Reinbek. Auch andere Möglichkeiten der Verkehrsberuhigung seien laut Gesetzeslage nicht realisierbar. Wie kann die Straße sicherer werden?
Wenn Kim Kradel mit ihren Kindern den Zebrastreifen über die Berliner Straße auf Höhe Weißenseer Weg überquert, guckt sie lieber zweimal, ob auch kein Auto kommt. „Wenn wir dort stehen, kommt es häufig vor, dass die Autofahrer uns einfach übersehen und an uns vorbeirauschen“, erzählt die Mutter dreier Kinder. Ihren beiden Töchtern sei in der Grundschule eingeschärft worden, lieber einen Umweg in Kauf zu nehmen und auf Höhe der Kirche an der Bedarfsampel über die Straße zu gehen.
Eigentlich sollte man meinen, dass die Berliner Straße sich zum Rasen überhaupt nicht eignet, ist sie doch meist zur Hälfte zugeparkt. Doch beim Fotografieren für diesen Artikel ereignet sich dort tatsächlich wie bestellt eine gefährliche Situation: Als ein Radfahrer auf der Straße Richtung Eichenbusch fährt, kommt ihm ein rostfarbener Mitsubishi entgegen und macht keine Anstalten, auf seine Fahrbahnseite auszuweichen und hinter den parkenden Autos abzuwarten, bis er vorbeifahren könnte. Fast streift er den Radfahrer, der wütend den linken Arm hochreißt.
Politik in Reinbek kennt die Problematik
Auch die Politik war auf die Problematik auf der Berliner Straße aufmerksam geworden, und die SPD hatte beantragt, die Verkehrssituation zu entschärfen und dort womöglich Tempo 30 einzurichten – vor allem im Bereich des Zebrastreifens. „Das wäre eine gute Idee“, sagt Kim Kradel, deren Töchter auf dem Schulweg regelmäßig die Berliner Straße queren müssen.
Allerdings ist für Änderungen im Straßenverkehr nicht die Politik zuständig, sondern die Verkehrsaufsicht, die nach Gesetzeslage und der Deutschen Straßenverkehrsordnung entscheidet. „Ich bin selbst vor Ort gewesen, um mir ein Bild der Lage zu machen“, erzählt Bürgermeister Björn Warmer. „Die Kolleginnen der Verkehrsaufsicht haben die Möglichkeiten aufwendig geprüft.“
Auch Poller und Markierungen nicht erlaubt
Doch Jenny Laue, Leiterin der Verkehrsaufsicht, sieht keine Möglichkeit, die Lage zu verbessern. Der Einsatz zusätzlicher Markierungen oder Poller, um das Parken von Autos nahe dem Zebrastreifen zu unterbinden, sollte genauso geprüft werden wie eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 30 Stundenkilometer. Laut Reinbeker Verkehrsaufsicht ist nichts davon realisierbar.
Bürgermeister Björn Warmer verspricht, dass die Anwohnerinnen und Anwohner, die sich für eine Veränderung der Verkehrslage an der Berliner Straße engagiert haben, noch im November ins Rathaus eingeladen werden, damit er und Jenny Laue ihnen die Gründe erläutern können, die gegen diese Möglichkeiten sprechen.
Tempo 30 kommt nicht infrage
So dürfen Tempo-30-Zonen nach der Straßenverkehrsordnung zwar in Wohngebieten sowie Gebieten mit hoher Fußgänger- und Fahrradverkehrsdichte wie auch bei Straßen mit hohem Querungsbedarf angeordnet werden – nicht jedoch auf Straßen des überörtlichen Verkehrs oder auf Vorfahrtsstraßen. Bei der Einrichtung der 30er-Zonen auf den umliegenden Nebenstrecken und Wohngebieten ist die Berliner Straße jedoch als Vorfahrtsstraße eingestuft worden. Somit kommt eine Tempo-30-Zone nicht infrage.
Auch eine Reduzierung der Regelgeschwindigkeit von 50 auf 30 Stundenkilometer scheidet aus. Denn laut Straßenverkehrsordnung dürfen Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn eine Gefahrenlage bestehe, etwa wenn ein Unfallschwerpunkt festgestellt wurde oder wenn es zu Unfallhäufungen kommt. Das trifft auf die Berliner Straße jedoch bisher nicht zu.
Um die Lage am Fußgängerüberweg in Höhe Weißenseer Weg zu entschärfen, wurden die dortigen Markierungen vor und hinter dem Fußgängerüberweg verlängert, um das Halteverbot dort zu verdeutlichen und somit den Zebrastreifen sichtbarer zu machen. Die vorgeschlagenen Poller auf der Straße wiederum, um ein Parken zu verhindern, wären als bauliche Maßnahme nicht zulässig. Denn aus Sicht der Verkehrsaufsicht würde dadurch ein Hindernis in den öffentlichen Verkehrsraum gebracht, das den fließenden Verkehr gefährden könne.