Abendblatt-Serie: Jeden Sonnabend stellen wir einen Verein und dessen Mitglieder vor. Heute im Portrait: Der Turn- und Sportverein Bargteheide.

Ein großes Durcheinander herrscht in der Sporthalle der Bargteheider Dietrich-Bonhoeffer-Schule. Knapp 70 Mädchen laufen durch den Raum, holen Geräte hervor und legen Matten auf den Boden. Einige tragen Turnanzüge, andere einfach nur kurze Hose und T-Shirt. Die Jüngsten sind erst fünf Jahre alt und sammeln ihre ersten Erfahrungen im Turnen, die Ältesten 15 bis 16 Jahre und schon lange dabei.

Mittendrin steht Lore Schulz. 1949 übernahm sie ihre erste Turngruppe beim TSV Bargteheide, seit 1961 leitet sie die Turnsparte des Vereins. "Ich bin immer noch jeden Montag und Donnerstag in der Sporthalle, um den Kindern Unterricht zu geben", sagt Schulz. Sie wird von fast allen Mädchen mit Handschlag begrüßt. An diesem Tag muss sie noch mehr Hände als gewöhnlich schütteln, denn die Bargteheiderin feiert ihren 83. Geburtstag. Schnell hat sich das in der Sporthalle herumgesprochen, und die Kinder stehen Schlange zum Gratulieren. "Sie ist eine Turn-Legende", sagt Lorena, 11, und blickt bewundernd zu ihrer Trainerin.

Sportler: 1700 Vereinsmitglieder sind in der Turnsparte aktiv

Die Turnsparte ist das Herzstück des Vereins. Knapp die Hälfte der rund 3500 Mitglieder sind dort aktiv. Die Kleinsten werden bereits mit Beginn ihres zweiten Lebensjahres beim Mutter-Kind-Turnen an den Sport herangeführt. Anschließend gibt es zahlreiche Angebote für Mädchen und Jungen alle Altersklassen, darunter zum Beispiel Abenteuer- und Leistungsturnen. Auch Erwachsene können zwischen vielen verschiedenen Kursen wählen. Mit dabei ist auch ein Reha-Programm mit Wirbelsäulengymnastik sowie eine ambulanten Herzgruppe.

"Bei uns gibt es aber nicht nur Turnen, wir sind auch aufgeschlossen für neue Sachen", sagt Ekke Wehnsen, der seit 2003 Vorsitzender des TSV ist. So startet zum Beispiel am 25. September ein Zumba-Kursus in der Sporthalle der Anne-Frank-Schule. "Wir versuchen, Trendsportarten in unser Programm aufzunehmen", sagt Ulrike Passow, Mitarbeiterin in der Geschäftsstelle des Vereins. "Deshalb bieten wir seit eineinhalb Jahren Inliner-Fahren an. Das gibt es nicht überall." Inzwischen treffen sich jeden Freitag etwa 30 Jugendliche und Erwachsene, um zu skaten.

Engagement: Beim Tischtennis trainieren die Älteren die Jüngeren

Besonders stolz ist Ekke Wehnsen auf die Erfolge und den Zusammenhalt der Tischtennisspieler. "Unsere Eigengewächse haben es bei den Herren bis in die Regionalliga geschafft, die dritthöchste Spielklasse in Deutschland", sagt er. "Alle Teams, gegen die unsere Mannschaft antreten muss, bestehen zur Hälfte aus Ausländern, die nur für die Spiele eingeflogen werden. Bei uns spielen nur Bargteheider - und trotzdem können wir uns behaupten." Wenn die Herren nicht selbst an der Tischtennisplatte stehen, trainieren sie den Nachwuchs. "Hier gibt es keine Elite, die sich für etwas Besseres hält, sondern eine ganz tolle Gemeinschaft", sagt Wehnsen. Er ist zuversichtlich, dass die 1. Herrenmannschaft des TSV Bargteheide noch lange in der Regionalliga wird bestehen können - auch, wenn die jetzigen Spieler irgendwann zu alt werden. "Es gibt viele junge Talente, die nachkommen." So gehören zum Beispiel Luca Meder, 11, Constantin Velling, 13, und Leo Schultz, 12, zu den Besten ihrer Altersklasse. Im Juni belegten sie bei der norddeutschen Mannschaftsmeisterschaft den zweiten Platz.

Erfolg: Bettina Lange und Stephan Bergermann sind Triathlon-Weltmeister

Die Gemeinschaft hat auch bei den Triathleten einen hohen Stellenwert. "Das ist das Schöne an unserer Sparte", sagt Bettina Lange. "Bei uns trainieren die Hobbyathleten mit den Leistungssportlern. Alle sind dabei, keiner fühlt sich ausgeschlossen." Die 43-Jährige wurde vor einem Jahr in Peking in der Altersklasse W 40 Weltmeisterin im Aquathlon (Laufen und Schwimmen). In 37 Minuten und 17 Sekunden erreichte sie das Ziel.

Vier Tage später holte sie sich auch bei der Triathlon-WM über die olympische Distanz (1,5 Kilometer Schwimmen, 40 Kilometer Radfahren, zehn Kilometer Laufen) die Goldmedaille. "Sie ist sportlich und menschlich ein absolutes Vorbild", sagt Ekke Wehnsen. Mit Stephan Bergermann haben die Bargteheider einen zweiten Triathlon-Weltmeister in ihren Reihen. Er holte sich vor zwei Jahren in der Langstrecke den Titel in der Altersklasse M 30.

Rund 180 Mitglieder hat die Triathlon-Sparte des TSV. Die Jüngsten sind acht Jahre alt und werden mit zwei Trainingseinheiten pro Woche an den Sport herangeführt, die Älteren trainieren bis zu zwölf Mal pro Woche. Das bedeutet, sechs Trainingstage mit jeweils zwei Einheiten. "Wir haben unter den Schülern zahlreiche Landesmeister", sagt Lange. Dafür, dass sie sich immer weiter verbessern, sorgt Trainer Josef Dankelmann. Auch Bettina Lange ist als Coach im Einsatz. Sie betreut zwei Schwimmgruppen. "Wir haben viele Aktive, die selbst auch noch bei den Jugendlichen Training geben", sagt Lange. "Jeder bringt sich irgendwie ein."

Insgesamt engagieren sich beim TSV rund 100 Sportler ehrenamtlich als Trainer in den verschiedenen Abteilungen. "Das ist mindestens genauso wichtig wie die sportlichen Leistungen, denn ohne diese Menschen würde der Vereinssport nicht funktionieren", sagt Wehnsen. "Die Leute im Hintergrund kommen leider oft zu kurz." So sieht das auch Ulrike Passow. Sie sagt: "Wir sind sehr froh darüber, dass wir so viele Ehrenamtler bei uns haben."

Probleme: Die Verein wünscht sich längere Hallenzeiten

Im Sommer sind die Bedingungen für die Sportler in Bargteheide ideal. So haben die Triathleten beispielsweise das Schwimmbad mit der 50-Meter-Bahn vor der Tür, rund um Bargteheide gibt es viele schöne Radstrecken in der Natur und im Stadion können sie laufen. Im Winter sei die Situation zurzeit jedoch schwierig. "Seit das Hallenbad in Bad Oldesloe wegen des Umbaus geschlossen ist, können wir nur noch in Ahrensburg schwimmen", sagt Lange. "Allerdings ist es nicht leicht, dort Hallenzeiten zu bekommen, weil sich viele Vereine darum bewerben."

Probleme bereitet dem TSV Bargteheide auch die Situation in den Sporthallen. "Seitdem die Schulen auf Ganztagsangebote setzen, können die Vereine erst ab 16 Uhr in die Hallen", sagt Wehnsen. Zudem seien viele Kinder vom Nachmittagsunterricht so geschafft, dass sie keine Lust mehr hätten, anschließend noch im Sportverein aktiv zu werden. "Bargteheide wirbt damit, Stormarns lebendige Stadt zu sein", sagt Wehnsen. "Dafür sorgen nicht nur Schule und Theater, sondern auch wir."

Noch gelinge es dem TSV jedoch, die Zahl der jugendlichen Mitglieder konstant zu halten. "Wahrscheinlich haben wir das aber der Tatsache zu verdanken, dass die Stadt Bargteheide so stark wächst", sagt der Vorsitzende. "Es ziehen viele neue Familien mit Kindern hierher. Wir sind froh, zu den Vereinen in Schleswig-Holstein zu gehören, die noch nicht unter Mitgliederschwund zu leiden haben." Im vergangenen Jahr war die Entwicklung besonders erfreulich. 80 Kinder und Erwachsene wurden neue Vereinsmitglieder.

Die Fußballer hoffen unterdessen darauf, dass sie endlich eine neue Flutlichtanlage bekommen. "Die Stadt hat sie uns zugesichert, aber bisher ist noch nichts gebaut worden", sagt Abteilungsleiter Henrik Bustorf. Er hofft aber, dass es im Herbst dieses Jahres endlich so weit sein wird. "Das würde auch die Hallensituation erleichtern, denn dann können wir länger draußen spielen." Mit mehr als 600 Mitgliedern stellen die Fußballer die zweitgrößte Abteilung des Vereins. Im kommenden Jahr feiert sie ihr 100-jähriges Bestehen mit zahlreichen Aktionen. Bustorf: "Es macht einfach Spaß, im TSV Bargteheide Mitglied zu sein und sich zu engagieren."