Der Stürmer trifft auch mit 42 Jahren für den THC Ahrensburg wie am Fließband. Abseits des Sports ist er ruhig und höflich – und auf dem Platz nicht mehr ganz so aufbrausend wie früher.

Ahrensburg. Wie lange es genau her ist, dass er seine Laufbahn als Hockeyspieler beendet hat, weiß Rodin Duchow nicht mehr so genau. Zehn Jahre, vielleicht elf. Anfang 30 war er da, das schien ihm das rechte Alter zu sein, mit dem Leistungssport aufzuhören. Irrtum. Drei, vier Jahre später hielt er es nicht mehr aus. Heute ist Duchow 42 Jahre alt und seit sechs Jahren wieder aktiv. Mit dem THC Ahrensburg spielt der Stürmer um den Aufstieg in die Zweite Bundesliga und ist der beste Torschütze seines Vereins.

Beim Fototermin mit dem Hamburger Abendblatt präsentiert sich Duchow so, wie ihn seine Teamkollegen beschreiben und wie auch er selbst sich sieht: Zuverlässig (er kommt trotz Feierabendverkehr pünktlich), locker und witzig. Als sich eine Passantin spontan mit auf das Foto schiebt, macht er den Spaß gerne mit und verzieht das Lächeln, mit dem er sich auf Kommando wie so viele ein bisschen schwer tut, zu einer heiteren Grimasse.

Lustig und entspannt ist der private Rodin Duchow also, höflich, freundlich, smart. Und auf dem Platz? „Das komplette Gegenteil“, gibt er unumwunden zu und macht schon wieder eine Grimasse. Manchmal gibt es Augenblicke, da kippt der Ehrgeiz, der ihn bis heute positiv auszeichnet, und der Zuschauer fragt sich, was in dem Stürmer plötzlich brodelt, wenn er sich mit dem Schiedsrichter anlegt oder auf einen Teamkollegen schimpft. Die Auslöser für seine Schimpftiraden können schon mal mehrere Minuten zurückliegen, beschreibt Duchow jene Momente, die er selbst als seine Schwäche bezeichnet. „Es gab Zeiten, da musste man Rodin sehr unterstützen, richtig zu kommunizieren, statt den Ärger an anderen auszulassen“, erzählt Malte Jansen, Kapitän des THC Ahrensburg. Einig sind sich aber alle, dass Duchows Ausbrüche immer seltener und harmloser geworden sind. „In den letzten zwei Jahren habe ich keine Gelbe Karte wegen Meckerns mehr gekriegt“, sagt er selbst. „Ich finde, es ist mit der Altersmilde besser geworden.“

Seine wilde und erfolgreichste Zeit als Hockeyspieler verbrachte Duchow in Hamburg beim Harvestehuder THC. Mit seinem eineiigen Zwillingsbruder Marc wuchs er in dem noblen Viertel fünf Fußminuten entfernt vom Trainingsgelände auf und begann mit sechs Jahren mit dem Hockey. In der Jugend wurde er Hamburger Meister, gewann mit dem Herrenteam einmal den Pokal und spielte im Europacup Anfang der 90er-Jahre auf Sizilien. Als der Verein Mitte der 90er begann, Stars aus aller Welt einzukaufen, zog sich Duchow in die zweite Mannschaft zurück und rief mit seinem Kumpel Sebastian Nitzsche den Cup of Glory ins Leben, eine Deutsche Meisterschaft für Bundesliga-Reserven. Was mit vier Teams begann wurde später „richtig groß“, wie Duchow erzählt. Sechsmal holte er mit seinem Team den inoffiziellen Titel.

Seinem Zwillingsbruder schenkte Duchow fünf Tore ein

Gern hätte Duchow auch noch mal mit seinem Zwillingsbruder, dem Torwart, zusammengespielt. Seit Marc in der A-Jugend zum Club an der Alster wechselte und später in der Halle sogar Deutscher Meister wurde, „haben wir leider nie mehr zusammengefunden.“ Der Wunsch wird sich wohl nicht mehr erfüllen. Trotzdem trafen sich beide erst kürzlich auf dem Hockeyfeld wieder, beim Heimspiel des THCA gegen Rodins ehemaligen und Marcs jetzigen Club HTHC II. Rodin ging als klarer Sieger aus dem Bruderduell hervor – er schoss fünf Tore beim 9:5-Sieg und die Stormarner damit an die Spitze der Regionalliga Nord.

„Der Mannschaftsgeist ist durch den kleinen Kader gewachsen“, sagt Duchow. Den Klassenerhalt, den die Mannschaft vergangene Saison erst am letzten Spieltag perfekt machte, hat sie nun nach weniger als der Hälfte der Spielzeit so gut wie sicher. Beim Formulieren der Ziele bleibt aber selbst der ehrgeizige Torjäger noch vorsichtig: „Alles, was über den Klassenerhalt hinausgeht, nehmen wir gern mit.“

Elektronische Musik zum Tanzen, zur Entspannung Oper von Puccini

Sein Geld verdient Duchow als Personalreferent bei einer Baufirma. Er wohnt in Hamburg-Eimsbüttel und zieht abends schon mal mit Olaf Elling, seinem 40 Jahre alten Teamkollegen, los. „Wir gehen oft auf kleine Elektro-Festivals“, sagt Duchow, der gelegentlich zur Entspannung aber auch mal so etwas wie das Gegenteil von elektronischer Tanzmusik auflegt: Oper. Am liebsten Tosca von Giacomo Puccini.

Abschiedsgedanken vom THCA und vom Leistungssport hegt Duchow, 42, noch nicht. „Ich fühle mich wunderbar“, sagt er, „so lange es passt und ich nicht zu sehr abfalle, mache ich weiter.“ Von der Zweiten Bundesliga reden sie in Ahrensburg nach sechs von 14 Spielen zwar noch nicht so offen, trotz des besten Saisonstarts in der Vereinsgeschichte und der Tabellenführung. Die kommende Saison wird aber ohnehin etwas Besonderes, auch für die alten Haudegen, egal, in welcher Liga: Der THCA bekommt endlich seine neue, eigene Heimat. „Die neue Halle will ich noch mitnehmen, das ist das nächste Ziel“, sagt der Torjäger.

Eines wird Rodin Duchow, 42, jedenfalls kein zweites Mal machen: Den Hockeyschläger zu früh an den Nagel hängen.