Glinde. Mascha und Seija Ballhaus gewinnen in Litauen mit der U18-Nationalmannschaft die Goldmedaille. Im August fahren sie zur WM nach Chile.

Auf gewisse Reiseandenken hätte Mascha Ballhaus am Abend der Rückkehr aus Litauen gern verzichtet: Ein kratzender Hals machte der 16-Jährigen ebenso zu schaffen wie Heiserkeit und der zeitweise Verlust der Stimme. „Im Hotelzimmer, in der Lobby und vor allem in der Zalgirio-Arena von Kaunas lief von morgens bis abends die Klimaanlage auf Hochtouren“, sagt die Judokämpferin aus Glinde.

Tags darauf erfreute sie sich allerdings schon wieder bester Gesundheit. Denn beim Gesprächstermin mit dem Abendblatt präsentierte Mascha gemeinsam mit ihrer Zwillingsschwester Seija gut gelaunt und stolz einige Mitbringsel der angenehmeren Art. Bei den U18-Europameisterschaften in Kaunas, der zweitgrößten Stadt Litauens, hatten die beiden Teenager aus Glinde mit der Jugendnationalmannschaft die Goldmedaille im Teamwettbewerb abgeräumt.

Mascha stand kurz zuvor schon einmal ganz oben auf dem Treppchen: Im Einzelwettbewerb der Gewichtsklasse bis 48 Kilogramm sicherte sie sich ebenfalls den Europameistetitel. Auch Seija ging im Einzel nicht leer aus: Sie präsentierte sich in der nächsthöheren Gewichtsstufe (bis 52 Kilogramm) in glänzender Kampflaune und gewann die Bronzemedaille.

Sven und Petra Ballhaus bedauern, den Triumph ihrer Töchter nicht vor Ort miterlebt zu haben. „Nur allzu gern wäre ich dabei gewesen, als Mascha auf dem Treppchen stand und die deutsche Nationalhymne gespielt wurde“, sagt Mutter Petra. „Aber mein Mann ist Feuerwehrbeamter und hatte aufgrund des G20-Gipfels Urlaubssperre.“

Nach fünf Niederlagen in Folge schlägt mascha die Weltranglistenerste

Im Einzel-Finale traf Mascha auf eine alte Bekannte. Die Vorzeichen standen für sie allerdings alles andere als gut: Gegen die Serbin Andrea Stojadinov hatte die junge Glinderin zuletzt fünfmal in Folge verloren. „Andrea hatte meistens mit einer Wurftechnik gepunktet, sobald sie eine Hand an meinem Revers hatte“, erzählt Masche. „Also gab die Bundestrainerin mir die Marschroute vor, es diesmal gar nicht erst soweit kommen zu lassen.“

Gesagt, getan. Mascha wehrte alle Angriffsversuche der Weltranglistenerste erfolgreich ab und kam selbst mit einer Wurftechnik zum Erfolg, für die sie die Kampfrichter mit einem Waza-Ari belohnten.

Ein Waza-Ari ist eine von drei möglichen Wertungen und erfolgt immer dann, wenn der Rücken eines Kämpfers die Matte nur halb berührt oder ein Haltegriff nur wenige Sekunden andauert. Die niedrigste Wertung, einen Yuko, erhält ein Judoka, der sich einen technischen Vorteil erarbeitet, den Gegner aber nicht entscheidend beherrscht.

Ein Ippon dagegen führt zum sofortigen Abbruch. Ihn vergeben die Kampfrichter, wenn ein Kämpfer seinen Kontrahenten auf den Rücken wirft oder ihn mit einer Haltetechnik für mindestens 20 Sekunden auf den Boden drückt.

Die Schwestern starten in verschiedenen Klassen

Seija wahrte sich nach der knappen Niederlage in Runde drei gegen die Ranglistenführende Gefen Primo aus Israel in der sogenannten Trostrunde die Aussicht auf eine Medaille. Im „kleinen Finale“ gegen die Russin Natalia Elkina brachte Seija ihre Gegnerin mit einer Fußtechnik zu Boden, wofür sie einen Ippon erhielt.

Das Mannschaftsfinale am letzten Wettkampftag war nichts für schwache Nerven. Denkbar knapp mit 3:2 schlug die deutsche Mannschaft das serbische Nationalteam, das allerdings aufgrund von Verletzungspech nur mit drei anstatt der üblichen fünf Akteurinnen den Endkampf bestritt.

Direkt im Anschluss an die Titelkämpfe in dem südlichsten der drei baltischen Staaten hatten die Schwestern, die bei nationalen Wettbewerben für den TH Eilbeck in Hamburg starten, erneut Grund zum Jubeln.

Jugendbundestrainerin Lena Göldi nominierte sowohl Mascha als auch Seija für die U18-Weltmeisterschaften (9. bis 13. August) in der chilenischen Hauptstadt Santiago de Chile. „Damit geht für uns einer der größten Träume jedes Judokämpfers in Erfüllung“, sagt Seija freudestrahlend. Mascha ergänzt. „,One Team – one Dream’ ist seit Jahren unser gemeinsames Motto“, sagt die zweifache Europameisterin und lacht. „Da meine Schwester und ich nun für zehn Tage zur WM nach Südamerika reisen, scheinen wir mit dem Slogan goldrichtig zu liegen.“

Eines können Mascha und Seija sich nicht vorstellen: während eines Judowettkampfs aufeinander zu treffen. „Die häufig gestellte Frage, wer denn nun von uns beiden die bessere Kämpferin ist, beantworten wir mit einem Lächeln“, sagt Mascha. „Die Frage erübrigt sich sowieso, da wir in unterschiedlichen Gewichtsklassen antreten.“