Reinbek. Mit Elsbeeren und Ahorn versuchen die Landesforsten, Wälder wieder klimastabil aufzuforsten. Was die Elsbeere alles leistet.
Ein Spaziergänger im Krähenwald zupft am Wegesrand einen jungen Baum aus der Pflanzpalette und bemerkt: „Ah, eine Eiche!“ Marcel Crochard, Vertretungsmeister der Schleswig-Holsteinischen Landesforsten kann darüber nur den Kopf schütteln. Erstens sollen die etwa zweijährigen Bäume für den Transport an ihren Bestimmungsort auf der Palette bleiben, zweitens ist die Baumart eine Elsbeere, keine Eiche. „Das ist eine klimastabile alte Obstbaumart“, erklärt Reinbeks Förster Maximilian Scheel.
Zurzeit werden die Flächen im Krähenwald, in der Großkoppelin der Hahnenkoppel und im Vorwerksbusch, die Orkan Zeynep und Co. zu Beginn des Jahres verwüstet haben, wieder aufgeforstet. Dort hatten die Stürme große freie Flächen hinterlassen, die bei den nächsten Stürmen wieder Angriffsflächen bieten würden: mit Spitz- und Bergahorn, Stieleiche, Douglasien, Ebereschen und eben mit der im Norden noch seltenen Elsbeere soll ein neuer Schutzschild entstehen. Reinbeks Förster Maximilian Scheel hat diese Baumsorten in der Hoffnung ausgewählt, dass sie widerstandsfähiger gegen den Klimawandel sind.
Früher wurde aus den Elsbeeren eine Medizin gegen Bauchschmerzen gewonnen
Die „schöne Else“, wie die Elsbeere auch genannt wird, ist ein einheimischer Exot. Das größte aller einheimischen Rosengewächse kommt vor allem in Mitteleuropa und im nördlichen Südeuropa vor. Sein lateinische Gattungsname Sorbus torminalis hat seinen Ursprung im keltischen Wort „sorb“, also: herb. Es weist auf den herben Geschmack der Früchte hin. Torminalis stammt vom lateinischen „tormina“, was Bauchschmerzen bedeutet. Denn früher wurde aus den Elsbeeren eine Medizin gegen Bauchschmerzen gewonnen. Der Volksmund kennt die Elsbeere auch als Schweizer Birne, Wilder Sperber, Ruhrbirne oder Darmbeere.
Das weit ausladende, tiefgründige Wurzelwerk dieser Sorbusart lockert den Boden und festigt das Terrain für benachbarte Baumarten. Elsbeerblüten ziehen viele Insekten an und sind eine bedeutende Bienenweide. Die Früchte bieten im Herbst Nahrung für viele überwinternde Vogelarten. Das Laub verrottet rasch und trägt somit zur Verbesserung des Waldbodens bei. Und dabei liebt die Baumart sowohl die Wärme als auch den Halbschatten. „Und sie liefert auch noch ein hochwertiges Holz“, lobt Maximilian Scheel.
Aus einer Überproduktion der Baumschule Heidorn waren 6000 Bäume übrig
Da passte es gut, dass aus einer Überproduktion der Baumschule Heidorn auch noch Elsbeeren übrig waren. 6000 Bäume, alle älter als zwei Jahre waren zwar für Wiederaufforstungen vorbereitet, aber nicht gesetzt worden, darunter etwa 2000 Elsbeeren. Denn die Aufräumarbeiten nach den Stürmen gingen vor, damit sich nicht etwa der Borkenkäfer ausbreitet.
„Diese jungen Bäume müssen jetzt jedoch dringend in die Erde“, erklärt Marcel Crochard und zeigt das Wurzelwerk eines jungen Baumes: „Die haben jetzt regelrecht einen Schub bekommen. Ihre Wurzeln wachsen teilweise schon wieder nach oben, die wollen sich jetzt ausbreiten.“ Einige Wochen später wären die nach unten konisch zulaufenden Behälter für das Wurzelwerk schon zu klein geworden.
Fünf Zentimeter unter der Waldbodenoberfläche ist es feucht
Die Forstwirte freuen sich, dass es in diesen Tagen auch mal Regen gibt. Deshalb ist Maximilian Scheel auch zuversichtlich, dass die Bäume auch im Sommer gut anwachsen werden. Probebohrungen haben gezeigt: „Fünf Zentimeter unter der Waldbodenoberfläche ist es feucht“, erklärt er. Außerdem hat der Kratzbagger die Flächen vorbereitet, den Mineralboden freigelegt. Auch Marcel Crochard sieht gute Chancen: „Bei diesem Boden tragen sich die Nährstoffe gut ein“, sagt er. Seine Auszubildenden Till Wulff (17) und Vincent Preiß (26) wechseln sich bei den Arbeitsschritten ab.
Gerade ist Till Wulff mit dem Erdbohrer unterwegs, mit dem er die Pflanzlöcher vorbereitet. Vincent Preiß schleppt die etwa acht Kilogramm schweren Container mit 24 Jungbäumen herbei. Sie werden in Gruppen auf etwa 1,80 mal zwei Meter große vorbereitete Flächen gepflanzt. Vincent Preiß steckt sie in die Löcher und drückt die Erde darum locker an. „Durch den Regen rieselt der Mineralboden nach, und die Wurzeln können sich zu den Seiten ausbreiten“, erläutert Crochard.
Während der Holzernte gilt auch in Pflanzkulturen ein Betretungsverbot
„Mit einem Zaun gegen das hungrige Wild müssen die Jungpflanzen nicht mehr geschützt werden“, sagt Förster Maximilian Scheel. „Wir bringen ein Verbissschutzmittel aus einem Extrakt aus Schafswolle auf, den das Wild meidet.“ Zudem seien die Gebiete vorab noch bejagt worden, um den Bestand dort einzudämmen. Außerdem gilt ebenso wie während der Holzernte auch in Pflanzkulturen ein Betretungsverbot. „Die Wege bleiben selbstverständlich frei“, erklärt Scheel.