Reinfeld. Marieluise Bauer vom Schützenverein Reinfeld betreibt leidenschaftlich den Schießsport. Der Club kämpft mit Imageproblemen.

Waffennarren, Trinkgelage oder veraltete Traditionen – die Liste der Vorurteile gegenüber Schützenvereinen in Deutschland ist lang. Klischees dieser Art sind Marieluise Bauer schon länger ein Dorn im Auge. „Das trifft vielleicht auf frühere Zeiten zu, hat sich aber radikal geändert. Leistungsorientiertes Schießen ist heutzutage ein Hochleistungssport“, sagt die 18-Jährige vom Schützenverein Reinfeld.

Seit drei Jahren ist Schießen ihre große Leidenschaft. Im gleichen Zeitraum verbesserten sich auch ihre schulischen Leistungen. Kein Wunder: Der Schießsport erfordert höchste Konzentration und Selbstbeherrschung, verlangt innere Ruhe und klares Denken. „Schießen hat viel dazu beigetragen, dass ich mich besser konzentrieren kann“, sagt die junge Hambergerin, die bisher an mehreren Landesmeisterschaften teilnahm.

In der Schule blickt sie immer wieder in ungläubige Gesichter, sobald das Thema Schießsport aufkommt. „Die meisten wissen nicht, dass ich diesen Sport betreibe und sind zunächst verwirrt. Sie können das Ganze nicht richtig einordnen“, sagt Bauer. „Mittlerweile habe ich aber gelernt, meine Sportart schnell in das richtige Licht zu rücken.“

Anfängern wird die Ausrüstung zur Verfügung gestellt

Der Schützenverein Reinfeld hat einige gute Nachwuchsakteure unter seinen rund 50 Mitgliedern. Sportliches Aushängeschild ist Johanna Lais, Enkelin des stellvertretenden Jugendwarts Markus Lais. Die 17-Jährige ist seit einigen Jahren Mitglied im Landeskader des Norddeutschen Schützenbundes. In ihrer Altersstufe ist sie amtierende Landesmeisterin im Liegendschießen mit dem Kleinkalibergewehr und nahm in der Jugendklasse bisher an Deutschen Meisterschaften teil.

Der 1954 gegründete Verein schießt nach den Regeln des Deutschen Schützenbundes. Die Schützenhalle am Elschenbek verfügt über einen Kleinkaliberstand (50 Meter) und einen Luftgewehrstand (zehn Meter). Geschossen wird liegend, kniend, stehend freihändig oder aufgelegt mit Luftdruck- und Kleinkalibersportwaffen.

Um den Schießsport zu betreiben, ist eine umfangreiche Ausrüstung nötig. Neben einer Schießhose und -jacke aus Leinen benötigt der Schütze auch spezielle Unterwäsche und geeignetes Schuhwerk. Und eine Waffe. Ein gutes Luftgewehr kostet rund 3000 Euro. Ein Kleinkaliber liegt bei 2500 Euro, eine Luftpistole bei 1800 Euro. „Anfängern stellen wir die Ausrüstung zunächst zur Verfügung“, sagt Markus Lais.

Schütze unterwirft sich einer Art Drill

Die Sicherheit auf dem Schießstand hat oberste Priorität. „Wer sich nicht an die Regeln hält, hat bei uns nichts zu suchen“, sagt der stellvertretende Vorsitzende Hans-Jürgen Thies und lacht. „Leute die zu uns kommen, nur um herumzuballern, eliminieren sich von selbst. Das ist zum Glück aber schon lange nicht mehr vorgekommen.“ Seine Glanzzeiten erlebte der Schützenverein Reinfeld in den 1960er und 1970er Jahren. „Damals hatten wir rund 250 Mitglieder“, sagt Schriftführer Jürgen Arpe. „Es gehörte in Reinfeld praktisch zum guten Ton, Mitglied im Schützenverein zu sein.“

Sie wollen den Ruf der Schützenvereine ins rechte Licht rücken (v.l.): Hans-
Sie wollen den Ruf der Schützenvereine ins rechte Licht rücken (v.l.): Hans- © HA | Henrik Bagdassarian

Andreas Schulz hebt die soziale Komponente der Sportart hervor. „Gerade Jugendliche lernen bei uns, Verantwortung zu übernehmen – für die Waffe und das eigene Handeln“, sagt der Erste Vorsitzende. „Es ist eine Art Drill, dem der Schütze sich unterwirft. Denn sobald er mit den Gedanken nicht zu 100 Prozent bei der Sache ist, geht der nächste Schuss mit hoher Wahrscheinlichkeit in die Hose.“ Jeder Schuss eine Herausforderung für sich: Der Schütze bringt das Sportgerät mit Körper und Geist in Einklang, schraubt mit einer speziellen Atemtechnik die Pulsfrequenz langsam nach unten. Das Auge erkennt das perfekte Zielbild. Die Koordination mit dem Finger am Abzug geht in Fleisch und Blut über. „Jeder Schuss ist praktisch ein neuer Wettkampf mit sich selbst“, sagt Schulz.

Schießen ist Präzisionsarbeit. „Um bei einem Wettkampf vorn mit dabei zu sein, muss ein Schütze mindestens mit der Hälfte seiner Schüsse die Zehn treffen“, sagt Thies und fügt lachend hinzu, „und mit der anderen die neun.“

Übrigens: Im Dezember 2015 wurde das Schützenwesen in Deutschland in das Bundesweite Verzeichnis des immateriellen Kulturerbes aufgenommen.