft.

Anfang Juni ist Rosenkranz ohne große Erwartungen zu den Deutschen Senioren-Meisterschaften nach Langenfeld (Nordrhein-Westfalen) gefahren. „Die lange Verletzungspause war gerade erst vorüber und mir fehlte Spielpraxis“, sagt der Glinder. Als er sich schließlich nicht nur für die Weltmeisterschaften in Kattowitz qualifiziert, sondern auch im Finale den topgesetzten Bernd Behrens (SC Gittersee) mit 21:16, 16:21, 21:14 besiegt und Deutscher Meister der Altersklasse O65 wird, geht für ihn ein unverhoffter Traum in Erfüllung.

Badminton trotz schwerer Schulterverletzung

Dass Rosenkranz überhaupt noch Badminton spielen kann, grenzt an ein kleines Wunder. Denn vor gut 30 Jahren hat er sich eine schwere Schulterverletzung zugezogen. Seitdem stehen für ihn regelmäßig Übungen zur Stärkung der Muskulatur auf der Tagesordnung. Das erfordert eiserne Disziplin. Rosenkranz: „Sobald ich mit den Übungen pausiere, kommen die Schmerzen zurück und ich kann nicht vernünftig schlagen. Dass ich immer noch spielen kann, erstaunt sogar meinen Orthopäden.“

Das Leben des 67-Jährigen drehte sich schon immer um den Sport, mittlerweile seit knapp 53 Jahren. „Mit Fußball fing es an“, erinnert er sich zurück. Im Alter von 16 Jahren litt er bereits an einer Sehschwäche, musste dem Fußball dann nach sechs Jahren den Rücken kehren: „Damals gab es keine weichen Kontaktlinsen, da entschied ich mich, diesen Schritt zu gehen. Andernfalls würde ich heute vermutlich noch immer dem Ball hinterher rennen.“

Heute schätze er am Badminton-Sport vor allem die Vielfalt. Für ihn fange Badminton vom Anspruch dort an, wo Tennis aufhört, sagt Klaus Rosenkranz, dessen Bruder seit Ewigkeiten Tennis spielt, scherzhaft. Außerdem sei die Vorfreude auf jedes Training und jedes Spiel noch genauso groß wie vor 47 Jahren, als er anfing. Und das spürt man, wenn der Glinder von dem Sport erzählt, der über die Jahre zu einem treuen Begleiter in seinem Leben wurde: „Ich war dreimal verheiratet, der Sport war und ist während all dieser Zeit eine Konstante gewesen, die ich nicht missen möchte“, sagt der Sportler.

Zum Badminton kam der Glinder damals eher durch Zufall, als er in einem Supermarkt ein Plakat für einen Badminton-Schnupperkursus vom TSV Glinde entdeckte und sich spontan entschloss, daran teilzunehmen. Als er den Spielern das erste Mal beim Training zusah, packte ihn der Ehrgeiz: „Ich habe mir gedacht: So gut wie die möchte ich auch mal werden.“ Also begann er beim TSV Glinde, fleißig zu trainieren – bis zu fünfmal pro Woche. „Ich wusste, dass ich mit 21 eigentlich zu alt war, um erfolgreich zu werden“, so der Glinder.

Dennoch brachte er es zu einigen Erfolgen, auf die er jetzt stolz zurückblickt. Viele Medaillen von Landes- und norddeutschen Meisterschaften, Ehrennadeln vom Hamburger Badminton-Verband und unzählige Urkunden zeugen davon. Viele verwahrt er in Kartons, scheint immer genau zu wissen, in welchem Karton zu welcher Erinnerung ein Andenken verstaut ist. Im Rückblick auf die erfolgreichen Jahre habe er vor allem eines gelernt: „Der nötige Ehrgeiz und eine sportliche Einstellung sind am Wichtigsten.“

Verein unterstützt Rosenkranz finanziell bei Turnieren

Ein ganz besonderes Ereignis sei für ihn sein zweiter Platz bei den Deutschen Meisterschaften im Jahr 2007 gewesen. Rosenkranz: „Aber der Moment, als ich mich für die Weltmeisterschaften qualifiziert und Freunde, die mich jahrelang begleiteten, mir von der Tribüne aus zugejubelt haben, übertrifft alles.“

Vom TSV in Glinde ging es für Rosenkranz damals für einige Jahre zum VfL 93 nach Hamburg, aktuell spielt er bei der TSG Bergedorf. Worauf er bei der Wahl des Vereins immer am meisten Wert legt? „Mir ist wichtig, dass dort mindestens drei oder vier Spieler sind, die besser sind als ich“, sagt der Glinder. Denn er habe stets die Herausforderung gesucht.

Bei der TSG spielt der 67-Jährige nun schon seit zwei Jahrzehnten, außerdem ist er im Verein als Sportwart tätig. Das Organisieren von Turnieren und die Planung der Hallenzeiten mache ihm Spaß, der Verein gäbe ihm außerdem viel zurück. So unterstützt er Rosenkranz finanziell bei Turnieren. Ob es um einzelne Spiele geht oder um die passende Turnierkleidung, die im Falle der Senioren-Weltmeisterschaften etwa 150 Euro kostet, Rosenkranz ist dankbar für die Unterstützung seines Vereins: „So etwas ist nicht selbstverständlich, es gibt auch Spieler, die diese Kosten selbst tragen müssen.“

Klaus Rosenkranz ist Rentner, aber keineswegs nur in der Sporthalle oder im Vereinsbüro aktiv. Er arbeitet nebenbei auch noch in Teilzeit bei der Diakonie, vermittelt Jugendliche, die nach dem Schulabschluss keinen Ausbildungsplatz finden konnten.

Im Moment gibt es für den 67-Jährigen, der sich selbst als „Ureinwohner“ Glindes bezeichnet, nur noch ein Thema: Die Weltmeisterschaften, die vom 4. bis 11. August in Kattowitz ausgetragen werden. Dass er sich auch noch als Deutscher Meister qualifiziert habe, sei für ihn eine Entschädigung für die lange Verletzungspause gewesen.

Über seine Chancen mache er sich keine Gedanken. Rosenkranz: „Mein Motto lautet: Dabei sein ist alles.“ An ein Ende seiner Laufbahn denkt er noch lange nicht. „Ein Tag ohne Badminton ist meistens kein guter Tag“, sagt Klaus Rosenkranz mit einem Lächeln.