Bad Oldesloe. KSV treibt die Inklusion mit einem Beitritt voran. Durch Mitspracherecht können gewisse Entwicklungen nachhaltig beeinflusst werden.

Inklusion als Terminus hat sich im allgemeinen Sprachgebrauch längst etabliert. Die praktische Umsetzung des gesellschaftlichen Modells klappt allerdings nicht immer wie gewünscht. „Berührungsängste spielen in den Köpfen der Menschen leider immer noch eine große Rolle“, sagt Adelbert Fritz, Vorsitzender des Kreissportverbands (KSV) Stormarn. „Um gewisse Barrieren bei Menschen mit und ohne Behinderung abzubauen, sollten wohlgemeinten Worten auch die entsprechende Taten folgen. Der Sport muss dabei mehr Verantwortung übernehmen.“

Gesagt, getan. Vor Kurzem traf der KSV einen richtungsweisenden Entschluss: Als landesweit erster Kreissportverband wird er die Mitgliedschaft bei Special Olympics Schleswig-Holstein, einer Sportorganisation für Menschen mit geistiger Behinderung, beantragen.

Eine konsequente Maßnahme: Das vor drei Jahren in Stormarn initiierte Projekt „Sport für Alle“ zur Inklusion und Integration war in Deutschland ein Pilotprojekt, zudem auch ein großer Erfolg. Mittlerweile verteilen sich mehr als 30 Angebote von 16 Sportvereinen über das gesamte Kreisgebiet. Fritz: „Als Mitglied bei Special Olympics haben wir auch ein Mitspracherecht und können dadurch gewisse Entwicklungen mit unserer umfassenden Erfahrung nachhaltig beeinflussen.“

Otfried Morin wird Nachfolger von Markus Kratz

Der KSV-Vorsitzende verkündet gleich noch eine weitere Neuigkeit: Mit Otfried Morin hat der Sportverband endlich einen Nachfolger für Markus Kratz gefunden, der das Projekt in den vergangenen drei Jahren aufgebaut und betreut hatte. Kratz bekam unlängst ein Angebot von Hannover 96 und trägt nun für seinen neuen Arbeitgeber die Verantwortung für den Kinder- und Jugendsport mit Schwerpunkt Inklusion.

Eine weitere Tatsache zeichnet Stormarn aus, wenn es um das Thema Inklusion geht: der Zusammenhalt. Zum Gesprächstermin mit dem Abendblatt sind gleich sechs Personen, denen das Thema „Inklusion im Sport“ sehr am Herzen liegt, anwesend. Neben Fritz und Verena Lemm vom KSV ist Christian Schirrmacher vom Hoisbütteler SV gekommen, der für sein jahrzehntelanges Engagement im Behindertensport im Jahr 2013 vom damaligen Bundespräsidenten Joachim Gauck den Bundesverdienstorden verliehen bekam.

Stellvertretend für alle Stormarner Vereine, die inklusiven Sport anbieten, sitzt Gerd Wollesen (Ahrensburger TSV) in der Runde. Joachim Lehmann vertritt als Vorstandsmitglied für das Fachgebiet Inklusion und Integration nicht nur den KSV, sondern als 1. Vorsitzender auch den TSV Glinde. Nicht aus einem Sportverein, sondern einer kirchlichen Institution kommt Anke Rath: Sie leitet seit vielen Jahren bei den Stormarner Werkstätten Ahrensburg den Sportunterricht. Stellvertretend für alle Sportler mit geistiger Behinderung nimmt Svenja Frobel am Gespräch teil.

Schwimmerin freut sich über mediale Aufmerksamkeit

Eine Frau mit Vorbildfunktion: Zum einen hat die 30 Jahre alte Schwimmerin aus Trittau sich für die am 14. März in den Vereinigten Arabischen Emiraten beginnenden Special Olympics World Games qualifiziert.

Zudem wählten erst kürzlich die Leser der regionalen Zeitungen sowie eine aus Funktionären des KSV und Sportjournalisten zusammengesetzte Jury die Schwimmerin zur Sportlerin des Jahres in Stormarn. „Die mediale Aufmerksamkeit und die Anerkennung meiner sportlichen Leistungen haben mein Leben komplett auf den Kopf gestellt“, sagt Frobel. Lächelnd fügt sie hinzu: „Davon genieße ich aber jede Minute.“

Eine Mitgliedschaft in dem Verband für geistig behinderte Sportler bietet den engagierten Stormarnern weitere Vorteile, denn kürzlich wurde Special Olympics Deutschland vom Deutschen Olympischen Sportbund als Spitzenverband anerkannt. „Davon versprechen wir uns einen weiteren Schub in der öffentlichen Wahrnehmung“, sagt Schirrmacher.

Lehmann geht sogar noch einen Schritt weiter. „Ziel sollte sein, dass Special Olympics Schleswig-Holstein Mitglied des Landessportverbands wird“, sagt er. Das ist allerdings mit einigen Auflagen verbunden.“ Neben unterschiedlichen Werkstätten und Schulen müssen mindestens 13 Sportvereine Mitglied bei Special Olympics Schleswig-Holstein sein. Zurzeit sind es lediglich neun Clubs.

TSV Glinde wird auch Mitglied bei Special Olympics

„Der TSV Glinde wird die Nummer 14 werden, andere Sportvereine im Kreis sollten auch über eine Mitgliedschaft nachdenken, um Special Olympics den Rücken zu stärken“, sagt Lehmann, während er den neben ihm sitzenden Wollesen augenzwinkernd anblickt. „Beim Ahrensburger TSV werden hoffentlich auch entsprechende Gespräche geführt.“ Der 2. Vorsitzende des größten Vereins Stormarns nickt und sagt: „Es wäre sicherlich der richtige Schritt, auch wenn ich es nicht allein zu entscheiden habe.“

In den zurückliegenden drei Jahren hat der ATSV sein inklusives Sportangebot stetig ausgebaut. „Wir bieten mittlerweile Rollstuhl-Basketball, Handball, Leichtathletik, Tanzen sowie unterhaltsame und spannende Bewegungsspiele an“, sagt Wollesen.

Das letzte Wort hat Rath. „Gute Leistungen im Sport helfen, dass unsere Sportler in der Öffentlichkeit als Persönlichkeit wahrgenommen werden“, sagt die Trainerin der Stormarner Werkstätten. „Man begegnet ihnen auf Augenhöhe, Berührungsängste verschwinden schneller.“