Lasbek. Frederike Staack arbeitet seit einem Jahr für Deutschlands bekanntesten Springreiter. Beim CHIO Aachen belegt sie den sechsten Platz.

Frederike Staack hat wenig Zeit in diesen Tagen. Einen Moment der Muße nimmt sich die 20 Jahre alte Springreiterin aus Lasbek dann doch im Gespräch mit dem Hamburger Abendblatt. „Ich bin einfach nur glücklich, meinen Traum leben zu können“, sagt sie, „und daran soll sich in absehbarer Zeit auch nichts ändern.“

Nach dem Abitur im vergangenen Jahr suchte die Lasbekerin eine neue Herausforderung. Sie heuerte zunächst bei Vincent Voorn – 2007 mit den Niederlanden Mannschafts-Europameister bei den Springreitern – in der kleinen Gemeinde Weert als Bereiterin an. „Ich mag die Holländer und deren Reitstil einfach“, sagt Staack.

Auf 3000 Hektar Land leben rund 4000 Pferde

Zwei Monate später erhielt sie allerdings ein Angebot, das sie nicht ablehnen konnte. Auch Paul Schockemöhle, der in den 1980er-Jahren zu den besten Springreitern der Welt zählte, suchte eine Bereiterin.

Schockemöhle führt in Neustadt-Glewe (Mecklenburg-Vorpommern) das Gestüt Lewitz, eines der größten und modernsten Zentren für Pferdezucht in Europa. 3000 Hektar Land sind die Heimat von rund 4000 Pferden. In Mühlen bei Vechta (Niedersachsen) befindet sich der Ausbildungsstall. Dort betreuen 30 Bereiter die vielversprechendsten Pferde des Gestüts.

Lasbekerin kümmert sich um 15 Tiere

„Über ein derartiges Angebot musste ich nicht lange nachdenken, sondern sofort zugreifen“, sagt Staack mit einem Lachen. Die Lasbekerin war zudem sprichwörtlich zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort. Denn wie Schockemöhle gegenüber dem Fachmagazin „St. Georg“ im Juni vergangenen Jahres bestätigte, hatte er kurz zuvor 44 Pferde von Alexander Onischenko, einem ukrainischen Milliardär und Pferdenarr, erworben. Onischenko war wegen eines mutmaßlichen Korruptionsskandals angeklagt worden.

Laut dem Magazin sollte mit dem Verkauf der Pferde verhindert werden, dass der Staat die Tiere beschlagnahmt. Schockemöhle beauftragte die Lasbekerin vom ersten Tag an, sich um 15 der erlesenen Tiere zu kümmern. Staack betreut eine eigene Stallgasse. Unterstützt wird sie von einem Pfleger und einer weiteren Bereiterin. Sie selbst wird von Norbert Nuxoll trainiert.

20-Jährige ging mit der Stute Saskia an den Start

„Das Vertrauen von einer wahren Ikone des Springreitens zu genießen, macht mich schon sehr stolz“, sagt Staack. Stolz ist sie auch auf das Verhältnis, das sie über die Monate hinweg zu ihrem Arbeitgeber aufgebaut hat. „Paul Schockemöhle ist ein Mensch, den ich sehr bewundere. Auch er hat einmal klein angefangen. Damit ist er ein leuchtendes Beispiel, dass jeder es bis ganz nach oben schaffen kann.“

Der Wechsel von Weert nach Mühlen brachte der 20-Jährigen einen weiteren, nicht unerheblichen Vorteil. „Fern ab der Heimat verspürte ich ab und zu doch ein wenig Heimweh“, räumt die blonde Springreiterin ein. „Statt von Weert aus geschlagene sechs Stunden mit dem Auto sind es nunmehr knapp zwei bis nach Hause.“ Ein Pferd hat es der 20-Jährigen besonders angetan. Saskia, eine zwölfjährige Stute, war das erste Pferd aus dem ehemaligen Besitztum von Onischenko, mit dem Staack bei einem internationalen Turnier an den Start ging. „Mit einem Stockmaß von lediglich 1,63 Metern zählt Saskia eher zu den kleineren Pferden“, sagt Staack. „Dafür weist sie im Springparcours außergewöhnliche Qualität auf.“

Teilnahme beim Springparcour in Aachen

Nach drei Monaten Eingewöhnungszeit erzielten Ross und Reiterin bei einer S***-Aufgabe in Balve (Nordrhein-Westfalen) auf Anhieb den zweiten Platz – und qualifizierten sich für Deutschlands U25-Springpokal der Stiftung Deutscher Spitzenpferdesport beim CHIO Aachen.

Nach einem fehlerfreien Ritt im ersten Durchgang erreichte Staack dort mit Saskia das Stechen, welches sie nach einem Abwurf auf Platz sechs beendete. „Dass ich im Alter von 20 Jahren über den heiligen Rasen des Springparcours von Aachen reite, hätte ich noch vor einigen Jahren nicht zu träumen gewagt“, sagt sie.

Staack wirkt kurz in sich gekehrt, als sie fortfährt: „Auch wenn ich zurzeit auf einer rosaroten Wolke schwebe, ist mir bewusst, dass meine Gesundheit mein eigentliches Kapital ist und eine schwere Verletzung schnell das Ende aller Träume bedeuten könnte.“