Reinbek. Große Weltpolitik im Reinbeker Schloss: Der frühere Bundesminister für Wirtschaft spricht über die Herausforderungen der Zeit.
Als Peter Altmaier vor knapp einem Jahr für den Vortrag im Reinbeker Schloss zugesagt hatte, war die Welt noch eine andere. Es gab noch keinen Krieg in der Ukraine und keine Energiekrise.
Der damalige Bundesminister für Wirtschaft und langjährige Kanzleramtsminister hatte sich kurz zuvor entschlossen, seine aktive politische Karriere zu beenden. „Ich habe mein Bundestagsmandat nicht angenommen und an einen jüngeren Kandidaten abgegeben. Nun habe ich Zeit, Deutschland kennenzulernen und zu ihnen nach Reinbek zu kommen“, sagt Altmaier am Abend, des 15. September im gut besuchten Festsaal im Schloss.
Reinbeker Schloss: Der 64-Jährige kam auf Einladung der Otto-von-Bismarck-Stiftung
So stand der 64-Jährige als Privatmensch im Ruhestand vor 140 Gästen und referierte auf Einladung der Otto-von-Bismarck-Stiftung über seine umfangreichen Erfahrungen als CDU-Politikprofi auf internationaler Bühne. Dabei gelang es dem Saarländer immer wieder, den Bogen von der politischen Themen der Gegenwart in die Zeit Bismarcks zu schlagen.
Peter Altmaier gilt als herausragender Redner. „Und ist ein hervorragender Bismarck-Kenner“, sagt Norbert Brackmann, Vorsitzender des Fördervereins der Bismarck-Stiftung. Der einstige CDU-Bundestagsabgeordnete aus Lauenburg und Peter Altmaier kennen sich aus ihrer gemeinsamen Zeit in Berlin.
Deutschland sei bei der Problemlösung weit in den Rückstand geraten
„Die Bedingungen für den Politikbetrieb sind seit dem Ukrainekrieg noch schwieriger geworden“, sagt Altmaier, „wird auch mit dessen Ende nichts wie es vorher war, werden die Energiepreise dauerhaft hoch bleiben“, sagt Altmaier und berief sich dabei auch auf Aussagen seines Nachfolgers im Wirtschaftsressort Robert Habeck. „Wir müssen uns fragen, wie wir unseren Wohlstand auch im Sinne der nachfolgenden Generationen erhalten können und dabei zeitgleich den Klimaschutz im Blick behalten“, so Altmaier.
Deutschland sei bei der Problemlösung weit in den Rückstand geraten. Er wisse aber aus eigener Erfahrung, dass nicht alle Probleme gleichzeitig zu lösen sind, man sich auf die wichtigsten konzentrieren muss. „Denn Politiker sind auch nur Menschen, die Schlaf und Essen brauchen“, sagt er. Diejenigen, die aber wenig Schlaf brauchen, haben die besseren Chancen, ihre Forderungen durchzuboxen. „Die wichtigsten politischen Entscheidungen werden nicht vor 2 Uhr nachts getroffen.“
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Die Parteien kranken seit Jahrzehnten an Mitgliederschwund
Und manche auch gar nicht. Schon Bismarck habe gewusst, dass es für manche Entwicklungen keine Entscheidung braucht, sie einfach abgewartet werden müssen – einen Rat, den Altmaiers ehemalige Chefin Angela Merkel beherzigt hat. Im Gegensatz zu Bismarcks Zeiten werden Bürger heute aber viel mehr einbezogen. Das setzt den Willen zur Mitbestimmung voraus.
„Politik wird von Parteien gemacht“, sagt Altmaier. Die kranken seit Jahrzehnten an Mitgliederschwund. „Damit fehlen talentierte Nachwuchskräfte“, mahnt Altmaier und fordert auf, sich politisch – notfalls auch jenseits der CDU – zu engagieren. Kristin Gisa, mit 30 Jahren eine der jüngsten unter den Gästen, fühlt sich angesprochen und will jetzt der Aufforderung Taten folgen lassen.